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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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Anderen Welt, in die seine Seele wandert, wenn sein Körper ruht?«
    »Sieht das hier etwa nach Ruhe aus? Außerdem, was wäre schon ein Fluch ohne die Klauen, die dich festhalten, um dir seine Schrecken aufzuzwingen?«
    »Ich verstehe.«
    Erst jetzt betrat Sumelis vorsichtig die Kammer. Die anderen beiden folgten ihr, ebenso der Wächter, der vor Boiorix’ Kammer gestanden hatte. Hinter sich schlossen sie die Tür und damit das Schnarchen, gedämpfte Stöhnen und Lachen jener, die noch wach waren, aus. Boiorix grunzte einmal, sein rechter Arm schoss zur Seite, den Silberkrug, der auf einem Hocker neben der Lagerstatt stand, schwungvoll zu Boden fegend. Es schepperte, Wasser spritzte über die Holzplanken und verschwand durch die Ritzen hindurch nach unten. Boiorix wachte nicht auf.
    »Er kämpft gegen die Dämonen, die ihn in der Anderen Welt jagen!«, flüsterte der Krüppel ehrfürchtig. »Sein Mut ist ungebrochen!«
    Sumelis schüttelte den Kopf. »Möglich, dass er kämpft. Im Moment allerdings spüre ich nur Angst, Verzweiflung, Zorn und Ohnmacht. Seine Seele verkriecht sich. Ich kann sehen, wie geschrumpft sie ist. Wie ein alter Apfel am Ende des Winters.« Während sie noch sprach, trat Sumelis an das Lager, um Boiorix’ Zuckungen aus der Nähe zu betrachten. Ihr war nicht bewusst, dass sowohl der Krüppel wie auch Rascil sie mit offenen Mündern anstarrten. Es kostete sie Überwindung, dennoch legte sie eine Hand auf Boiorix’ schweißnassen Rücken. Sein Körper glühte wie von Fieber.
    »Seine Seele ist blass, allerdings mag das auch ihre normale Farbe sein. Ich weiß nicht, wie sie aussah, bevor der Fluch sie einfing, daher hat das vielleicht gar nichts zu bedeuten. Aber sie flackert. Sie flackert wie eine Lampe, der der Talg ausgeht.«
    »Könnt Ihr ihm helfen?«
    »Ich kann es versuchen.« Zögernd ließ sie sich auf dem Lager neben Boiorix nieder. Ihr Gesäß sank tief in die weichen Decken und Felle, viel zu warm für die Jahreszeit und trotzdem einladend genug, um Sumelis die Schwere ihrer eigenen Lider bewusst zu machen. Der Krüppel hatte sie aus dem Schlaf gerissen, kaum dass es ihr endlich gelungen war einzuschlafen. Er hatte ihr einen wadenlangen Rock aus weißem Leinen sowie ein dunkelblaues tunikaähnliches Hemd, das in der Mitte gegürtet wurde, in die Arme gelegt und sie gedrängt, sich zu beeilen. Es war eine seltsame Kombination, in Form und Farbe, weder das Gewand einer kimbrischen Priesterin noch das heilige Blau keltischer Geweihter, doch eine Ahnung von beiden. Diese Kleider, dachte Sumelis, hatte gewiss nicht Rascil ausgewählt.
    »Was habt Ihr vor?«
    »Ich weiß es noch nicht. Ich muss erst … sehen.«
    »Ich will wissen, was du tust!«, forderte Rascil. »Ich habe meinem König versprochen, dich zu unterstützen, aber ich will eine genaue Erklärung für alles, was du tust. Hast du verstanden?«
    Sumelis nickte müde. Sie legte eine Hand auf Boiorix’ Hinterkopf und bemühte sich, sich zu entspannen. »Ich lege jetzt meine flache Hand auf seinen Kopf und schließe die Augen. Ich atme tief ein und aus. Ein – aus. Ein – aus. Gut so?«
    Rascils wütendes Fauchen ließ Sumelis’ Mundwinkel zucken. Sie wusste, sie benahm sich kindisch, aber wie ihre Mutter zu sagen pflegte: In harten Zeiten musste man selbst seine magersten Triumphe auskosten wie Totenfeiern zu Winterende.
    Zunächst fiel es Sumelis alles andere als leicht, sich auf die vor ihr liegende Aufgabe zu konzentrieren und das beklemmende Gefühl, eine Feindin im Nacken zu haben, beiseitezuschieben. Sie war froh, dass der Krüppel ebenfalls da war und ihr seine Freundschaft so offen anbot. Überdies war er kein Nordmann, sondern Helvetier und damit vertraut mit den Grundsätzen der Seelenwanderung sowie den Lehren der Druiden. Er zumindest wusste, dass das, was sie tat, wahr war. Sein Vertrauen in sie und ihre Fähigkeiten war eine stärkere Motivation als alle Drohungen, die Rascil von sich geben mochte.
    Sumelis’ Atem verlangsamte sich, wurde tiefer und gleichmäßiger. Mit jedem Heben und Senken ihres Brustkorbs schloss sie ihre Umgebung weiter von sich aus, konzentrierte sich stattdessen auf die Welt der Farben, die sie erwartete, sobald sie in Boiorix’ Seele eintauchte. Sie sandte Ruhe in grünblauen Wogen von sich aus, hüllte den verschrumpelten Ball der königlichen Seele in einen Kokon aus warmem Licht. Erst als sie sicher war, dass seine Seele nicht vor Schock zurückfahren würde, da sie ihre

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