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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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sie ausgeglichen und glücklich war, umgeben von Menschen, denen sie vertrauen konnte. Boiorix hingegen würde es keinen Vorteil bringen, wenn Rascil Sumelis einschüchterte oder hinter ihrem Rücken gegen sie intrigierte. Es würde sie verunsichern, und wer wusste denn, welche Auswirkungen das auf ihre Zauberkraft haben würde? Es würde sicherlich eher gelingen, diesen unsäglichen Fluch von Boiorix zu nehmen, wenn Nando selbst sich um Sumelis kümmerte.
    Nando lauschte dem Klang seiner eigenen Gedanken nach und befand, dass sie vernünftig klangen. Auf jeden Fall, entschied er, sollte er Sumelis so schnell wie möglich vor Rascil warnen. Das war zunächst das Wichtigste – für Sumelis und für seinen König.
    Nando hatte seine Überlegungen kaum zu Ende geführt, da erklang schon wieder das leise Poltern der rudimentären Brücke unter seinen Füßen. Mit großen Schritten eilte er über die Wiese, sowie er jedoch die ersten Feuer passierte, verlangsamte er sein Tempo, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er nahm auch nicht den direkten Weg zu Sumelis’ Zelt, sondern machte einen Umweg, der ihn aus einer anderen Richtung kommen ließ, ohne ihn an den Unterkünften der Priesterinnen vorbeizuführen.
    Es ist richtig, sie vor Rascil zu warnen,
dachte er wiederholt.
Boiorix hat einfach zu viel Vertrauen in Rascil, andernfalls hätte er Sumelis niemals in ihre Krallen gegeben.
    Es widerstrebte Nando, Kritik an seinem König zu üben. Boiorix, so sagte er sich, hatte Wichtigeres zu tun, als sich um die Fehden zweier Weiber zu kümmern.
    Die Ochsenhaut, die den Eingang zu Sumelis’ Zelt aus sandfarbenem Leinen – eine Ausnahme unter den ansonsten zumeist ledernen oder aus Ziegenhäuten errichteten Unterkünften – bildete, war vorgeschlagen. Eine Wache lümmelte ein Stück abseits, ohne sich jedoch um Nandos Silhouette, die sich vor den nächstliegenden Herdfeuern abzeichnete, zu kümmern. Wahrscheinlich stand er nur dort, um zu verhindern, dass Sumelis heimlich floh, vielleicht war es aber auch ein Spion Rascils. Nando zögerte kurz, dann klopfte er mit der flachen Hand gegen die Ochsenhaut. Das leise Geräusch trug nicht weit, und er erhielt keine Antwort. Vielleicht schlief sie bereits? Sofort stand vor seinem Auge das Bild ihres schlanken Körpers, wie er sich in den Decken ausgestreckt hatte, auf der Seite liegend, die hellen Gesichtszüge ein Mosaik unter den dunklen Strähnen ihrer Haare, die ihr im Schlaf über Wange und Stirn fielen. Ihr Brust würde sich gleichmäßig heben und senken, die Lippen ganz leicht offen stehen, ein sanfter Bogen, unter dem das Weiß ihrer Zähne schimmerte. Ihre Finger würden zu lockeren Fäusten geballt sein, mit einer Öffnung in der Mitte gerade groß genug, um seinen Zeigefinger zwischen sie schieben zu können. Manchmal, kurz bevor ihre Lider anfingen zu zucken, würde sie an der Grenze zwischen Schlaf und Aufwachen kaum wahrnehmbar lächeln.
    Nando ließ die Vorstellung noch einen Moment länger vor seinem geistigen Auge wabern. Er überlegte, was er ihr sagen sollte, sagen konnte, ohne eine verräterische Grenze zu überschreiten. Dann schlug er die Haut zurück, bückte sich und trat ein. Im Inneren war die Luft noch wärmer als draußen, dafür stieg ein schwacher Duft nach Kräutern von der Lagerstatt auf.
    »Sumelis?«, flüsterte er. »Bist du wach? Ich muss dir etwas sagen.« Er ging in die Knie und legte eine Hand auf die sich in der Dunkelheit abzeichnende Erhebung. Doch seine Finger sanken, ohne auf Widerstand zu treffen, durch die Decke hindurch bis zum Boden. Das Zelt war leer.
     
    Sumelis stand im Eingang zu Boiorix’ Schlafkammer und rang nach Atem. Weder eine Fenster- noch eine Dachluke versorgten den Raum mit Frischluft, nur durch die Tür, die direkt in die große Halle führte, zog der Geruch nach Essen und Schweiß, gemischt mit einem Hauch warmer Nachtluft und Rauch, herein. Die meist schlafenden, teils feiernden, schmausenden oder kopulierenden Körper in ihrem Rücken gehörten Kriegsherren, Fürsten, Huren, Leibwächtern, Ehefrauen, Händlern, Abgesandten, Geiseln von Bergstämmen und keltischen Stämmen diesseits wie jenseits des Gebirges. Über Rang und Bedeutung mancher Günstlinge schien niemand genau Bescheid zu wissen, aber es stellte auch keiner Fragen. Wer hier schlief, entschied der König zusammen mit den übrigen kimbrischen Fürsten, die ihm Gefolgstreue geschworen hatten, niemand sonst. Der Krüppel hatte Sumelis erzählt,

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