Der Fluch der Druidin
Kopfsenken zur Kenntnis.
»Es tut mir leid, dass eure Hochzeitstage überschattet wurden«, sagte sie. »Ihr hattet es euch bestimmt anders vorgestellt.«
»Wir hatten überlegt, die restlichen Feierlichkeiten abzusagen«, bestätigte Samis, »aber das wäre aufgefallen. Dann hätten alle gefragt, wieso, wer dieses fremde Mädchen in Wirklichkeit ist, warum sie uns so wichtig ist. Und jemand anderem so wichtig, dass er sie entführt.«
»Ihr habt richtig gehandelt.«
»Wenn die Situation anders gewesen wäre, hätte ich alles abgesagt! Ich möchte, dass du weißt, wie viel es mir bedeutet hat, Sumelis an diesem Tag an meiner Seite zu haben! Wir sind den Winter über beste Freundinnen geworden und …«
»Ist schon gut.« Talia legte eine Hand auf den Arm ihrer Halbschwester. »Ich verstehe.«
»Nein, du verstehst nicht! An dem Morgen haben wir noch gesprochen, wir haben gescherzt und uns auf den Abend gefreut. Danach waren Litus und ich unterwegs, um das Feuer der letzten Nacht von Hof zu Hof zu bringen, damit die Leute mit ihm ihr Herdfeuer entzünden konnten, und mit ihnen das Fleisch des Opferhirsches zu teilen. Sumelis und Vater – sie wollten ein wenig ihre Ruhe von dem ganzen Trubel. Sie sind zur Stadtmauer gegangen. Vater hatte noch eine Verabredung. Und dann, am Abend, kehrte Sumelis nicht zurück. Einfach so. Niemand …«
»Lasst uns setzen, dann erzählen wir von vorne.« Es war Litus, der seine Frau unterbrach und sie sanft dazu nötigte, Platz zu nehmen. »Caran hat etwas herausgefunden, was Talia und Atharic noch nicht wissen. Vielleicht sollten wir damit beginnen.«
»Zunächst habe ich überhaupt nichts erfahren können«, begann Caran wenig später, »nur, wo Sumelis das letzte Mal gesehen wurde: Sie hatte Schutz unter einem überdachten Brunnen gesucht. Ein Sklave des Mannes, zu dessen Gehöft der Brunnen gehört, hat gesehen, wie sie dort saß. Wir konnten die Abdrücke ihrer Schuhe im aufgeweichten Boden erkennen, dazu ein paar größere, tiefere Abdrücke eines Mannes, die sich ihr an der Wand eines alten Schuppens von hinten näherten. Im Schuppen selbst schlugen dann die Hunde an. Das heißt, Sumelis muss dort gewesen sein, möglicherweise wurde sie dort, bis es dunkel wurde, versteckt gehalten. Alle anderen Spuren hatte leider der Regen verwischt, deshalb konnten wir ihnen nicht folgen. Aufgrund der Hochzeitsfeierlichkeiten hatten die Wachen an den Toren Anweisung, alle, die in diesen Tagen nach Alte-Stadt kamen, gründlich auf Waffen zu untersuchen, aber sie achteten natürlich nicht auf jene, die die Stadt verließen. Ihnen ist nichts aufgefallen.«
Caran schenkte sich etwas Gerstenbier ein und nahm einen tiefen Zug, bevor er fortfuhr: »Die Frage war auch, wer wusste eigentlich, wer Sumelis ist? Ich meine, weshalb hätten sie sie entführen sollen, wenn sie nicht wussten, dass sie meine Enkelin ist? Im Grunde kannte niemand außerhalb dieses Haushalts die Wahrheit. Wir riefen sie ja nicht einmal bei ihrem richtigen Namen! Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat jemand in ihr das Mädchen von vor zehn Jahren erkannt, oder jemand hat sie verraten.
Ihr alle wisst, wie sorgfältig ich die Mitglieder dieses Haushalts aussuche und wie wichtig ich den Eid nehme, den man mir schwört. Ich würde für jeden Knecht, jede Magd, den Schmied, die Köchin, für jeden auf diesem Hof die Hand ins Feuer legen, aber leider ist Loyalität eine Sache, Dummheit eine andere. Jedenfalls kam schließlich der Sohn unserer Köchin zu mir, warf sich zu meinen Füßen nieder und bat um Vergebung. Er sagte, er wäre betrunken gewesen und hätte einen alten Freund getroffen, der jetzt Novize im Heiligtum sei, und der Novize hätte aufs unerträglichste damit geprahlt, was sein Lehrer – einer der Druiden – alles zu tun vermöge, welche Macht er besäße und welche Geheimnisse er kenne. Da wäre es ihm herausgerutscht, dass der Druide bestimmt nicht so mächtig sei wie der Gast, der jetzt in meinem Haushalt weile.« Müde fuhr sich Caran durch die Haare. »Danach führte, wie ihr euch denken könnt, eines zum anderen.«
»Der Novize hat das, was er erfahren hat, seinem Lehrer erzählt, diesem Druiden.« Talia hätte dem unglückseligen Sohn der Köchin am liebsten den Hals umgedreht, doch sie vermutete, dass er seine Strafe auch so erhalten hatte. Carans Geduld kannte in dieser Hinsicht Grenzen. Der Junge würde einen solchen Fehler bestimmt kein zweites Mal begehen.
»Das ist anzunehmen. Ich
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