Der Fluch der Finca
Wir sind schon ganz schöne
Glückspilze.“
Ein säuerliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Es schien ihm nicht zu gefallen,
was sie herausgefunden hatten.
„Nun guck doch nicht so mürrisch. Das ist doch gut für uns!“
Er sah sie an, wie eine Geisteskranke.
„Gut für uns? Vielleicht hast du es ja überlesen, aber diese Familie, die es von hundert
Jahren mit dem Haus zu tun bekommen hat, wurde hier abgeschlachtet. Man hat ihre
Leichen mit eingeschlagenen Köpfen hier gefunden und das nur einen Tag, nachdem
sie das Haus gekauft hatten. Was ist daran gut?“
Vor lauter Fassungslosigkeit bemerkte Keith zunächst gar nicht, wie Michelle belustigt
den Kopf schüttelte. Als er es dann doch sah, wurde er noch wütender.
„Was gibt es denn da zu grinsen? Willst du morgen hier mit einem Loch im Schädel
liegen und mit der Zahl dreizehn in deinen Körper geritzt? Das ist denen nämlich
passiert, Michelle!“
Jetzt wurde es Michelle zu bunt. Sie knallte mit der flachen Hand auf die letzte der vier
wiedergefundenen Seiten und rief:
„Wenn du schon etwas liest, Keith, dann mache dir doch auch die Mühe, zu erkennen,
was daraus folgt. Der Verfasser hat doch die Vermutung geäußert, dass alle hundert
Jahre so eine Ausnahme von der Regel auftritt, nicht wahr? Das Haus wurde 1813
errichtet und 1913 war dann das erste Jahr, in dem die Finca seine Besitzer getötet hat,
statt sie zu schützen. Und welches Jahr haben wir?“
„Das Jahr 2013, ich weiß, ich weiß. Das habe ich schon verstanden. Wo steckt denn da
der Witz, den ich nicht verstehe?“
Lies doch einfach, was da steht Keith!
Ihr Blick sprach Bände und Keith schien davon beeindruckt zu sein. Statt weiter zu
lamentieren, klappte er den Mund wieder zu und nahm sich widerwillig noch einmal die
letzte Seite vor. Er las mit voller Konzentration. Seine Stirn lag in Falten und seine
Augen waren zusammengekniffen doch von einem Augenblick auf den anderen änderte
sich sein Ausdruck plötzlich. So sah es aus, wenn ein Mensch von der Erkenntnis
getroffen wurde, dachte Michelle und atmete auf.
„Besitzer! Es geht um die Leute, die das Haus im Jahr 1913 erworben haben! Sie haben
nicht einfach nur hier gewohnt, sondern ihnen gehörte dieses verdammte Haus.“
„Jetzt hast du es!“
„OK, lass mich mal sagen, wie ich es verstehe: Du glaubst auch, dass wir zwar ein
Problem haben, aber zumindest nicht befürchten müssen, dass uns diese Wesen im
Auftrag der Finca umbringen werden, richtig?“
„Absolut“, pflichtete Michelle ihm bei.
„Gut, denn wir sind ja nicht die Besitzer des Hauses. Es geht um die Besitzer. Wer
immer in einem Jahr 1913, 2013 oder irgendeinem anderen Jahr, das hundert Jahre
nach der Errichtung der Finca liegt im Besitz des Hauses hat, ist in Lebensgefahr.“
Als er merkte, was er da gesagt hatte, schwieg er betreten und sah Michelle zerknirscht
an.
„Ich weiß, was du denkst, Keith. Die Tirados besitzen das Haus und deshalb sind sie in
Gefahr.“
„Vor allem Juanita“, ergänzte er.
„Aber es passt noch nicht ganz zusammen, findest du nicht? Juanita ist von Jake
entführt worden, und der ist aus Fleisch und Blut. Ich glaube nicht, dass die Finca etwas
mit der Entführung zu tun hat. Aber dieser Fluch, oder was immer es ist, kann eine
Chance für uns sein, Juanita zu retten.“
An dieser Stelle schnalzte Keith anerkennend mit der Zunge.
„Was führst du im Schilde? Raus mit der Sprache!“
„Ich finde, das liegt auf der Hand. Wer das Haus in diesem Jahr besitzt, hat den Fluch
am Hals. Momentan ist das Juanitas Familie. Unser Glück, oder das der Tirados, ist,
dass Jake Thorn momentan geradezu darum bettelt, diesen Fluch auf sich zu nehmen.“
Bei diesem Gedanken musste sich Keith vor Freude auf die Schenkel schlagen. Ein
Kind, das seinen Eltern gerade einen gelungenen Streich gespielt hat, hätte nicht
vergnügter wirken können.
Diesen Ausbruch der Freude konnte Michelle zwar bis zu einem gewissen Grad
nachvollziehen, doch sie betrachtete Keith mit gemischten Gefühlen. Zwar war sie auch
der Meinung, dass sie möglicherweise die Lösung für ihr Problem gefunden hatten,
aber zwei Dinge begannen ihr zunehmend penetrant im Kopf herumzuspuken.
„Keith, ich habe trotzdem Angst“, eröffnete sie ihm, was seinen Anfall guter Laune
abrupt beendete. Es war nicht so sehr, was sie gesagt hatte, sondern das Wie. In
Michelles Stimme hatte etwas Alarmierendes gelegen, das sagen wollte:
Wir
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