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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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Antwort, sondern griff, kaum zu Ende gesprochen, eigenhändig nach den Zügeln von Boiorix’ Pferd. »Macht Platz!«, herrschte sie die Gefolgsleute an, die hastig vor ihr zurückwichen. Boiorix winkte sie noch weiter fort, bis sich Nando und er allein in der Mitte eines großzügigen Halbkreises gegenüberstanden.
    »Du verzeihst mir, wenn ich mir nicht die Zeit nehme, das hier zu genießen, Nando«, höhnte Boiorix. »Dabei verdienst du doch einen langsamen Tod.«
    »Was ich verdiene, ist nicht hier.«
    »Ich bin dein König. Ich habe dich erschaffen.« Boiorix wiegte den Kopf hin und her. »Aber ich hätte es besser wissen sollen, nicht wahr? Gute Schalen werden nicht aus schlechtem Ton gemacht. Dein Blut stinkt, Nando! Sollen die Fliegen darin baden!«
    Boiorix war nicht König geworden, weil ihm diese Würde angetragen worden war. Er hatte sie sich erkämpft, in Intrigen, Auseinandersetzungen mit anderen Fürsten, Siegen über verfeindete Völker, die ihn stärkten und seine Konkurrenten im Rat der Kriegsführer und Herren schwächten, doch genauso in unzähligen Zweikämpfen, von denen er jeden einzelnen in ein Gottesurteil verwandelt hatte. Niemals war er aus einem dieser Kämpfe als Verlierer hervorgegangen. Seine Geschmeidigkeit schien seinem gewaltigen Körperbau Hohn zu sprechen, ebenso die Tücke seiner Finten jener ungeschlachten Rohheit, die manche in ihm vermuteten. Aber Nando kannte seinen König, schließlich hatte ihn Boiorix selbst im Kampf unterrichtet. Er kannte ihn gut. Genau wie dieser ihn.
    Boiorix’ erster Hieb hätte ausgereicht, um einem Mann den Schildarm zu betäuben. Nando drehte sich weg, ließ die Klinge abgleiten, anstatt die Erschütterung mit voller Wucht in sich aufzunehmen. Gleichzeitig vollführte sein eigenes Schwert einen Bogen nach unten, gegen die ungeschützten Kniekehlen des ansonsten prachtvoll gerüsteten Königs. Boiorix wich aus, nichtsdestotrotz schlitzte die Schneide die Haut seines Oberschenkels. Danach umkreisten sie sich eine Zeitlang lauernd. Die Gefolgsleute des Königs waren von dem Zweikampf so gebannt, dass sie beinahe die Schlacht in ihrem Rücken vergaßen. Rascil war abgestiegen und wiegte sich zu einem Gesang, den nur sie allein hörte. Jedes Mal, wenn Schwert auf Schwert oder Schwert auf Schild traf, durchzuckte ein Beben ihren Leib, als ob ein unsichtbarer Liebhaber sie an den geheimsten Stellen berühren würde. Die Männer hielten gebührend Abstand zu ihr. Einmal drehte sich der Jüngste in Boiorix’ Leibgarde um und bemerkte mit Entsetzen, dass die Front schon fast in Pfeilschussweite war. Die letzte Linie der kimbrischen Truppen berührte bereits die Ackerkrumen des abgebrannten Felds.
    »Herr, unsere Krieger brauchen Eure Führung!«, schrie er seinem König zu. Dieser verharrte kurz, blockte beiläufig einen von Nandos Hieben, während er leise, ohne das geringste Keuchen in der Stimme, sagte: »Jetzt ist es genug, Junge!«
    Kurz darauf prallten die Schwerter aufeinander, dass sich Funken unter die Sonnenstrahlen mischten. Boiorix nutzte seine überlegene Größe und sein Gewicht, um Nandos Klinge nach unten zu drücken, gleichzeitig trat er nach ihm. Nando taumelte zurück. Er brachte seinen Schild hoch, doch zu langsam: Boiorix’ Hieb traf ihn mit voller Wucht und prellte ihm die Schutzwaffe aus der plötzlich gefühllosen Linken. Er fing sich gerade noch, um sich zu ducken, bevor die Kante von Boiorix’ Schild nach seiner Schläfe schlug. Mit einem ekelhaften Kreischen kratzte Nandos Schwert über die Beinschienen des Königs. Nando sprang zurück, riss den Arm hoch, um einem Hieb von oben zu begegnen, doch da war nichts. Anstelle eines Hiebs schoss Boiorix’ Schwertende auf ihn zu, in einem Bogen von der Seite, welcher dem Stoß kaum die ungebärdige Kraft dahinter nehmen mochte. Die nur leicht abgestumpfte Spitze stieß zwischen Hüfte und Achsel durch Haut und Fleisch, immer tiefer, zerfetzte Adern, schrammte an Rippen vorbei. Plötzlich sah Nando sich selbst und seinen König mit den Augen eines Raben am Himmel: nahe beieinanderstehen, wie früher, in hämischer Vertrautheit. Er sah eine einzige Gestalt auf einem Schlachtfeld, auf dem mit jedem Herzschlag ein Nordmann starb, niedergemäht von römischen Waffen, doch keiner außer ihm von einem König.
    Nando fiel. Trockene Erdklumpen spritzten rechts und links, vermischten sich mit einem gequälten Schrei aus einer altvertrauten Kehle. Hufgetrappel näherte sich, der rasende Takt

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