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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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Schritte entfernt zum Abtropfen an einem Ast. Wider Willen war er beeindruckt.
    »Du hättest zu dem Dorf auf der anderen Seite des Waldes gehen können, anstatt hier zu bleiben, Unterstände zu bauen, dich um unsere Vorräte zu sorgen und zuzusehen, wie ich mich erhole.« Das Sprechen strengte Nando mehr an, als er vermutet hatte, und er spürte, wie die Erschöpfung seine Sinne betäubte. Aber er hatte das Gefühl, dass er versuchen musste zu verstehen, und sei es nur, um zu wissen, ob er wieder aufwachen würde, wenn er jetzt einschlief. »Dann wärst du zumindest nicht allein mit mir.«
    »Und was hätte ich ihnen sagen sollen, wenn sie den Mann finden, den du im Winter getötet hast? Er war einer von ihnen. Wie hätte ich das erklären sollen?«
    »Du hättest ihnen die Wahrheit sagen können.«
    »Dann hätten sie dich getötet.«
    Der Satz war das Letzte, was er hörte, bevor er hinüber in einen heilsamen Schlaf glitt. Er kämpfte noch gegen die Dunkelheit und die lauernden Träume an, weil er meinte, das war nicht ihr letztes Wort, es musste eine weitere Erklärung folgen. Aber sie sagte nichts mehr, sondern wandte sich ab, um abermals über den Bach hinweg zum Wald zu schauen, wo Nando sie beinahe geschlagen und der Tollgeist beinahe ihre Kehle zerfetzt hätte.
    Beinahe.
     
    Ein weiterer Traum, eine weitere Erinnerung:
    Der römische Legat war mutig, das musste Nando ihm lassen. Er hielt sich gerade, voller Stolz, obwohl sie ihm seinen mit Rosshaar verzierten Helm abgenommen hatten, seinen Panzer, seine versilberten Beinschienen, seine Waffen und ihn in Fesseln vor sich hertrieben wie ein Stück Vieh. Auch seine Männer hatten tapfer gekämpft, aber gegen die Übermacht der kimbrischen Vorhut hatte die von der Hauptarmee getrennte Truppe keine Chance gehabt. Sie waren überwältigt worden, und ihr Anführer, Marcus Aurelius Scaurus, war gefangen genommen worden.
    Boiorix hatte befohlen, den Legaten zu ihm zu bringen. Jetzt stand er vor dem Kimbernkönig, den Kopf in den Nacken geworfen und das gebräunte Gesicht mit den klaren Zügen der Sonne zugewandt. Wenn er Angst hatte, so zeigte er es nicht. Wie eine der steinernen Säulen, die sein Volk so sehr liebte, ließ er den Hohn, mit dem der Kimbernkönig ihn überschüttete, von sich abprallen, obwohl ein Dolmetscher dafür sorgte, dass er jede noch so kleine Beleidigung tatsächlich verstand.
    Nando verlagerte unruhig sein Gewicht. Natürlich war es sinnvoll, den gefangenen Feind vor den versammelten Männern zu verhöhnen. Auf die Krieger wartete eine große Schlacht mit den Römern an den Ufern des Rhodanus’, daher verstand er die Notwendigkeit, ihnen Mut zu machen und ihren Kampfgeist zu wecken, nur zu gut. Die kimbrischen Krieger sollten die Römer für schwach halten, für Schafe, die unter dem eigenen Ansturm hinweggefegt werden würden, die verdiente Beute eines starken Rudels Wölfe. Nando störte nur, dass ihr Mut an diesem Legaten geschliffen werden sollte, denn Scaurus hatte Verachtung nicht verdient: Er hatte Unerschrockenheit im Angesicht vollkommener Niederlage gezeigt. Er hätte im Kampf durch Nandos Schwert sterben sollen, wenn nicht Boiorix’ Befehl Nando daran gehindert hätte.
    »Nun, Römer, was kannst du uns über eure ach so gerühmte Stadt erzählen?« Boiorix war mit seinem Hohn am Ende angelangt, sein Lohn das selbstgefällige Feixen auf den Gesichtern der umstehenden Männer. Sie spuckten aus, dem Römer auf die Füße. Boiorix’ Ansprache hatte offensichtlich ihren Zweck erfüllt.
    »Möchtest du uns nicht berichten, was uns in Rom erwartet, wenn wir die Mauern erst durchbrochen haben? Wenn Italien erobert zu unseren Füßen liegt und eure Weiber uns willkommen heißen? Erzähl uns doch von euren Palästen, Schätzen, euren Tempeln, Bädern und Jungfrauen! Gib meinen Männern etwas, worauf sie sich freuen können, jenseits des Vergnügens, unsere Schwerter in eure Gedärme zu bohren!«
    Scaurus wartete, bis der Dolmetscher Boiorix’ Forderung übersetzt hatte. Zum ersten Mal sah er dem Kimbernkönig direkt ins Gesicht. Entgegen jeglicher Vernunft richtete er sich noch ein wenig höher auf, dann hallte seine Stimme über das fruchtbare Gras der Ebene, so als befähle er eine Armee und wäre kein Gefangener, dessen Ehre Boiorix zu beschmutzen beabsichtigte.
    »Ich kann euch gerne berichten, was euch in Italien erwartet, Nordmänner, denn ihr werdet nicht weit kommen! Lasst es euch eine Warnung sein: Wie groß auch immer euer

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