Der Fluch der grünen Steine
sollten vernünftig miteinander sprechen«, sagte er ruhig. »Ein Mann, der hier lebt und Latein kann.«
»Es ist ein medizinischer Ausdruck«, knurrte Dr. Simpson.
»Damit kommen wir meiner Sache schon näher! Ich suche Dr. Morero.«
»Hier ist er!« rief Dr. Mohr. Er stürzte aus dem Zeltschatten heraus und breitete die Arme aus. »Cris, ich freue mich, als sei es Weihnachten! Ich habe nicht erwartet, daß du so bald kommst.«
Sie umarmten sich, drückten sich an sich und klopften sich auf die Rücken.
Dr. Simpson beobachtete die beiden mit zusammengezogenen Brauen.
»Was soll das?« röhrte er. Aus den Augenwinkeln musterte er Miguel, der unruhig auf seinen baumähnlichen Beinen hin und her stampfte. »Sie kennen den windigen Burschen, Pete?«
»Und wie!« Lachend machte sich Dr. Mohr von Pater Cristobal los. »Der windige Bursche ist ein Priester.«
»O Gott!« entfuhr es Simpson. »Auch das noch!«
»Und wer ist das?« fragte Cristobal. »Medizinisches Latein …«
»Mein Assistent.« Dr. Mohr lachte noch immer. »Darf ich vorstellen: Dr. Aldous Simpson, Gynäkologe.«
»Hervorragend!« Jetzt lachte auch Pater Cristobal, sehr zum Mißfallen von Simpson. »Ein Frauenarzt! Das ist wirklich das Wichtigste, was wir hier brauchen!«
Dr. Simpson brüllte etwas, aber es ging bei dem dröhnenden Lachen von Miguel, das so gewaltig war wie sein Körper, unter.
Die Familie Pebas lag in der Dunkelheit ihres Höhleneinganges. Das heißt, sie hatte sich zur Verteidigung eingerichtet und sich hinter Steinen und Kisten verbarrikadiert. Als Dr. Mohr durch den Vorraum kam, blendete ihn plötzlich ein starker Scheinwerfer. Er riß die Arme hoch und schützte seine Augen vor dem grellen Licht.
»Ich bin's!« sagte er, völlig überrascht.
»Das sehe ich!« Pebas' Stimme war kalt und hart. »Bleib stehen! Beweg dich nicht!«
»Bist du verrückt geworden, Adolfo?« rief Dr. Mohr.
»Es treibt sich zuviel Gesindel herum, seit du hier bist!« sagte Pebas abweisend. »Wie lebten wir ruhig vorher! Aber jetzt, dauernd neue Leute! Wer ist das da draußen?«
»Pater Cristobal und Miguel, der Portier von ›Mamá‹!«
»Ich bringe ihn um!« schrie Pebas dumpf. Mohr hörte, wie der Lauf eines Gewehres gegen einen Stein schlug. Er nahm die Arme herunter, aber er sah nichts. Der grelle Scheinwerfer blendete ihn dermaßen, daß er die Augen wieder schloß. »Miguel! Er hat auch Perdita bewacht! Dieses Misttier darf man ohne Reue abschießen.«
»Darüber solltest du mit dem Pater reden!«
»Ich brauche keinen Priester, um zu fragen, was notwendig ist.« Pebas schien hinter seiner Deckung zu stehen. »Und wer ist der andere?«
»Ein Kollege.«
»Ein was?«
»Ein Arzt.«
»Der versoffene und verhurte Simpson?!«
»Genau der.«
»Was will er hier? Wo er auftritt, bringt er das Unglück hin! Jeder weiß das. Das Unglück klebt förmlich an ihm …«
»Blödsinn! Euer Aberglaube ist geradezu idiotisch! Dr. Simpson wird mein Assistent werden. Er hilft mir im Krankenhaus und bleibt hier!«
»Nicht in meiner Nähe!« Dr. Mohr hörte, wie draußen laute Hammerschläge ertönten. Pater Cristobal und Miguel verloren keine Zeit, sie bauten bereits ihre erste Unterkunft auf. Ein Haus aus Brettern und Zeltleinwand.
»Simpson zieht das menschliche Ungeziefer an wie ein Licht«, beharrte Pebas.
»Glaubst du, in mein Krankenhaus kommen nur blankgescheuerte Seelen? Es ist für jeden Kranken da, und ich werde keinen fragen, was er heimlich mit sich herumschleppt. Mich interessiert nur seine Krankheit.«
»Bis einer kommt, der seine Medikamente mit dem Revolver bezahlt.«
»Kein Beruf ist ohne Risiko, Adolfo. Auch sichere Beamte sind schon von wütenden Bürgern erschossen worden!« Dr. Mohr blinzelte. »Verdammt! Stell den Scheinwerfer aus! Ein blinder Arzt nutzt euch gar nichts!«
Das grelle Licht erlosch. Pebas kam hinter seiner Steindeckung hervor und ging an Mohr vorbei zu dem blättergedeckten Vorbau. Dort blieb er im Dunkeln stehen und beobachtete Pater Cristobal und Miguel, die ihre Packmulis abluden. Dr. Simpson war noch mit seinem Zelt beschäftigt. Er trug dicke Steine heran und schichtete sie wie eine kleine Mauer vor den Eingang. Eine Schutzwehr, die im Ernstfall erst überwunden werden mußte!
Dr. Mohr öffnete wieder seine Augen. Wie einen verschwimmenden Umriß sah er Margarita jenseits der kleinen Barrikade stehen. Auch sie trug ein Gewehr in der Hand.
»Ihr seid verrückt geworden!« sagte Dr. Mohr
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