Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
Vom Netzwerk:
einer aschfahlen Talia zurück.
    Nando konnte nicht anders: Es bereitete ihm Genugtuung, zuzuschauen, wie Atharic mit gebeugten Schultern davonging, wie Talia die Hände vors Gesicht schlug und den Kopf in den Nacken warf, lautlos, im stummen Wehklagen. Sollten sie leiden! Sie wussten nicht, was es hieß, im Glauben zu sein, den einzigen Menschen, den man liebte, nicht lieben zu dürfen.
    Nando drehte sich um und machte Anstalten, zum Stall hinüberzueilen, als Talias Ruf ihn aufhielt. »Warte, Nando!« Sie stolperte hinter ihm her und legte eine Hand auf seinen Unterarm. Nando hielt inne.
    Talias Finger ruhten kühl auf seinem Handgelenk. Dann, unvermittelt, krallten sich ihre Nägel in sein Fleisch. Ihre heftige Reaktion – überraschtes Keuchen, Pupillen, die sich entsetzt weiteten und das Goldbraun der Iris an den äußersten Rand verdrängten – traf Nando vollkommen unvorbereitet.
    »Was ist das?«, stieß Talia fassungslos hervor. Ihre zweite Hand schoss vor und legte sich über die erste. »Was ist das? Da ist … nichts!« Sie griff fester zu. »Deine Seele? Worunter ist sie begraben?« Und dann, voller Abscheu: »Was hast du getan?«
    Nando riss sich los. »Kümmere dich um dich selbst!«, zischte er. Talias Entsetzen hatte einen kalten Schauer über seinen Rücken gejagt, als ob sie einen Fluch über ihn ausgesprochen hätte. »Das geht dich nichts an!«
    Talia kämpfte um ihre Fassung, dennoch trat sie ihm abermals in den Weg, diesmal allerdings sorgsam darauf bedacht, ihn nicht zu berühren. »Weiß Sumelis davon?« Sie unterbrach sich. »Natürlich. Wa…«
    »Geh mir aus dem Weg!«
    »Nein. Erst wirst du mir ein paar Fragen beantworten! Ich will wissen, wieso ich deine Seele nicht sehen kann? Wo ist ihr Leuchten, ihre Farben? Was bist du für ein Mensch? Antworte mir!«
    »Wozu?«
    »Weil ich wissen muss, ob du eine Gefahr für uns bist!«
    Einen Moment lang war Nando sprachlos. »Wieso stellst du diese Frage nicht deiner Tochter?«, drängte er sich an ihr vorbei. Befriedigt bemerkte er, wie sie vor seiner Berührung zurückwich.
    »Ich warne dich!«, rief sie. »Wenn du Sumelis weh tust, wirst du dafür büßen!«
    »Ach ja? Wenn ich das wollte, wenn ich ihr weh tun wollte: Wer sollte mich denn daran hindern können?«
    »Atharic«, gab Talia zurück. Ihre plötzliche Selbstsicherheit hatte etwas Befremdliches, Nando konnte sie nicht nachvollziehen. »Atharic würde niemals zulassen, dass jemand Sumelis etwas antut. Egal, wer!«
    »Atharic?«, höhnte Nando. »Mein Vater, den es schon in die Flucht treibt, davon zu hören, dass Sumelis nicht seine leibliche Tochter ist? Ich war gerade dabei! Ich habe gesehen, wie er reagiert hat. Ich bin mehr Atharics Kind, als Sumelis es jemals war!«
    Seine Stimme hallte zu laut über den freien Platz zwischen Obstgarten und Gebäuderesten, ein hässlicher Klang zwischen den Ruinen. In der folgenden Stille trat Talia langsam einen Schritt zurück.
    »Mach dir keine falschen Vorstellungen von deinem Vater, Nando!«, warnte sie leise. »Du kennst das Herz dieses Mannes nicht. Du kennst seine Seele nicht. Du hast ja nicht einmal selbst eine Seele!«
    Talias Anklage traf mit der Sicherheit eines brennenden Pfeils in der Dunkelheit. Aber sie wartete ihre Wirkung gar nicht mehr ab. Talia gab Nando den Weg zum Stall frei. Ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen, folgte sie dem Weg, den Atharic zuvor genommen hatte. Erschüttert starrte Nando ihr nach. Erst als Talia zwischen den Obstbäumen verschwand, zu weit entfernt, um ihn noch zu hören, erwachte er aus seiner Erstarrung und flüsterte: »Ich würde Sumelis niemals etwas antun!«
    Doch die staubige Luft verschluckte seine Worte ungehört.
     
    Sumelis begann bereits zu lächeln, ehe sie völlig wach war. Sie drehte den Kopf und schmiegte ihre Wange in Nandos Hand, während er ihr noch eine Haarsträhne aus der Stirn strich. Ihre Augenlider flatterten. Selbst ihre Zunge wollte noch nicht so ganz gehorchen, als sie fragte: »Wie lange bist du schon hier?«
    »Eine Weile. Ich wollte dich nicht wecken.«
    Sumelis öffnete die Augen. Im letzten Licht des Abends, das durch das beschädigte Dach in den Stall fiel, erwiderte Nando ihr Lächeln.
    »Wie geht es dir?«, fragte er besorgt.
    Sumelis’ Fingerspitzen strichen über Nandos Kinn. Ihr Lächeln breitete sich unterdessen aus, erreichte ihre Augen, in deren Rändern es verdächtig glitzerte. »Ich war mir nicht sicher, ob du zurückkehren würdest.«
    »Ich bin

Weitere Kostenlose Bücher