Der Fluch der Finca
Sonderbehandlung.
Ich zahle schließlich genau wie jeder andere Gast.“
„Zahlen? Haben Sie zahlen gesagt? Jetzt beleidigen Sie aber meine Großzügigkeit,
Mrs. Penn. Ich sagte doch: Die Freunde der Tirados sind auch meine Freunde. Glauben
Sie denn, ich würde meinen Freunden Geld abknöpfen? Ihre Getränke gehen selbstverständlich
aufs Haus!“
Michelle ahnte, dass es keinen Sinn haben würde, zu diskutieren. Thorn war niemand,
mit dem man diskutieren konnte, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, das
spürte sie deutlich. Außerdem fühlte sie sich geschmeichelt. Mit so viel Aufmerksamkeit
seitens des Gastgebers hatte sie hier ja überhaupt nicht gerechnet.
„Und jetzt müssen wir beide den versprochenen Drink nehmen, Mrs. Penn. Kommen
Sie, ich habe ein schönes Plätzchen für uns reserviert.“
Michelle konnte sich zwar nicht erinnern, ihm versprochen zu haben, einen Drink mit
ihm zu nehmen, doch sie hatte nichts dagegen.
Aber pass auf, dass du nicht zu viel Alkohol abbekommst, sonst kommst du unter die
Räder.
Die Stimme der Vernunft kam unverlangt und Michelle wollte heute auch nicht auf sie
hören. Vernunft hatte sie nicht hierher gebracht und Vernunft würde ihr auch keinen
Spaß bereiten.
Was denn? Ich bin doch nicht allein. Und einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins
Maul. Was ist schon gegen ein paar Drinks einzuwenden?
Thorn kam etwas näher, so dass sie sein Rasierwasser riechen konnte. Der Geruch war
herb und löste etwas in ihr aus.
„Dann darf ich bitten, schöne Frau?“
Er durfte. Michelle hielt ihm ihren rechten Arm hin und er hakte sich bei ihr ein. Sie war
nicht überrascht, dass er sie zur roten Bar führte. Zu dem Rattan-Tisch, an dem sie
Platz nahmen, gehörte nur eine dieser komfortablen, schwarzen Leder-Couches, und
als sie sich setzten, stellte Michelle fest, dass sie beide nur dann darauf Platz hatten,
wenn sie eng zusammenrückten. Sie saßen in Blickrichtung der Tanzfläche. Die Couch
stand mit der Rückenlehne direkt an der Wand und keine zwei Meter weiter, rechts von
ihnen, befand sich der geheimnisvolle Durchgang mit dem Vorhang.
Eine rassige Spanierin, die Thorn ihr vorhin als Isabella vorgestellt hatte, brachte auf ein
Fingerschnipsen von Thorn eine Flasche edlen Wodka mit zwei Gläsern an den Tisch.
„Mr. Thorn, wäre es auch möglich, einen Cocktail zu bekommen? Ich vertrage keinen
puren Wodka.“
„Alles ist möglich, meine Teuerste. Wonach steht Ihnen der Sinn? Vielleicht ein Mai
Thai?“
„Das wäre perfekt, Mr. Thorn.“ Sie lächelte.
„Gut, aber unter einer Bedingung“, erwiderte er hintergründig grinsend.
„Nennen Sie mich Jake. Freunde duzen sich doch, nicht wahr“
Michelle bemerkte, dass sie errötete, und hasste sich dafür. Thorn sollte sie nicht für ein
Mauerblümchen vom Lande halten. Sie nahm sich zusammen, setzt ihr charmantestes
Lächeln auf und antwortete:
„Jake, Sie haben Recht. Ich bin Michelle.“
Er zeigte wieder dieses für ihn typische Grinsen. Wie eine Mischung aus Engel und
Teufel. Thorn blieb undurchsichtig, sowohl, was seinen Charakter betraf, als auch hinsichtlich
seiner Absichten. Michelle war fasziniert.
Thorn winkte die Bedienung wieder heran.
„Isabella, mach meiner Freundin den besten Mai Thai, zu dem du fähig bist!“
Sie nickte ihm wissend zu und eilte wieder an ihren Arbeitsplatz. Kurz darauf war sie
wieder da und brachte den Cocktail. Das Glas war aufwändig dekoriert und man konnte
sofort den Unterschied zu den billigen Mai Thais erkennen, die einem an den Strandbars
für Touristen angedreht wurden.
„Hast du dir auch Mühe gegeben, Isabella?“
Isabella lächelte zuckersüß und zwinkerte ihm zu. Thorn war zufrieden und erhob sein
Wodka-Glas.
„Auf eine einzigartige Nacht!“
„Auf eine einzigartige Nacht“, entgegnete Michelle und prostete ihm zu. Sie fühlte sich
bereits von dem Anblick des Glases berauscht und beschloss, dass es wirklich eine einzigartige
Nacht werden würde.
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8. 8. KAPITEL
Als sie mit Jake gegen vier Uhr morgens die Bar verließ, war sie vollkommen berauscht.
Der Mai Thai musste unglaublich viel Alkohol enthalten haben.
Sie fühlte sich nur nicht betrunken, sondern vielmehr beschwingt und leicht. Vielleicht
würde sie morgen mit einem Kater dafür bestraft werden, aber augenblicklich ging es ihr
blendend.
Sie hätte ohne Zögern zugestimmt, wenn Jake vorgeschlagen hätte, in den nächsten
Club zu ziehen. Stattdessen
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