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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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der Schulter endete, auf den Arm gemalt. Zwei ähnliche Zeichen zierten seine Wangen. Sumelis vermutete, dass die Pfeile mit Tiwaz in Verbindung standen, dem höchsten Gott des Nordvolks, und in diesem Sinne wohl ein Kennzeichen darstellten. Sie hoffte nur, dass Nandos Vertrauen in die Wirkung der Zeichen berechtigt war, andernfalls würden sie wahrscheinlich binnen kurzem Futter versteckter Bogenschützen werden.
    »Wir werden verfolgt«, bemerkte sie einmal Nando gegenüber. Es nieselte, die Sicht war so schlecht, dass sie kaum bis zur nächsten Biegung sehen konnten. Sumelis genoss Nandos Überraschung auf ihre Bemerkung hin so sehr, dass sie stolz den Kopf zurückwarf und hinzufügte: »Acht Leute, rechts am Hang über uns, fünfhundert Schritt voraus.«
    »Woher weißt du das?«
    Ein noch stolzeres Lächeln. »Ich bin eine Zauberin, hast du das vergessen?«
    »Du kannst sie sehen?«
    »So etwas in der Art. Ich sehe ihre Farben.« Sumelis formulierte ihre Antwort bewusst lakonisch, doch zu ihrer Enttäuschung fragte Nando nicht nach. Schweigend ritten sie noch ein Stück weiter, über den aufgeweichten Boden und vorbei an matschigen Schneeresten, bis Nando unversehens zu einem kleinen heruntergekommenen Gehöft abbog, das sich an den westlichen Hang schmiegte. Eine verhutzelte Greisin trat aus dem in den Boden eingetieften Haupthaus und ließ mit einem zahnlosen Lächeln eine Silbermünze in ihrer schmutzigen Schürze verschwinden. Sumelis’ Ärger wuchs, als sie bemerkte, dass die Münze eine der ihren gewesen war, aus ihrer Geldbörse, die Nando, als er sie entführt hatte, an sich genommen hatte. Nando befahl Sumelis, bei der alten Frau auf ihn zu warten, und so saß sie nun in der dreckigen Hütte zusammen mit einer Fremden, die einen Geruch verströmte, als hätte sie seit Monaten nicht gebadet, und eine Sprache sprach, von der Sumelis kein Wort verstand. Das letzte Mal, dass sie mit Angehörigen der Bergstämme zu tun gehabt hatte, war vor zwölf Jahren gewesen, als sie selbst in einem Gebirgstal lebte. Allerdings war Sumelis damals noch so klein gewesen, dass sie sich jetzt kaum mehr daran erinnerte.
    Die alte Frau goss Sumelis Wasser aus einem verzierten Henkelkrug ein, in dem Fliegen schwammen, dann brachte sie ihr einen Laib länglichen Brots, dessen eines Ende angeschimmelt war. Sie selbst goss sich einen Becher mit etwas ein, was nach mit Blut vermischter Milch aussah, nahrhaft, aber, so fand Sumelis, auch ziemlich ekelhaft. Die alte Frau nahm einen Schluck, schmatzte, dann drehte sie sich um und spuckte zielsicher in eine von Sprüngen überzogene Tonsitula neben der Tür. Sumelis blieb nichts anderes übrig, als auf Nandos baldige Rückkehr zu hoffen. Sie schob das Brot von sich, obwohl sie alles dafür gegeben hätte, etwas anderes als das mit zerstoßenem Trockenfleisch, Getreide und Dörrobst vermischte Fett zu essen, das ihnen als Reiseproviant diente. Stattdessen trat sie nach draußen, um dort, im Schatten der bewaldeten Berghänge und der nasskalten Luft, auf Nando zu warten.
    Als dieser sich endlich in der Dämmerung vom Süden her dem Hof näherte, war er nicht allein. Ein Dutzend Reiter folgte ihm. Einige trugen Lederhelme und Filzmäntel, unter denen Kettenhemden hervorlugten. Andere hatten sich als Regenschutz formlose Umhänge aus Wildschweinfellen über die Schultern geworfen, was die ohnehin schon martialische Gruppe noch grobschlächtiger wirken ließ. Ihren Ponys folgte eine Meute braunfleckiger Hunde, die bei Sumelis’ Anblick sofort bellend auf sie losstürzten und mit einem barschen Pfiff zurückgerufen werden mussten. Die Krieger hielten ein Stück entfernt an, saßen ab und begannen, ihre Pferde außerhalb eines aus morschen Brettern gezimmerten Stalls zu versorgen, in dem sie selbst Quartier beziehen würden. Sumelis war zu weit weg, um ihrer Unterhaltung folgen zu können, doch sie verstand genug, um zu hören, dass diese Männer Tiguriner waren.
    Nando ließ sein Pferd bei den Kriegern zurück, bevor er den schlammigen Untergrund des Hofs überquerte. Er musste den Kopf einziehen, als er unter das Dach neben Sumelis trat und die Sohlen seiner nassen Schuhe an feuchtem Stroh sauber wischte. Sumelis’ Magen knurrte zur Begrüßung.
    »Hast du etwa noch nichts gegessen?«
    Sie verzog das Gesicht. »Ich denke, ich werde mich an unseren Proviant halten.«
    »Ist das dein Ernst? Mir hängt das Zeug zum Hals raus.«
    »Es gibt Schlimmeres.«
    »Nun, wenn das so ist, hättest du

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