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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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gesehen, wie Ihr Eure Mutter vom Tode zurückgeholt habt. Nachher habe ich erlebt, wie die Druiden Euch beide fürchteten. Deshalb sandte ich Nando nach Euch aus. Ob Mutter oder Tochter, sagte ich ihm, sei egal. Ihr wäret die Mächtigsten.«
    »Dann hat Boiorix gewusst, dass ich Carans Enkelin bin? Talias Tochter?«
    »Das weiß ich nicht.« Der Krüppel schien verblüfft über die Frage. Offenbar hatte er eine andere Reaktion erwartet. »Als ich Boiorix meinen Vorschlag unterbreitet habe, sagte ich ihm, ich wüsste, wo sich die mächtigsten Zauberinnen der keltischen Stämme befänden. Ich hätte ihre Macht mit eigenen Augen gesehen. Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber ich glaube, die Details habe ich nur Nando erzählt. Boiorix will meistens nicht mit Nebensächlichkeiten belästigt werden, versteht Ihr? Er hört nicht gerne zu. Außerdem hatte bei den Druiden damals auch niemand wirklich geglaubt, Eure Mutter wäre tatsächlich Carans leibliche Tochter, Ihr seine Enkelin. Der Hohedruide, wir alle dachten, es sei ein Trick. Später, bei den Helvetiern, habe ich mich nach Euch umgehört, aber wann immer Carans Name fiel, äußerte sich niemand mehr über seine angebliche ältere Tochter und deren Kind. Nein, ich glaube, ich habe es Boiorix nicht erzählt. Was Nando seinem König berichtet hat, weiß ich freilich nicht.«
    Er hat ihm nichts erzählt.
Noch nicht.
    Carans Enkelin. Talias Kind. Würde Boiorix erschließen können, was das bedeuten mochte? Wenn Sumelis sich nicht täuschte, hatte Boiorix von Talias Liebesbeziehung mit Atharic damals, während Atharic als Söldner in Carans Haushalt gelebt hatte, gewusst. Achtzehn Jahre war das her, Sumelis war jetzt siebzehn. Was war, wenn Boiorix anfangen würde zu rechnen?
    Atharics Tochter. Götter, wenn ich Boiorix nicht schon genug Grund gegeben habe, mich zu töten, dann bekommt er ihn jetzt. Carans Name mag ihm egal sein, aber Vater wird er nicht vergessen haben.
    Sie könnte es leugnen – oder richtiger, die Wahrheit sagen: »Dago hat mich gezeugt, nicht Atharic.« Allein die Vorstellung jedoch, Boiorix – Atharics alter Feind – würde diese Wahrheit vor ihm selbst kennen, verursachte Sumelis Bauchschmerzen. Nein, sie wollte, sie konnte darüber jetzt nicht nachdenken.
    »Ich würde mich jetzt gerne wieder hinlegen.« Sumelis stellte das Holzbrett beiseite. Sie hatte den Braten kein zweites Mal angerührt. Im Zelt sank sie auf ihre Decke und drehte sich überrascht um, als sie ein Geräusch hinter sich hörte. Der Krüppel kauerte im Eingang, den Tee in den Händen. Mit zitternden Händen reichte er ihr den Becher, dessen klebriger Rand von untergerührtem Honig zeugte. Sumelis glaubte, einen leicht bitteren Geruch wahrzunehmen.
    »Ich hoffe, ich habe Euch nicht zu sehr aufgewühlt, Herrin.«
    Sumelis hatte Mitleid mit ihm. »Nein, ich bin nur sehr erschöpft. Ich danke Euch, dass Ihr mir das alles erzählt habt, und ich mache Euch auch keine Vorwürfe. Ihr habt getan, was Ihr für das Beste hieltet. Was Ihr tun musstet.«
    Sumelis setzte den Becher an die Lippen und trank einen Schluck. Wer auch immer den Tee bereitet hatte, hatte mit Honig nicht gegeizt. Sie glaubte, durch die Reste der zerdrückten Kräuter hinweg, die ihre Zunge kitzelten, etwas Metähnliches darin zu schmecken. Froh über die Süße, die der Trank auf ihrer Zunge entfaltete, befreite der Tee sie zumindest von dem schalen Geschmack in ihrem Mund. Der Krüppel hatte unterdessen, kaum dass sie den Becher in Empfang genommen hatte, hastig den Rückzug angetreten. Sumelis war es nur recht, sie wollte ihre Ruhe haben. Dennoch hielt sie ihn noch einmal zurück.
    »Wie heißt Ihr eigentlich richtig?«, fragte sie. »›Krüppel‹ ist doch bestimmt nicht der Name, der Euch nach Eurer Geburt gegeben worden ist?«
    Der Helvetier blieb stehen, den Rücken ihr zugewandt. Sein Kopf sank herab. Sumelis konnte hören, wie er scharf die Luft einsog. Während sie auf seine Antwort wartete, nippte sie erneut an ihrem Tee.
    »Viriotali«, murmelte er schließlich. »Meine Eltern nannten mich Viriotali.«
    »Viriotali.« Schläfrig wiederholte Sumelis das Wort. »Ein schöner Name.«
     
    »Was gibt es Neues von unseren Feinden, Nando?«
    »Nicht viel, Herr. Die Legionen verkriechen sich hinter ihren Verschanzungen und warten ab.«
    »Wie viele sind es jetzt?«
    »Wie gehabt: Wir schätzen sie auf über fünfzigtausend Mann, angeführt von ihren beiden Feldherren Marius und Catulus. Ich habe den

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