Der Fluch der grünen Steine
Aufschrei. Margarita stürzte nach vorn an den Tisch und fiel vor ihrem Vater auf die Knie. Pebas zog das Kinn an.
»Also doch«, sagte er tonlos.
»Ja.«
»Ich liebe ihn auch, Vater!« rief Margarita und umklammerte Pebas' Knie. »Wenn du ihn umbringst, dann töte mich gleich mit.«
»Ich habe zwei Töchter«, sagte Pebas langsam. »Zwei herrliche Töchter. Das Schönste, das einem Vater beschert werden kann. Gottes Segen nennt man so etwas. Aber was ist daraus geworden? Die eine ist eine verdammte Hure, die ihre Schönheit für Pesos und Smaragde verkauft, die andere …«
»Ehe du weitersprichst«, fiel ihm Dr. Mohr ins Wort. Er hielt seine Faust über den Tisch. »Wenn der eigene Vater nicht an die Ehre seiner Tochter glaubt, bringe ich ihm das bei! Jetzt weiter, Adolfo.«
Pebas atmete schnaufend durch die Nase. »Du bist ein Studierter, sie ist die Tochter eines Guaquero! Das geht nicht gut!«
»Ich liebe einen Menschen, nicht seine Herkunft!«
»Rederei! Du gehst zurück in die Stadt, in das reiche Leben, zu Tausenden von eleganten, gebildeten Frauen, was soll Margarita da? Sie ist eine Orchidee, die in dieser Luft verkümmert. Sie braucht keine andere Frau zu scheuen, aber man wird sie überall in deiner Welt auslachen, über sie spotten. Das schöne Sumpfgewächs aus den Bergen – keiner wird sie anerkennen, überall wird sie eine Fremde sein, nur geduldet, weil sie an deiner Seite ist. Unter Tausenden wird sie der Einsamste sein. Im Licht wird sie umherirren wie eine Blinde, und alle Blicke, die auf sie fallen, werden sie niederstechen, bis sie daran gestorben ist! Das soll ich mit meiner Tochter machen lassen?«
»Ich werde nicht weggehen! Ich baue hier mein Krankenhaus und bleibe bei den Guaqueros.«
»Und wenn ich meine grüne Ader finde? Du weißt, sie ist dort im Berg. Ich spüre sie wie ein Jucken auf der Haut, ich rieche sie fast. Was ist dann? Endlich kann ich mir dann ein Leben als Millionär leisten. Du aber willst mit Margarita in dieser Hölle zurückbleiben? Nie, Pete, nie lasse ich das zu!«
»Was willst du eigentlich, Adolfo?« Dr. Mohr beugte sich über den Tisch. Das war gefährlich, denn damit kam er in die Griffnähe von Pebas. Aber Adolfo dachte nicht daran, blitzschnell seine Hände um Dr. Mohrs Hals zu werfen. Er streichelte den Kopf seiner Tochter, die sich an seine Knie preßte. »Einmal bist du der Vogelfreie, das andere Mal träumst du von Millionen! Aber was man auch sagt, es ist immer falsch!«
»Wir reden noch darüber, Pete!«
»Es wird sich nichts ändern: Ich liebe Margarita.«
»Du willst sie heiraten?«
»Natürlich. Sobald das Krankenhaus fertig ist und Pater Cristobals Kirche steht. Er wird uns trauen.«
»Ich fürchte«, sagte Pebas dunkel, »das Krankenhaus wird nie fertig werden!«
7
Am nächsten Morgen erschienen wieder, in drei Kolonnen anrückend, fast mit militärischer Ordnung, die Männer aus der ›Burg‹. Sie bauten sich am Rande des Plateaus auf und blickten finster auf das Zelt von Dr. Simpson. Der Steinwall war in der Nacht hoch genug geworden, und hinter dem Wall saß Dr. Simpson neben seinem Minenwerfer und hatte das Rohr geladen. Auf der anderen Seite, halb fertig, stand das Wohngebilde des Priesters. Pater Cristobal kroch aus seinem Schlafsack. Miguel war bei Sichtung der wild aussehenden Männer sofort hinter dem Haus in Deckung gegangen. Dr. Mohr, der auf die Männer gewartet hatte, kam dem Anführer, dem Bärtigen, mit ausgestreckten Armen entgegen.
»Neue Freunde sind gekommen«, sagte er.
»Das sehe ich!« Der Bärtige übersah Dr. Mohrs Hände. »Ob es Freunde sind, wird sich erst noch herausstellen. Die Wachen haben gemeldet, daß hier in der Nacht einiges los war. Stimmt es? Simpson soll hier sein?«
»Dort drüben am Zelt steht er.«
»Das ist Simpson? Der Kerl mit dem Minenwerfer? Wissen Sie, Doctor, wen sie da hierbehalten haben?«
»Einen Arzt. Ich kann ihn gut gebrauchen, ein einzelner für 30.000 Menschen, das ist ein bißchen wenig! Meine Kollegen, die Krankenscheinsammler, würden zwar über eine solche Praxis jubeln, aber ich habe, ganz ehrlich, Angst davor.«
»Jeder Dritte von uns ist irgendwie krank.«
»Das wären also 10.000! Für einen allein! Unmöglich!«
»Sie haben sich ja diesen Blödsinn in den Kopf gesetzt, nicht ich! Und nun glauben Sie, dieser Simpson, dieses Loch, das man nur mit Schnaps auffüllen kann, könnte Ihnen helfen? Der säuft Ihnen Ihren Desinfektionsalkohol weg!«
Der Bärtige hatte
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