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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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überlegter. Bald holte er die Fußkämpfer ein, die ihre Viereckformation aufgaben und sich jetzt ungeordneter, dafür umso heftiger auf den Feind stürzten, der in seinen Stellungen allerdings keinen Fingerbreit nachgab. Inmitten der tobenden Schlacht, die sich langsam zu den Seiten verlagerte und damit die Kimbern immer weiter auseinanderriss, hielt Nando Abstand zu den Frontlinien. Stattdessen lief er im Rücken der Kämpfenden vorbei, auf der Suche nach einem Hinweis, wo er in all dem Chaos Boiorix finden würde.
    Als die Sonne am höchsten stand, führte ihn seine Suche so dicht an die Front, dass er in einen Haufen Kimbern auf dem Rückzug geriet. Ein Mann, ein Jüngling noch, wich nicht wie alle anderen kämpfend zurück, sondern rannte panisch davon. Bei Nandos jähem Auftauchen blieb er wie angewurzelt stehen. Ein verletzter Arm baumelte nutzlos an seiner Seite vor und zurück, die Bewegung noch verstärkt von einem hektischen Wanken, das in den Waden begann und sich bis zu den geflochtenen Haarspitzen fortsetzte. Der ganze Leib schien gefangen zwischen den Knien, die ihn vorwärtsdrängten, fort vom Kampf, in Sicherheit, und der Angst vor Nando. Wie alle Krieger wusste er, Männer, die feige flohen, verdienten den Tod, und das Auftauchen von des Königs engstem Vertrauten als Zeuge seiner Ehrenlosigkeit konnte nur eine einzige Konsequenz nach sich ziehen.
    »Herr!«, war alles, was der Junge herausbrachte, aber irgendwie schaffte er es, das Flehen aus seiner Stimme herauszuhalten und wie ein Erwachsener zu klingen, bereit, seinen Göttern gegenüberzutreten und den Preis für seine Schande zu bezahlen.
    Nando hingegen interessierte sich nicht für seine Ängste: »Hast du Boiorix gesehen?«, brüllte er über den Lärm hinweg, riss dem Jungen seinen Schild aus der Hand und deckte sie beide vor einem erneuten Regen aus Wurfspeeren.
    »Nicht hier, Herr!«, antwortete ein anderer, der sich dicht neben ihnen ebenfalls hinter seinen Schild duckte. Nando erkannte ihn wieder: Er war das Oberhaupt einer weitverzweigten Sippe und Anführer jener hundert Männer, die hier unter dem Banner eines Dachskopfes kämpften. Waren die Kimbern am Anfang der Schlacht noch als eine einheitliche Armee erschienen, zerbrachen sie jetzt wieder in ihre Krieger- und Stammesverbände, einzelne Gefolgschaften, welche im Vergleich zu den römischen Legionen keine straffe Organisation kannten.
    Der Mann deutete, mit der Hand fuchtelnd, nach links. »Dorthin habe ich Boiorix zuletzt reiten sehen«, sagte er, bevor er einen markerschütternden Kriegsschrei ausstieß und sich nach vorne warf, den Römern entgegen. Seine Männer folgten. Nando eilte indessen in die angegebene Richtung davon; den Schild des Jungen nahm er mit. Als sich wenig später Raben in trägen Spiralen auf das Feld hinabsenkten, wo römische Soldaten über die Leichen der hundert Dachskrieger hinwegtrampelten und ihr Feldzeichen in den Staub traten, war Nando schon längst außer Sichtweite. Daher war der Legionär, der seinen Speer aus der Brust des zuletzt gefallenen Kriegsführers riss, der einzige Zeuge, der in dessen leblos starrenden Augen nichts als grenzenlose Müdigkeit las.
    Am Ende fand Nando Boiorix am östlichen Flügel. Der König führte gerade einen kombinierten Angriff von Reiterei und Fußvolk an, er selbst in vorderster Front, und wie immer gelang es ihm, sein Feuer auf die Männer zu übertragen. In Keilformation krachten sie in die leere Mitte zwischen zwei Kohorten, drangen tief vor und schufen Platz für die nachströmenden Krieger. Die Römer wichen aus, so dass sich Boiorix samt seinem Gefolge mühelos aus dem Gefecht lösen konnte. Sein Gefolge teilte sich daraufhin: Die eine Hälfte blieb an diesem Kampfplatz, der Rest, Boiorix und Rascil darunter, wendeten ihre Pferde, um sich anderswo um den Verlauf der Schlacht zu kümmern. Im gezügelten Galopp ritten sie nach Norden, an den Fußkämpfern vorbei und auf ein bis dahin noch vom Blutvergießen unberührtes Feld, wo Nando alleine stand und seinen König erwartete.
    Atharic erreichte das Schlachtfeld zur Mittagszeit. Es war so heiß und die Luft so staubig, dass ihm der Schweiß in dreckigen Bächen hinablief und seinem Hemd die Farbe feuchten Sandes verlieh. Seinem Pferd erging es nicht viel besser, darüber hinaus tat der Klang der Kriegstrompeten und Hörner das Seine dazu, dass die Flanken des Tiers vor Anspannung bebten.
    Atharic wäre um ein Haar gescheitert, noch bevor er das

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