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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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in einen reichen und einen armen Teil zu spalten, aber sowohl der reiche wie der arme Teil der Alten Welt waren zum Untergang verurteilt. Jugoslawien war bloß der Anfang gewesen, dachte er und wischte sorgsam jedes kleinste Teil der Waffen mit den Tüchern ab, die er einige Tage zuvor gekauft hatte. Mit Emma könnte er einen Neuanfang wagen. Sie trugen beide ihre seelischen Wunden mit sich herum, aber Australien und Emma würden den Alptraum beenden, und die Blutwalze hätte keine Chance mehr. In Australien würde er alle Schrecken einkapseln können. In Australien würde er wieder fühlen können, dort würde er in seinem Innern nicht mehr dies leere Gefühl des Nichts haben.
     
    Während Vuk seine Waffen reinigte, parkte Per Toftlund sein Auto am Fadledpark hinter dem Reichshospital. Er hatte Igor angerufen und ein Treffen am Parkpavillon verabredet. Das runde Gebäude, das im Sommer die Bühne für Musik, Essen und Bier bot, war geschlossen und leer, und hinter den schlanken hellen Säulen war es dunkel. Auf dem Rasen davor spielten ein paar Halbwüchsige Fußball, und es waren noch ein paar Stühle und Tische stehengeblieben. Per setzte sich und schaute den Jungen zu. Eine Frau in Shorts, den Hund an der Leine, lief im Zuckeltrab ihre Runden, ein einsamer Radfahrer fuhr langsam vorbei, und ein Ehepaar flanierte Arm in Arm durch den Park. Auf einer Bank saß eine Mutter mit ihrem kleinen Kind. Normal. Ganz Dänemark wirkte normal, aber Per hatte das ungute Gefühl, daß sich ein Meuchelmörder in der Stadt befand. Die Bereitschaftspolizei hatte angefangen, sich im Milieu durchzufragen, und Per hatte sich mit den Kollegen von Ordnungs- und Kriminalpolizei getroffen. Er hatte sie über den bevorstehenden Besuch von Sara Santanda informiert. Der kritische Tag wäre die Pressekonferenz auf dem Flakfort.
    Aber obwohl die Politiker die Schriftstellerin dahin wünschten, wo der Pfeffer wächst, war zumindest die Polizeiführung professionell genug. Am Tag X würde er über ausreichend Leute verfügen. Sie würden die konspirative Wohnung bewachen, für Begleitschutz sorgen und im Fort helfen, das er zuvor zusammen mit Lise von oben bis unten durchkämmen würde. Alle nahmen es ernst, daß die Russen einen Mordauftrag gegen Santanda als gegeben ansahen und daß seine Ausführung honoriert werden würde. Aber sie hatten so verdammt wenig in der Hand. Ein blonder Nacken, ein Serbe – vielleicht. Kein Name, keine Nationalität, keine Personenbeschreibung. Aber vielleicht konnten die Russen helfen. Dazu wären sie jedenfalls gezwungen.
    Er sah Igor kommen. Er ging auf dem Parkweg und machte zunächst einen vorsichtigen Schritt auf den Rasen, um zu sehen, ob er naß war. Als er merkte, daß er trocken war, ging er zu Per hinüber. Er trug denselben dunklen Anzug und auch den blauen Mantel von neulich, aber er sah ein wenig verärgert aus. Er hatte die Verabredung nicht gewünscht und die Sache als abgeschlossen angesehen, aber Per hatte darauf bestanden.
    Per stand auf, und sie wechselten einen kurzen Händedruck. Per kam sofort zur Sache. Es würde keine so angenehme Begegnung wie beim letzten Mal werden, und er sah keinen Grund zu heucheln und nach Frau und Kindern und Wind und Wetter zu fragen. Wenn er seinen Trumpf ausspielte, sollte Igor wissen, daß er ihn von Anfang an in der Hand gehabt hatte. Wenigstens das war er dem Russen schuldig.
    Per sagte hart: »Ich möchte, daß du Krawtschow oder wie der Mann auf dem Foto sonst heißt, zu einer kleinen Unterredung bestellst. Und besser heute als morgen!«
    Kammarasow war ein guter Pokerspieler, dachte Per.
    Seine Augen wurden schmaler, aber sein Gesicht blieb unbeweglich.
    »Das ist unmöglich«, sagte er nur.
    »In Berlin. Damit er uns erzählen kann, mit wem er auf dem Bild redet. Und zwar schnell.«
    »Das ist unmöglich, Toftlund.«
    Per sah Kammarasow einen Moment lang an. Er blickte ihm fest in die Augen, während er aus der Innentasche seiner Windjacke ein Schwarz-Weiß-Foto holte. Er hielt es dem Russen entgegen, der seinen Blick auf das Bild fallen ließ. Per sah Kammarasow scharf an. Er ist wirklich ein Profi, dachte Per beeindruckt. Der Russe blinzelte nur ein paarmal, sonst reagierte er nicht. Per drehte das Bild um, um es selbst noch einmal anzusehen. Igor war darauf klar und deutlich mit einem Jungen zu erkennen, der nicht älter als vierzehn bis fünfzehn Jahre alt sein konnte. Per wußte, daß es an einem Herbstabend im Ørstedpark aufgenommen worden war.

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