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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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seinen Sieg mit einem Sturm aus Finsternis verkündet.«
     
    Als Sumelis am nächsten Morgen erwachte, kniete Nando neben ihr, in der Hand die Bänder, mit denen er sie vor ihrem Zusammenstoß mit dem Wolf stets gefesselt hatte. Er war angekleidet und trug seine Waffen, nur die Art, wie er seine linke Schulter hielt, ließ erahnen, dass sein Körper noch nicht ganz geheilt war. – Nicht, dass das eine Rolle gespielt hätte.
    »Ich denke, ich mache mich lächerlich, wenn ich dich jetzt noch fessele«, sagte er nachdenklich, während Sumelis einfach nur still dalag und ihn ansah.
    »Das ist deine Entscheidung.«
    Nando steckte die Riemen fort. »Gib mir das Messer!«
    Sie griff nach ihrem Gürtel und reichte es ihm. »Was ist, wenn ich es nicht geschafft habe, alle Tollgeister auszubrennen? Was ist, wenn sie wiederkehren? Willst du nicht, dass ich dich dann töte? Oder willst du lieber durch ihr Gift sterben?«
    Nando nahm das Messer und verstaute es in seinem rechten Stiefelschaft. Sein Körper verdunkelte den Eingang, doch dahinter sah Sumelis ihre beiden fertig aufgezäumten Pferde stehen. Die Tiere knabberten geduldig an einigen jungen Trieben.
    »Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie schlecht du eine Klinge führst«, erwiderte er mit einem kaum wahrnehmbaren und nur im Ansatz spöttischen Lächeln. »Deshalb würde ich nicht darauf vertrauen wollen, dass du es diesmal besser hinbekommst. Wenn du deinen Vater das nächste Mal siehst, soll er dir beibringen, mit einem Dolch richtig zuzustechen.«
    »Heißt das, ich
werde
ihn wiedersehen?«
    »Das halte ich für wahrscheinlich.«
    Sumelis stieß einen kleinen Laut aus. Um Fassung ringend, atmete sie tief ein. Mit der Luft, die in ihre Lungen strömte, floss auch ihre alte Lebendigkeit in sie zurück, eine gierige Hoffnung, dass am Ende alles gut werden und sie es niemals bedauern würde, Nando nicht getötet oder sich selbst überlassen zu haben, als sie die Möglichkeit dazu hatte.
    Die letzten Tage, als sie sicher gewesen war, dass Nando überleben, dass er den Blutverlust meistern und schon bald wieder auf den Beinen sein würde, hatte sie jeden Augenblick mit sich gerungen. Es wäre so einfach gewesen, die Pferde zu nehmen und zu verschwinden, Nando nie wiederzusehen, den Weg zurück zu ihrer Familie einzuschlagen. Wie viel Sorgen ihre Eltern, Caran und Samis sich um sie machen mussten!
    Doch sie hatte nichts dergleichen getan. Sie hatte neben Nando gesessen und in ein Gesicht geblickt, das der Schlaf veränderte, jünger machte, sanfter und unschuldiger. Etwas Vertrautes war in seinen Zügen verborgen, ein schroffer Gegensatz zu dem Fremden, das seine Seele war. Sumelis hatte gespürt, wie ihre eigene Seele auf ihn reagierte, wie sie voller Faszination einen Faden nach ihm ausstreckte, auf der vergeblichen Suche nach einer Wärme, geschaffen aus Farben. Niemals zuvor hatte sie einen Mann wie Nando getroffen, und etwas in ihr flüsterte, dass sie ihn nicht gehen lassen durfte.
    Mutter hat immer gesagt, ich solle mich vor dem Glauben, alle retten zu können, in Acht nehmen. Sie meinte, meine Macht sei zu groß, aber so groß auch wieder nicht. Niemand vermag jemanden zu retten, der nicht gerettet werden kann. Oder nicht gerettet werden will.
    Magus. Magus war ihr Hund gewesen. Sie war noch klein gewesen, ein Kind, das nicht wusste, was es tat, als es seine Seele an ein sterbendes Wesen band, dessen Lebensspanne in dieser Welt vorüber war. Sie hatte sich so lange an Magus geklammert, bis sein Sterben sie mit sich riss und der Tod seine Klauen auch nach ihr ausstreckte. Dann war es Talia gelungen, ihr klarzumachen, dass sie loslassen, Magus’ Seele ziehen lassen musste, selbst wenn es so sehr schmerzte, dass sie meinte, den Verlust nicht zu ertragen. Beide hatten sie danach gedacht, Sumelis hätte ihre Lektion gelernt.
    Aber dies hier ist etwas anderes!
Sumelis war sich noch nicht sicher, was es war, aber es hatte nichts mit dem zu tun, was mit Magus geschehen war. Und es war auch nicht so, dass sie Nando »retten« wollte. Sie hätte ja nicht einmal gewusst, wovor. Vor den Schatten, die sie in seiner Seele sah? Aber er
war
die Schatten! Wenn sie glauben würde, ihn davon befreien zu können, hätte sie ihn sterben lassen müssen, damit seine Seele auf ihrem Weg in die Andere Welt Erneuerung fand. Nein, im Grunde hatte Sumelis das Gefühl, dass sie das, was sie tat, nur für sich selbst tat.
    »Wenn ich dir verspreche, dass ich nicht versuche zu fliehen«,

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