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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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dunkle Gräben zogen. Dann glättete sich die Haut wieder, stattdessen zogen sich seine Mundwinkel kaum merklich zur Seite.
    »Hört euch den Jungen an!«, rief er triumphierend, an niemanden im Besonderen gewandt. »Capite censi! Mit ihnen werden wir die Kimbern schlagen und alle Feinde Roms vernichten! Ich habe es euch gesagt!«
    Die Männer senkten ehrerbietig die Köpfe, ein paar murmelten laut ihre Zustimmung. Der Reiter nahm die Zügel seines Rappen wieder auf, dann gab er seinen zwölf Begleitern ein Zeichen. Ohne ein weiteres Wort stoben sie davon.
    Der Tribun räusperte sich. »Nun, gut. Ich schätze, das heißt …« Umständlich fingerte er an einer Papierrolle herum, während die anderen wieder ihre Ausrüstungsgegenstände und Waffen an sich nahmen, bis der Haufen schnell in sich zusammenschmolz. »Weißt du eigentlich, wer das war, Marcus Valerius?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. Der Tribun seufzte. »Das war Gaius Marius, Konsul und Oberbefehlshaber dieser Legionen. Bezwinger der Teutonen und baldiger Sieger über die Kimbern. Du darfst dich geehrt fühlen.« Er seufzte abermals. »Nun denn. – Flaccus!«
    Der Legionär, der seine Schutzwaffen und Sandalen auf den Haufen geworfen hatte, trat vor. Er war etwa sieben Jahre älter als Marcus und ein ganzes Stück größer. Sein rechtes Ohr fehlte, stattdessen ringelte sich dort eine vereinzelte Locke über rosigem Narbengewebe. Er zwinkerte Marcus zu.
    »Quintus Gabinius Flaccus, nachdem du ja offensichtlich deinen Spaß an der Vorstellung hattest, überlasse ich es dir, für unseren Neuankömmling zu sorgen. Und dir, Legionär« – der Tribun wandte sich ein letztes Mal an Marcus, der sich bemühte, nicht über das ganze Gesicht zu strahlen –, »rate ich, sofort mit dem Exerzieren anzufangen, sonst wirst du nicht einmal deinen ersten Monat überleben!« Der Blick des Älteren wanderte bedeutungsvoll nach Norden, wo nicht allzu weit entfernt, so hatte er gehört, die Kimbern damit begonnen hatten, die Sommerernte einzuholen – oder zu rauben, wie er missmutig dachte. Die Nordmänner prahlten immer noch mit ihren alten Siegen über die Römer, aber das würde sich schon bald ändern: Marius würde die ein oder andere Überraschung für diese Barbaren bereithalten …
    Der Tribun grunzte und griff wieder nach seinem Schreibgriffel. »Lass dir gesagt sein, Junge: Die Kimbern werden dich nicht verschonen, nur weil dein Gesicht noch so rund und bartlos ist wie ein Babyarsch!«

8 . Kapitel
    A ngezogen, als wäre es nicht heiß genug, um sogar Eidechsen in den Schatten zu treiben, lag Sumelis in ihrem Zelt und starrte die schräg einfallende Decke an. Sie hatte weder Hunger noch Durst, obwohl sie sich nicht einmal mehr erinnerte, wann sie das letzte Mal etwas zu sich genommen hatte. Ihr Rachen war rauh, ihre Augen schmerzten von Tränen, die sich dahinter stauten, und jenen, die sie bereits geweint hatte. Ein Stofffetzen, mit dem sie sich die Nase putzte, lag zusammengeknüllt in ihrer Linken. Das Tuch war feucht, und Sumelis hätte es angewidert beiseitegeschleudert, wäre es nicht das letzte gewesen, was noch übrig war.
    Sie verstand nicht, was geschehen war.
    Sie war so sicher gewesen! Gut, vielleicht hatte sie gewusst, dass Nando seine endgültige Entscheidung noch nicht gefällt hatte, dass er zerrissen gewesen war. Aber Wissen zerstob mit Hoffnung, denn Hoffnung war die größere Kraft. Hoffnung oder Dummheit.
    Dieses ganze Gerede über Boiorix! Hatte sie geglaubt, wenn sie Nando von Boiorix’ schlechten Seiten erzählte, würde es ihm leichter fallen, die Kimbern hinter sich zu lassen, seinen König, sein Leben? Nando kannte Boiorix besser als sie. Wie hatte sie glauben können, ihm etwas zu erzählen, was er noch nicht wusste? Nandos Meinung über seinen Herrscher beeinflussen zu können? Schließlich würde sich Nando niemals
gegen
seinen König entscheiden. Höchstens
für
sie.
    Götter, wie dünn hörte sich das an! Was sie zu haben geglaubt hatte, war in Wirklichkeit … nichts gewesen.
    Aber Nando empfand etwas für sie. Er hatte es nicht gesagt, doch es war in seinen Taten gewesen, in seinen Berührungen in dieser einen Nacht, bevor er sie zurückgebracht hatte. Wie konnte das alles plötzlich verschwunden sein?
    Sumelis hatte gekämpft. Auf ihre Art: mit Worten. Den ganzen endlosen Ritt zurück zum Lager der Kimbern, sogar noch im Eingang ihres Zelts, als er sie grob hineinstieß, hatte sie versucht, Nando daran zu erinnern, was

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