Der Fluch der Finca
einigem
Wohlstand gebracht hat. Dieser Mann war erfolgreich, aber er hatte Neider. Niemand,
der mehr Erfolg hat als andere, ist überall beliebt, wissen Sie?“
Wenn der Alte eine Reaktion von ihr erwartete, dann konnte er warten, bis er schwarz
wird, das schwor sich Michelle. Ohne eine Regung zu zeigen, blickte sie einfach durch
ihn hindurch.
Das ließ ihn jedoch unbeeindruckt und nach einem spöttischen Achselzucken fuhr er
fort:
„Jedenfalls, junge Dame, stellte dieser Mann fest, dass Erfolg nichts wert ist, wenn man
keine großen Wünsche hat, die man sich durch seinen Erfolg erfüllen kann. Er fragte
sich also, was ihm im Leben noch fehlte und er kam auch zu einem Ergebnis. Es war
die Liebe, die ihm fehlte. Alle sein Geld und all sein Einfluss vermochten die Leere in
seinem Herzen nicht zu füllen. Romantisch, nicht wahr“?“
Keine Reaktion.
„Ich will Sie nicht langweilen, mein arrogantes Fräulein, also kürze ich den Rest der
traurigen Geschichte ab. Ich will Ihr hübsches Köpfchen ja nicht über Gebühr strapazieren.
Die Liebe war also der Schlüssel zur Zufriedenheit dieses erfolgreichen Mannes.
Und er hatte sogar schon die passende Frau im Auge. Doch was sollte er ihr bieten?
Seinen Hof, auf dem es außer Arbeit und Gesinde nichts gab? Nein, eine Frau so schön
wie diese verdiente etwas Besseres. Einen Palast. Und so kaufte er ein Grundstück. Es
war ein großer Flecken, der Platz für ein wunderschönes Haupthaus und später auch
für prächtige Nebengebäude geboten hätte. Doch nichts von alledem wurde wahr.“
„Was ist passiert?“
Enttäuscht stellte Michelle fest, dass Keith nicht daran dachte, die Erscheinung mit
Nicht-Achtung zu strafen. Das allerdings tat der Geist mit Keith. Er sah ihn nicht einmal
an.
„Nein, aus den Träumen des erfolgreichen Mannes wurde nichts, denn am selben Tag,
an dem er das Grundstück erworben hatte, besuchte er seinen Grund und Boden und
wurde dort erschlagen wie ein Hund. Einer der Neider und Konkurrenten hatte die
Gelegenheit beim Schopfe gepackt und war dem armen Mann im Dunkeln gefolgt. Wo
sonst konnte man jemandem so ohne jedes Risiko den Schädel einschlagen, als weitab
von jeder menschlichen Behausung auf einem Feld in dunkler Nacht?“
„Frage ihn, ob er dieser Mann war“, raunte Keith ihr ins Ohr. „Mit mir spricht er nicht“,
schob er hinterher.
Wenn es Keith so wichtig war, dem Geschwafel des Greises einen Sinn abzugewinnen,
dann sollte er seinen Willen eben bekommen. Sie versprach sich nichts davon, außer
einer kleinen Verzögerung, bevor er sie trotzdem beide töten würde.
„Dieser Mann, der erschlagen wurde – das waren Sie. Richtig?“
„Ja, selbstverständlich war ich dieser Mann! Warum erzähle ich Ihnen das wohl, sie
dummes Ding?“
Dieser arrogante Zorn gefiel Michelle wesentlich besser, als die geheuchelte Freundlichkeit,
mit der er sie vorher verhöhnt hatte.
„Ja, ich war der Mann, den irgendein neidischer Bastard wie einen Hund erschlagen
hat. Er hat mir meinen Traum genommen und er hat mir überhaupt alles genommen,
worauf ich all die Jahre der harten Arbeit hingelebt habe.“
Jetzt war er regelrecht außer sich und der Lichtkegel, der ihn einhüllte, flackerte wie
eine Glühbirne, die kurz vor dem Durchbrennen stand. Seine Gefolgsleute brummten
schlecht gelaunt und schüttelten empört ihre Fäuste, um zu demonstrieren, was sie
davon hielten, dass ihrem Anführer einst so übel mitgespielt wurde.
„Und was haben wir damit zu tun? Warum tun Sie uns all das hier an“, schrie Michelle
ihn an. Ihre Augen funkelten vor Zorn und Trotz.
„Das hat überhaupt nichts mit Ihnen zu tun! Bilden Sie sich nicht ein, für mich eine
Bedeutung zu haben. Das haben Sie nicht. Sie sind so unbedeutend, wie ein Käfer
unter meinem Schuh, kleines Fräulein. Sie sind einfach nur im Weg!“
Das machte Michelle sprachlos.
Wir sind einfach nur im Weg? Wir sollen verschwinden und das war´s dann?
„Nein, das war es nicht. Ja, glotze mich nur an mit deinen Kuhaugen. Du glaubst, du
kannst ein Geheimnis vor mir haben? Ich sehe in deinen Kopf wie in ein offenes Buch!
Ich werde dir sagen, worum es geht. Es geht darum, dass ich immer auch ein Mann der
Gerechtigkeit war. Ich habe immer jedem sein Glück gegönnt, oh ja. Doch gönnte man
mir das meine? Nein, man brachte mich um, als ich mein Glück beinahe gefunden
hatte. Doch was ich in der Stunde meines Todes erfahren durfte, war wunderbar. Wollt
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