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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Kammarasow handelte schnell, und die drei Gorillas, die schon für das Berliner Hauptquartier des früheren KGB gearbeitet hatten, griffen Krawtschow noch am selben Abend auf, als er wie gewöhnlich unter den Linden spazierenging, um sich die vielen neuen Restaurants und Geschäfte anzuschauen, die fast täglich aufmachten. Er war in Gedanken versunken, als ein grauer Mercedes am Bordstein hielt und gleichzeitig ein muskulöser Herr neben Krawtschow trat, ihm eine Pistole in die Rippen drückte und zischte: »Los, rein, Genosse! Oder ich puste dir die Eier weg!«
    So begannen seine Stunden in der Hölle.
    Sie schleppten ihn in einen Keller im Kreuzberger Türkenviertel, zogen ihm Jacke und Hemd aus, setzten ihn auf einen Stuhl mit hoher Lehne, wo sie seine Füße mit einer Stahlschlinge an die Stuhlbeine und seine Handgelenke mit schneidenden Handschellen ebenso schmerzhaft stramm auf den Rücken banden.
    Dann schlugen sie ihn mit sandgefüllten Socken, bis sein Gesicht anschwoll, und Arme, Rücken und Nieren so weißglühende Schmerzen in sein Hirn sandten, daß er nur noch das Bewußtsein verlieren und sterben wollte. Aber die Gorillas waren Profis und hörten auf, wenn sie merkten, daß er kurz davor war, ohnmächtig zu werden. Sie schlugen systematisch und präzise, und erst, als sie ihn richtig bearbeitet hatten, fingen sie an zu fragen. Die drei Männer in den Dreißigern waren muskulös und brutal. Wenn sie nicht von einem Staat angeheuert worden wären, hätten sie dieselbe Kraftarbeit für die Mafia oder andere Kriminelle ausgeführt. Es war ihnen im Grunde egal, wer sie bezahlte. Sie taten, womit man sie beauftragte, und ob es richtig oder falsch war, darüber dachten sie nie nach. Vielleicht würden sie nicht gerade behaupten, daß sie ihren Job liebten, obwohl es sie ganz offensichtlich befriedigte, anderen Menschen Schmerz zuzufügen. Es lag nicht in ihrer Natur, über das Leben nachzudenken oder nach Motiven für ihre Aufträge zu fragen. Sie waren nun mal nichts anderes als die Muskelpakete für besonnenere, denkende Hirne, die nicht immer daran interessiert waren zu wissen, woher sie ihre Auskünfte bezogen. Gewalt war ein nicht wegzudenkender Teil ihres Lebens, und sie wurden gebraucht, wenn Menschen bestraft oder hier und jetzt Informationen eingeholt werden sollten. Zwei von ihnen waren verheiratet, sie liebten ihre Kinder und respektierten ihre Frauen. Der dritte war ein geachtetes Mitglied des Ringerklubs in Wladimir gewesen. Wenn ihnen der ältere korpulente Mann, der da in seinem eigenen Blut, Erbrochenen, Urin und Kot vor ihnen saß, erzählt hatte, was sie wissen wollten, würden sie ihn auf einer von Berlins vielen Baustellen aus dem Auto schmeißen, wo er darauf hoffen konnte, daß ihn jemand fand und in ein Krankenhaus brachte. Man hatte ihnen zu verstehen gegeben, daß sie ihn nicht aus dem Weg räumen sollten. Offenbar gehörte er irgendwie mit zur Familie und würde unter keinen Umständen plaudern. Denn damit würde er sein eigenes Todesurteil unterschreiben, das wußte er.
    Wenn alles überstanden war, würden sie ein Bad nehmen, eine Handynummer in Dänemark anrufen und ihre Auskünfte weitergeben und dann ein paar Bier zusammen trinken, ehe sie nach Hause gingen.
    Der eine Schläger riß Krawtschows Kopf an den Haaren nach hinten, das blutverschmierte Gesicht mit den geplatzten Lippen und Augenbrauen und der gebrochenen Nase zeigte zur Decke. Ohne die Stimme zu heben sagte er: »Was ist das für ein Scheißkerl? Euer kleiner Heckenschütze. Den du im Tiergarten getroffen hast. Hm, wie heißt er?«
    Trotz seines Alters war Krawtschow ein harter Bursche, aber der Schläger merkte, daß er langsam weich wurde. Alle wurden irgendwann weich. Das war völlig sicher. Alle hatten ihre Grenze, und der hier war an seiner angelangt. Er zog ihn am Haar zurück, ließ los und schlug ihn zweimal ins Gesicht. Wie auf ein Stichwort ließen die beiden andern die sandgefüllten Socken auf Krawtschows Rücken und Arme sausen. Er röchelte und rollte den Kopf hin und her.
    »Wir haben jede Menge Zeit«, sagte der Schläger. »Aber du nicht. Bring’s hinter dich. Nun komm schon! Der Scheißkerl! Wer ist es?«
    Krawtschow hörte die russische Stimme in weiter Ferne. Ihm kam es vor, als ergäbe die bekannte Sprache keinen Sinn. Alles tat weh. Besonders in der Brust, als wenn sie sein Herz mit glühenden Zangen traktierten. Der linke Arm schmerzte, er war fast gelähmt. Er fühlte neue Schläge auf seinem

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