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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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geknabbert hatte, auf den Boden außerhalb des Sonnendachs. Er trug nur Hosen, weder Hemd noch Panzerung, und ein wenig fettige Entenhaut hatte sich vom Fleisch gelöst, war herabgefallen und glänzte nun neben seinem Bauchnabel. »Mir geht es gut!«
    Der Krüppel schüttelte den Kopf. »Das sehe ich, aber nicht jeder kommt Euch so nahe, um sich mit eigenen Augen von Eurem Wohlbefinden zu überzeugen. Der ganze Zug zerreißt sich seit Monaten über Eure Träume das Maul. Die Männer, Eure Wachen, Freunde und Verbündeten hören Euer Keuchen, Eure nächtlichen Schreie, und das beunruhigt sie. Es ist nicht das, was sie von einem König wie Euch erwarten.«
    Rascil wollte abermals auffahren, doch Boiorix bedeutete ihr zu schweigen. Seine blassen Augen richteten sich auf den Krüppel, der im Stehen nicht einmal so groß war wie Boiorix im Sitzen. »Was sagen sie noch?«
    »Dass Ihr die Druiden der Tiguriner nicht hättet beleidigen dürfen. Die keltischen Götter sind mächtig. Viele sagen, die verdorbenen Vorräte dieses Frühlings sind ihr Werk.«
    »Narren! Der Winter war zwar nicht kalt, aber feucht. Wen wundert es da, dass die Vorräte verderben? Außerdem wird die Ernte, mit der wir hier unsere Wägen beladen können, so groß sein, dass die Achsen sich unter ihrem Gewicht biegen werden!« Boiorix deutete nach draußen, wo sich die Ebene, die sie erobert hatten, endlos vor ihm erstreckte, während die Wägen der Kimbern über sie hinweg und nach Westen rollten, arme Bauern und geplünderte Höfe hinter sich lassend. »Wie oft sind wir im Frühjahr weitergezogen und wussten schon beim ersten Schritt, dass wir die nächste kalte Jahreszeit nicht fürchten müssen? Wie kann jemand nach diesem milden Winter, den wir hier verbracht haben, nach all den Annehmlichkeiten, den Nächten mit einem festen Dach über dem Kopf in Städten mit Bädern und Tempeln, den Bewirtungen der schwächlichen Herrscher der Cenomanen, Insubrer und wie sie sonst heißen mögen, den Eroberungen, die noch auf uns warten, behaupten, die Götter wären
nicht
auf unserer Seite? Dies Land ist für uns bestimmt! Italien ist uns versprochen!«
    »Außerdem, was interessieren uns die keltischen Götter?«, fügte Rascil hinzu, sobald der König eine Pause machte, um Luft zu holen. »Unsere eigenen Götter sind …«
    »Fragt Euren König, was uns die keltischen Götter interessieren!« Der Krüppel trat zu dem Bronzeeimer, der noch den Rest des Weins vom Vorabend enthielt, tauchte den Schöpfer in das kaum verdünnte rote Getränk und füllte sich damit eine schwarz gefirnisste Schale. Gleich den kimbrischen Anführern fand er Gefallen an den römischen Trinksitten.
    »Was soll das heißen?«
    »Das heißt«, erklärte Boiorix ungehalten, weil er unterbrochen worden war, »dass ich befohlen habe, heute Abend die zwei römischen Späher, die wir gefangen genommen haben, zu opfern. Gerade werden riesige Strohfiguren angefertigt. Wir werden die beiden Römer an sie binden, dann werden wir die Puppen anzünden.«
    »Aber das ist keiner unserer Bräuche! Das Nordvolk opfert nicht auf diese Weise.«
    »Darum geht es ja! Stellt Euch nicht dümmer, als Ihr seid!«
    Angesichts von Boiorix’ Ungeduld, die, so wusste Rascil aus Erfahrung, schnell in Schlimmeres umschlagen konnte, änderte die Priesterin ihre Taktik. »Die Kelten sollen solche Opferrituale haben, hört man«, sagte sie nachdenklich. »Sie tun das angeblich, wenn jemand schwerkrank ist, um die Götter zu besänftigen und ihnen als Ersatz für das Leben des Kranken ein anderes Leben anzubieten. Aber Ihr seid nicht krank, Herr! Ihr seid –«
    »Verflucht?« Boiorix nickte grimmig. »Egal, was ich tun muss, um diesen verdammten Cernunnos und alle anderen keltischen Götter, die sich auf diesem verfluchten Kessel tummeln, zu besänftigen, ich werde es tun!«
    Rascil richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Krüppel, der an seinem Wein nippte und den Schädel eines von Boiorix’ hechelnden Jagdhunden kraulte. »Was meint Ihr, Krüppel? Ist Euch ein solches Opfer vertraut? Menschen, die in riesigen Strohfiguren verbrannt werden?«
    Der Krüppel schüttelte den Kopf. »Ich habe Geschichten darüber gehört, doch was daran wahr ist? Ich weiß es nicht.« Er zuckte mit den Schultern und verschüttete dabei etwas Wein. »Puppen zu verbrennen ist üblich. Solche Opfer besänftigen Taranis, einen unserer höchsten Götter, der Eurem Donar durchaus ähnlich ist. Allerdings hat mein Stamm zu meinen Lebzeiten

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