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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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wirklich war. Ein Spiegel der Beherrschtheit des Vaters, die dem Sohn fremd war.
    »Du bist die Einzige, die Nando wirklich kennt, Sumelis«, forschte Atharic gepresst. »Sag uns: Glaubst du, Nando kann ermessen, was Boiorix dir angetan hat? Glaubst du, er würde dies als Grund nehmen, um zu den Kimbern zurückzukehren und Boiorix zu töten? Wir hörten, Boiorix sei wie ein Vater für ihn gewesen.«
    Sumelis schüttelte den Kopf. »Ich bin seine Familie«, war alles, was sie sagte.
    Talia fragte müde: »Was würdest du denn an seiner Stelle tun, Atharic?«
    »Es als meine erste Pflicht ansehen, euch beide in Sicherheit zu bringen, verdammt!«
    »Hättest du das früher denn genauso gesehen? Außerdem bist du ja da. Nando hat die Verantwortung für uns dir überlassen. Und sich selbst die Pflicht auferlegt, jene zu rächen, die er liebt.« Talia lauschte ihrem letzten Satz nach. Es klang beinahe einleuchtend, fast schon vernünftig. Voller Abscheu gab sie der Schale, aus der sie gerade noch gegessen hatte, einen inbrünstigen Tritt. Es schepperte dumpf, als das Gefäß über die Erde flog und gegen die Mauer prallte. »Verdammter Narr!« Talia suchte nach einem angemesseneren Schimpfwort. »Mann!«
    »Du musst ihm nachgehen!«, flehte Sumelis Atharic an. »Boiorix wird ihn töten!«
    »Er wird nicht einmal zu ihm gelangen. Habt ihr schon vergessen? Heute ist der Tag der verabredeten Schlacht. Der Junge rennt direkt auf ein Schlachtfeld!«
    »Dann hol ihn da raus!« Sumelis presste ihre Hände gegen seine Brust, als ob sie ihn schieben wollte. »Du kannst ihn noch einholen! Du musst ihn aufhalten!« Verzweifelt wandte sie sich an ihre Mutter. »Sag doch etwas!«
    »Ich brauche nichts zu sagen.« Mit der schwerfälligen Bewegung einer alten Frau deutete Talia hinter Sumelis. »Und du auch nicht.«
    Sumelis wirbelte herum, zurück zu Atharic. Dort, wo dieser gerade noch gestanden hatte, waberte nur noch leere Luft. Wenig später hörten sie das Donnern von Hufen. Sumelis rannte um die Gebäudeecke, aber das Einzige, was sie noch einfing, war die Staubwolke, die Atharic verschluckte.
    Talia lauschte wie ihre Tochter dem Klang der Hufe hinterher, bis nur noch der Nachhall in ihrem Inneren dröhnte. Einige Herzschläge lang war sie zu betäubt, um irgendetwas zu empfinden.
    Wir sind doch schon in Sicherheit gewesen!
    Wirbel knackten in Talias Rücken, sowie sie sich mit ausgebreiteten Armen auf der harten Erde ausstreckte, ein dem grausam strahlenden Himmel dargebotenes Opfer. Es geschah selten, dass sie die Götter um etwas bat, denn soweit sie wusste, machten die meisten Götter keine selbstlosen oder gar barmherzigen Geschenke. Trotzdem flehte sie diesmal alle an, keltische wie nordische: von Epona und Cernunnos über die dreigestaltige Göttin hin zu Donar und Wodan. Von der Muttergöttin hin zu jenen Gottheiten, die in den Wäldern und Flüssen ihrer Heimat hausten, verehrt von einem einzigen kleinen Stamm oder vielen. Von denen, die Schutz für Heim und Familie versprachen, Glück und Liebe, zu jenen, die das Heil eines Kriegers in der Schlacht bestimmten. Erst als ihr keine Gottheit mehr einfiel, kein Gebet, kein Handel, den sie der göttlichen Gier hätte anbieten können, stellte sie fest, dass Sumelis weiterhin verschwunden blieb.
    Talia schoss hoch. Schwindel engte ihr Gesichtsfeld ein, während sie hastig Sand und Erde über die Glut der Feuerstelle verteilte. Die Schüsseln ließ sie wie ihren Getreidebeutel achtlos liegen. Das Stechen in ihrem noch immer nicht gänzlich verheilten Knöchel ignorierend, hastete sie auf den Platz vor dem Hauptgebäude und kam dort schlitternd zum Stehen, da sie beinahe in ihr fertig aufgezäumtes Pferd hineingerannt wäre.
    Sumelis warf ihr die Zügel zu. »Atharic wird Nando womöglich gar nicht finden«, sagte sie, scheinbar ruhig. »Aber ich kann ihn finden. Ich spüre, wenn ich ihm nahe bin.«
    Talia fing die Zügel auf und schlang sie sich um die Finger. »Deine Gabe ist noch immer beeinträchtigt«, gab sie zu bedenken.
    »Das gibt sich. Sie wird da sein, wenn ich sie brauche.«
    Sie wussten beide, dass sie log. Talia schaute nach Süden.
    »Ich sehe aus wie eine ihrer Priesterinnen.« Sumelis deutete an sich herab, an dem hellen Leinen und dem von Metallringen zusammengehaltenen Gürtel, der das Gewand an der Taille raffte. »Die Kimbern werden uns nicht aufhalten.«
    »Siehst du auch aus wie ein römischer Legionär?«
    »Du weißt, dass ich gehen werde. Mit dir oder

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