Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
Vom Netzwerk:
hier.«
    »Und du wirst mit uns in den Norden gehen?«
    »Ich werde mit dir in den Norden gehen. Morgen früh. Ich habe ein Pferd für dich besorgt.«
    »Es ist Abend?«
    »Ja.«
    »Wo sind Vater und Mutter?«
    Nando zuckte mit den Achseln.
    Sumelis rutschte auf der abgewetzten Decke ein Stück beiseite, um Platz für Nando zu schaffen. Nando streckte sich neben ihr aus, schob einen Arm unter ihrem Nacken hindurch und zog sie an sich, bis sie Gesicht an Gesicht lagen. Ihre Beine verschränkten sich, ebenso ihre Finger.
    »Geht es dir besser?«
    Anstelle einer Antwort küsste Sumelis ihn.
    Sie küssten sich, bis die ersten Sterne in den wie Wunden gähnenden Öffnungen des Dachs glitzerten. Nando berührte Sumelis so vorsichtig, als ob er Angst hätte, sie könnte unter seinen Liebkosungen zerbrechen. Sie ließen sich Zeit damit, sich gegenseitig auszuziehen, den Wölbungen, Senken, straffen und weichen Geheimnissen ihrer Körper zunächst mit den Händen, dann mit den Lippen zu folgen, ihr tiefes Atmen und das raschelnde Stroh die einzigen Geräusche. Erst als es keine Daumenbreite mehr gab, die noch nicht erkundet worden war, blieb Sumelis still unter Nando liegen. Nando stützte sich mit den Unterarmen neben ihrem Kopf ab, sein Gewicht lediglich eine glühende Ahnung auf ihrer Haut. Sumelis fuhr die Linie seines Rückens bis zum Becken hin ab, ein leichtes Gleiten der Nägel entlang seines Rückgrats. Sie erfreute sich am Keuchen, das ihre Berührung entfachte, und kicherte, als seine Zähne mit ihrem Ohrläppchen spielten. Kurz darauf nahm sie ihren Mut zusammen und bog ihm ihre Hüfte aufmunternd entgegen. Nandos Mund löste sich von ihrem, verharrte kurz, eine stumme Frage in dem Atem, der über ihre Lippen strich.
    »Ja«, flüsterte Sumelis.
    »Wolltest du nicht, dass es perfekt ist?«
    »Wir sind zusammen. Also ist es perfekt.«
    Nando liebte sie langsam und mit einer Zärtlichkeit, die alle Phantasien, die Sumelis je gehabt haben mochte, plump erscheinen ließ. Mitternacht war vorüber, bis sie endlich verschwitzt und ineinander verschlungen Seite an Seite lagen, an der Schwelle des Schlafs, ohne die Intensität des Wachseins aufgeben zu wollen. Es war jetzt, dass sich Nando stockend erkundigte: »Meine Seele: Ist sie nun so, wie sie sein sollte?«
    Sumelis, die seine Oberschenkel gestreichelt hatte, hielt inne. »Wieso fragst du mich das?«
    »Deine Mutter. Wir haben eben miteinander gesprochen. Sie hat gesehen, was – nicht da ist. Ich glaube, sie hält mich für ein Monster.«
    »Das tut sie bestimmt nicht!«
    »Egal. Für mich ist nur wichtig, wie du mich siehst. Also, siehst du jetzt etwas anderes als vorher?«
    Sumelis drehte sich auf den Rücken und starrte einige Herzschläge lang zur Decke empor, ohne jedoch ihre Hand von seinem Oberschenkel zu nehmen. Endlich murmelte sie: »Ich kann überhaupt nichts Klares sehen, aber das liegt nicht an dir, Nando. Der Trank, den Rascil mir gegeben hat, hat etwas mit meiner Gabe getan. Sie kehrt zurück, trotzdem habe ich noch keine wirkliche Kontrolle, und ich, ich wage noch nicht – nicht nachdem …«
    »Nach was?«
    Nando stützte sich auf einen Ellbogen. Sumelis rieb sich heftig über die Stirn, dann drehte sie sich zurück, bis sie ihr Gesicht an seiner Brust vergraben konnte. »Boiorix hat mich gezwungen, meine Gabe zu missbrauchen. Ich war verwirrt, der Trank –« Sie stockte. Sie bemerkte, wie sich Nandos Körper versteifte, wie Kraft plötzlich durch die Muskeln pulsierte, die sie gerade noch entspannt gehalten hatten, und fühlte sich endlich sicher genug, ihm alles zu erzählen.
    »Er hat mich gezwungen, Angst in einen Mann zu pressen. In seine Seele. Ich habe versucht, mich zu weigern, aber er sagte, er würde dich rufen und dich zwingen, ihn vor meinen Augen zu foltern. Das konnte ich nicht zulassen! Ich konnte mich aber auch nicht widersetzen. Es war schrecklich! Ich wollte nicht, dass es passierte, aber es geschah einfach. Dieser Mann, er hatte keine Möglichkeit, keinen Schutz. Er konnte sich doch nicht wehren!«
    Sumelis’ Worte gingen in Schluchzen unter. Nando zog sie fester an sich, und so weinte sie in seinen Armen der Unschuld nach, die Boiorix ihr genommen hatte. Wäre ihre Gabe so stark gewesen wie früher, hätte Sumelis gespürt, wie sich in Nando etwas änderte, während sie sprach, aufbaute, gewaltig wurde. Eine Lawine aus Hass und Wut, die aus der Tiefe an die Oberfläche stieg, um das hinwegzufegen, was sie gerufen

Weitere Kostenlose Bücher