Der Fluch der Finca
Plastiktüten zugedeckt, und nur weil sie wusste, wo sie zu suchen hatte, wurde
sie schnell fündig. Bevor sie wieder nach oben rannte, besann sie sich noch kurz und
holte eine Flasche Mineralwasser aus der Küche, damit Keith die Pillen herunterspülen
konnte. Dabei achtete sie darauf, keinen Blick auf die Fenster zu werfen. Sie bewegte
sich rückwärts darauf zu und tastete nach einem Zipfel des Vorhanges. Als sie ihn
hatte, zog sie ihn hinter ihrem Rücken zu und wiederholte das Ganze dann mit dem
Zweiten. Die ganze Zeit spürte sie förmlich, wie sie etwas durch die Scheibe bei ihrem
Tun beobachtete. Hätte sie sich umgedreht, wäre ihr Verstand augenblicklich in Flammen
aufgegangen, denn draußen drängte sich ein halbes Dutzend dieser untoten
Monster und starrten hinein.
Nachdem sie sicher war, dass niemand mehr durch das Fenster in die Küche sehen
konnte, rannte sie wieder los, um Keith endlich sein Schmerzmittel zu bringen.
Ihre Ankunft wurde schon sehnsüchtig erwartet. Keith riss ihr die Packung mit den
erlösenden Pillen regelrecht aus der Hand. Gleich drei auf einmal schluckte er und
spülte alles mit nur einem einzigen Schluck Wasser hinunter. Erleichtert ließ er sich
daraufhin wieder flach auf den Boden sinken. Sein Atem ging schwer und sein Gesichts
zeigte deutlich, dass er wahnsinnige Schmerzen auszustehen hatte.
„Nur ein paar Minuten, Michelle, dann wird es gehen“, murmelte Keith am Rande der
Erschöpfung und dann schlief er ein.
„Ruh´ dich aus, mein Liebster. Ich werde die Sache für uns gemeinsam durchstehen.“
Behutsam schob sie sein Hemd hoch und zog vorsichtig die Pistole aus seinem Hüftholster.
Sie würde sich und ihn mit allem verteidigen, was sie hatte. Ob sie eine Chance
hätte, wenn es hart auf hart ging, wusste sie nicht. Sie vermutete, dass sie nicht die
besten Karten hatte, aber was konnte sie schon ändern?
Die Situation ist, wie sie ist. Ich bin auf mich gestellt und ich werde nicht kampflos
abtreten.
Von unten hallte ein klirrendes Geräusch durch das Haus.
Ein Fenster! Sie kommen rein!
„Nein, ihr Bastarde“, schrie sie und stürmte mit der Waffe in der Hand los. Sie zu entsichern
gelang ihr im vollen Lauf, ohne dass sie darüber nachdenken musste, wie das
ging. Vielleicht leitete eine höhere Macht ihre Hand, vielleicht hatte sie auch einfach nur
Glück und den richtigen Handgriff zufällig ausgeführt. Tatsache war, dass sie bereit war,
mit der Waffe in der Hand zu sterben, aber nicht, ohne ein paar von diesen Mistviechern
mitzunehmen. Hätte sie sich selbst retten wollen, wäre sie in das nächstbeste Zimmer
ohne Fenster geflohen und hätte sich dort verbarrikadiert. Aber es ging nicht um sie und
ihr Leben. Seit der Vision von Harry hinter dem Haus hatte sie ihre Angst vor dem Tod
ohnehin verloren. Es ging um Keith.
Er lag schutzlos oben im Korridor. Sie durfte nicht zulassen, dass sie ihn in dieser Lage
erwischten.
Das Klirren konnte von überall her gekommen sein. Sie musste sich entscheiden, ob sie
Richtung Wohnzimmer oder Richtung Küche laufen wollte. Spontan entschied sie sich
für die Küche.
Mit vorgehaltener Waffe stürmte sie durch die Tür. Wäre es tatsächlich dieses Fenster
gewesen und die Monster wären bereits eingedrungen, dann hätte sie jetzt ein Problem
gehabt. Sie war ohne nach rechts oder links zu sehen einfach mitten in den Raum
gestürmt. Als sie jetzt feststellte, dass dieses Zimmer in Ordnung war, realisierte sie
ihren taktischen Fehler. Natürlich hätte einer von denen bereits hinter der Tür lauern
können und dann hätte sie den Gegner jetzt im Rücken gehabt.
Ich muss vorsichtiger vorgehen.
Die nächste Möglichkeit war das Wohnzimmer. Höchstwahrscheinlich war es eines der
Fenster gewesen, denn für die Terrassentür mit ihren massiven Scheiben war das Klirren
nicht laut genug gewesen.
Auf Zehenspitzen schlich sie durch den Korridor. Vor dem Abstellraum blieb sie stehen
und atmete tief durch. Sie musste hineinsehen, um sicherzugehen, dass sich keines der
Wesen darin versteckt hatte, denn sonst hätte es sie von hinten angreifen können,
sobald sie daran vorbei war. Vorsichtig aber zu allem entschlossen legte sie die Hand
auf die Klinke. Jetzt musste alles sehr schnell gehen. Mit einem Ruck riss sie die Tür
auf und zielte mit der Waffe in den kleinen Raum. Um ein Haar hätte sie einfach
geschossen, doch sie schaffte es, den Abzug nicht zu berühren. Ein Schuss hätte sie
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