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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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Seite in ihn prallte, dann Brüllen, das Gesicht eines Kimbern, zu einer schrecklichen Grimasse verzerrt, die Farbe seiner Kriegsbemalung vom Schweiß in rinnende bunte Bäche verwandelt. Ein Tritt gegen seinen Kopf, der ihm den Helm vom Kopf riss, Flaccus, der zu Boden ging, aufschlug wie ein Stein und noch mehr Staub in der Luft. Hufe, überall um ihn herum, dann ein triumphierender Schrei: »Wir haben sie!«, und die sich entfernenden Schritte seiner Einheit, für die dieser letzte tollkühne Angriff weniger todgeweihter Kimbern nicht mehr als ein Mückenstich war.
     
    Nando näherte sich den Heeren zum selben Zeitpunkt, als die kimbrische Reiterei ihren Angriff begann und sich das Fußvolk in die entgegengesetzte Richtung bewegte, um die Römer zwischen sich und den eigenen Berittenen einzuklemmen. Nando hatte das verschanzte Lager der Kimbern umrunden müssen, um hierherzugelangen, vorbei an den mit angespitzten Pfählen errichteten Befestigungen, hinter denen wenige Krieger das Vieh bewachten, was in den Wagenburgen keinen Platz mehr fand. Frauen, Alte und Kinder standen vor und zwischen den Wägen, den Blick nach Süden gewandt, wo sich außer Sichtweite ihr Schicksal entschied. Viele Frauen waren schwarz gekleidet, hielten Lanzen in den Händen und hatten sich die Gesichter mit blauer und weißer Farbe bemalt, ähnlich den sagenhaften Schildjungfern und Totengeistern in Wodans Gefolge.
    Auf der Suche nach Boiorix schweifte Nandos Blick über die Ebene mit ihrem großteils niedrigen und spärlichen Bewuchs. Er beobachtete das Manöver der Reiterei und dachte dabei nüchtern, dort wäre sein Platz gewesen, an diesem Tag, als Befehlshaber der berittenen Truppen. Er fühlte kein Bedauern, trotzdem verfolgte er mit Genugtuung, wie die Römer auf die List der Kimbern hereinfielen, sich von den scheinbar Fliehenden dazu verlocken ließen, ihren Flügel aufzubrechen. Ein Brüllen erhob sich, sobald die Fußkämpfer vorwärtsstürmten, woraufhin Nando jetzt, da sein Blick nicht mehr von einer dünnen Reihe Bäume in einer Senke zwischen sich und der nordischen Hauptmacht verstellt wurde, nun auch eine reich gerüstete Gruppe Reiter erspähte: Boiorix und die Mehrheit seiner Fürsten, dazwischen das leuchtende Gewand einer Priesterin. Die Reiter waren zu weit entfernt und wogten zu dicht aufeinander, dennoch meinte Nando einen Herzschlag lang, einen Wolfsschädel zu erblicken, der sich über den Köpfen der anderen abhob, das höhnische Zähneblecken nicht den Feinden zugewandt, sondern ihm. Nando umklammerte seine Lanze fester bei der Erinnerung an Sumelis’ zitternden Körper in seinen Armen, während sie ihm erzählte, wozu Boiorix sie gezwungen hatte. Sie, deren Seele rein gewesen war: Schicksalsgöttin, keltische Fee, Lichtbringerin – Boiorix hatte versucht, Sumelis’ Seele in Schmutz zu tränken.
    Nando jagte seinem Pferd die Hacken in den Bauch und preschte auf die Gruppe um Boiorix zu, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass dieser ihn vermutlich sofort töten lassen würde. Nando hatte den Mann erschlagen, der ihn im Auge behalten sollte. Das, zusammen mit der ermordeten Wache vor Sumelis’ Zelt und deren Verschwinden, musste Boiorix eine Geschichte erzählt haben, der es nichts hinzuzufügen gab: Nando war ein Verräter. Dabei war es Nando sonst selbst gewesen, der als königlicher Schatten Boiorix’ Strafe an solchen Männern vollstreckt hatte – ohne Zögern, meist sogar ohne Bedauern.
    Auf halbem Weg, an einer Stelle, wo eine ehemalige Flusskehre einen von Gräsern bewachsenen Schwemmfächer hinterlassen hatte, trat Nandos Pferd in ein Loch, brach ein und überschlug sich. Nando wurde nach vorne geschleudert. Er zog den Kopf ein, und es gelang ihm, sich über die Schulter abzurollen. Sein Schwung katapultierte ihn über den sandigen Boden hinweg in einen Busch, dessen biegsame Äste seinen Fall bremsten. Nandos Pferd blieb leblos liegen, er selbst jedoch bis auf Kratzer und Striemen unverletzt. Vor ihm erhob sich eine Dunstwolke in dem Himmel, engte die Weite der Ebene ein, bis er hätte glauben können, allein auf der Ebene zu stehen, wären da nicht die dumpfen Töne der Kriegshörner und das ferne Tosen zweier aufeinanderprallender Heere gewesen. Boiorix hatte der Staub ebenfalls verschluckt.
    Nandos Wurfspeer war bei dem Unfall zerbrochen. Trotzdem hatte der Sturz ein Gutes: Er brachte Nando wieder zur Besinnung. Anstatt blind vor Wut weiterzurennen, bewegte er sich nun sparsamer und

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