Der Fluch der Druidin
Priesterin.«
»Es interessiert mich auch nicht.«
»Dann habt Ihr ja wohl nichts dagegen, wenn ich meinen Weg fortsetze. Gute Nacht!«
»Deine kleine Freundin schläft bereits. Sie war offenbar sehr müde. Sie konnte nicht einmal das warme Bad genießen, das man ihr bereitet hat.«
»Zu schade.«
»Sie hat nach dir gefragt.«
»Tatsächlich?«
»O ja, sie klang richtig sehnsüchtig. Weißt du, ich habe es mir nicht nehmen lassen, ihr selbst beim Baden zu helfen. Ich dachte mir, der armen Frau wird so viel Ablehnung in diesem Lager entgegenschlagen, da wird ihr ein bisschen Aufmerksamkeit und Freundschaft bestimmt guttun.«
Nando unterdrückte ein Zucken in den Fingerspitzen, den Drang, eine Hand um Rascils Kehle zu legen und zuzudrücken. Trotz der Dunkelheit war er sich sicher, dass Rascil die Bewegung bemerkt hätte.
»Das war sehr großzügig von Euch. Wo ist Sumelis jetzt?«
»Wir haben ihr ein Zelt aufgestellt, nahe den unseren, wo niemand sie belästigen wird.«
»Wo sie von allen anderen abgeschirmt ist.«
»Auch das. Der König wünscht, dass sie isoliert bleibt. Aber das weißt du genauso gut wie ich. Wobei mir persönlich das Getue um dieses Mädchen nach wie vor übertrieben scheint. Sumelis hat auf mich nicht gerade den Eindruck einer Zauberin gemacht. Im Gegenteil. Aber du hast mehr Zeit mit ihr verbracht, Nando. Du wirst sie sicherlich besser kennen.«
»Worauf wollt Ihr hinaus, Rascil?«
»Auf Lügner, Nando. Ich mag keine Lügner und Schwindler, selbst wenn sie es nicht einmal besser wissen mögen. Du benutzt dieses Mädchen doch nicht, um Boiorix für dich einzunehmen?«
»Nein, das tue ich nicht!« Doch noch während er antwortete, fragte er sich, ob seine Taten nicht eine andere Sprache sprachen.
»Gut, sehr gut. Nun, ich werde einfach mehr Zeit mit Sumelis verbringen müssen. Vielleicht hat sie ja wirklich gewisse Fähigkeiten, kennt die magischen Beschwörungen der Druiden oder deren geheime Mysterien. Du stimmst mir sicherlich zu, dass wir mehr über Sumelis erfahren müssen, jetzt, da sie so viel Einfluss auf Boiorix nehmen könnte, nicht wahr?«
»Ich bin sicher, Sumelis vermag Boiorix’ Seele nicht mehr zu beeinflussen als Ihr, Priesterin.«
Das ließ Rascil einen Moment lang verstummen. Nando erahnte, wie sie ihre Lippen wütend zusammenpresste. In ihrer Stimme schwang indes nichts von ihren Gefühlen mit, als sie den Kopf zur Seite neigte und sagte: »Gute Nacht, Nando. Ich habe dich schon zu lange aufgehalten. Geh deinem verdienten Vergnügen nach!«
Sie verschwand in der Dunkelheit. Nando lauschte ihren federnden Schritten, die rasch verklangen. Er legte den Kopf in den Nacken, sah zum Mond empor, dann hinüber zu den glimmenden Feuern der Schmieden. Es polterte leise, als er den Bach auf der Planke überquerte. Auf der anderen Seite fand er schnell den breit ausgetretenen Pfad, der um die mit Holzkohle und Scheiten beladenen Karren, die den Arbeitsbereich der Schmiede begrenzten, herum nach Norden führte. Nach dreihundert Schritten hörte er erstes schrilles Gelächter aus einem Zelt dringen. Der Eingang war verschlossen; zwei Männer saßen geduldig davor. Die Zeit, bis die Reihe an sie kam, verkürzten sie mit Würfelspielen. Nando ging weiter und hielt kurze Zeit später vor einem mit allerlei Bändern und Blumen verzierten Wagen an. Das Fell, das den Eingang unter den ledernen Planen verschloss, klaffte einladend, und er roch einen Duft, so schwer und süß, dass er seine Atemwege beschwerte.
Einen Moment lang stand Nando unschlüssig vor dem umfunktionierten Gefährt. Er wusste, er sollte einfach eintreten und alles andere zusammen mit seinen Kleidern von sich werfen, aber die Begegnung mit Rascil hatte einen schalen Nachgeschmack hinterlassen. Es gefiel ihm nicht, dass Rascil sich um Sumelis kümmerte. Die Priesterin war gefährlich, und sie war am gefährlichsten, wenn sie freundlich schien. Sumelis war ihr nicht gewachsen. Sie würde die Fallen, die Rascil ihr stellte, nicht bemerken. Nando hatte vom ersten Moment an gespürt, dass die Priesterin die jüngere Frau als Konkurrentin betrachtete. Seitdem nagte eine Stimme in seinem Kopf, dass es seine Schuld wäre, wenn Sumelis durch Rascil Leid widerfuhr. Ob Boiorix auf ihn hören würde, wenn er ihm vorschlüge, Rascil von Sumelis fernzuhalten? Der Krüppel könnte sich um sie kümmern – der Krüppel war gar nicht so schlimm – oder gar Nando selbst. Sumelis würde Boiorix besser helfen können, wenn
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