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Der Fluch der grünen Steine

Der Fluch der grünen Steine

Titel: Der Fluch der grünen Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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meinen Koffer«, sagte Dr. Mohr.
    »Und ich mein Abendmahl.« Pater Cristobal wandte sich ab.
    Allein standen sich nun der Bärtige und Dr. Simpson gegenüber. Sie sahen sich an, eine ganze Weile, wortlos, sich mit Blicken bekämpfend. Dann lächelten sie und steckten die Hände in die Hosentaschen.
    »Pißpottschwenker!« sagte der Bärtige gefühlvoll.
    »Paragraphenscheißer!«
    »Kann man … ich meine … könnte man im Notfall hier eine Kaiserschnittoperation machen …?«
    »Man kann … mit allen Risiken«, sagte Dr. Simpson. »Wie ich Pete kenne, würde er es wagen.«
    »Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Sie würden meine Frau krepieren lassen.«
    »Ich würde eher das Kind opfern …« Dr. Simpson hob hilflos beide Arme. »Die Entscheidung liegt bei Ihnen.«
    »Bei mir?« Der Bärtige wischte sich wieder über das Gesicht. »Wieso denn?«
    »Sie müssen entscheiden, was Ihnen lieber ist: die Frau oder das Kind! Nur einer kommt durch.« Dr. Simpson hob wie frierend die Schultern. Aus der Pebas-Wohnung trat Dr. Mohr heraus, in der Hand seinen schweren, metallenen Arztkoffer. »Hier ist alles verflucht! Belügen wir uns doch nicht selbst«, sagte er seufzend.
    Nach längerem Fußmarsch durch eine steinige Schlucht, in der man mühsam einen engen Trampelpfad durch das Pflanzendickicht errichtet hatte, erreichten der Bärtige, Dr. Mohr, Dr. Simpson und als Schlußlicht Pater Cristobal ein Seitental, das sich, eng wie ein Schlauch, durch die Felswände preßte. Man hatte in den dichten Bergwald eine große Rodung geschlagen und aus dem so gewonnenen Holz, den Ästen und den Blättern Behausungen gebaut. Sieben Hütten standen im Kreis, wie eine Wagenburg, und waren gegen Angriffe zusätzlich noch mit einer Steinmauer und zugespitzten Palisaden gesichert. Die meisten Bewohner waren Frauen und Kinder. Die Männer wühlten sich die ganze Woche über durch die Minen, trieben Stollen in den Berg, siebten, wuschen, zerkleinerten die Steine und sortierten die Funde, meist armselige, trübe, in der Farbe nur schlechte Smaragde, die auf dem Markt keinen hohen Preis erzielten. Nur die Edelsteinschleifer verdienten später daran. Sie spalteten die Steine in hauchdünne Plättchen und klebten diese dann auf herrlich grüne und saubere Synthetiks, nannten das wirklich attraktive Werk ›Smaragd-Doubletten‹ und verkauften die Steine, in kunstvollen Fassungen, zu einem sehr gewinnträchtigen Preis.
    Aber davon hatten die Guaqueros in den Bergen von Muzo keine Ahnung. Sie krochen in die niedrigen Stollen, zogen ihre Atemschläuche hinter sich her, hämmerten sich zentimeterweise weiter und lagen nach vier oder fünf Stunden unter Tage wie tot vor den Minengängen, pumpten die Luft in sich hinein, zitterten am ganzen Körper und waren sogar zu schwach, über ihr Leben zu fluchen. Die Beute des Tages: Nichts. Höchstens ein paar winzige grüne Körner, die wie Schimmel im Gestein geklebt hatten. Aber das genügte. Die Hoffnung wuchs mit jedem Fund. Wo es in dem Strahl der vor den Kopf gebundenen Batterielampen grün aufleuchtete, da mußte es, irgendwo tief drinnen in dem verfluchten Felsen, noch mehr von diesen grünen Steinen geben. Größere Steine, wasserklares Kristall … und damit Geld, Geld, Geld!
    Das Camp wurde von vier Greisen bewacht, die nicht mehr in die Minengänge kriechen konnten und die man miternährte, weil sie Holz hackten, Ausbesserungsarbeiten an den Häusern ausführten, Schweine und Ziegen schlachteten, Wurst herstellten, auf die Jagd gingen oder einmal im Monat mit ein paar Mulis nach Penasblancas zogen, um dort im Magazin einzukaufen: Dynamit zum Sprengen, Munition, Salz und andere Gewürze, Kleidung, Werkzeuge, Batterien, Mehl, Mais, Zucker, Trockenfrüchte, Bohnen, Erbsen, Seife und Schnaps. Auch die aktuellsten Nachrichten brachten sie mit. Die seit langem sensationellste Meldung war, daß ein Arzt und ein Priester in die Berge gezogen waren. Man lachte darüber ausgiebig, mehr über den Pfaffen als über den Médico. Einen Medizinmann konnte man noch gebrauchen, aber was wollte jemand bei den Smaragdminen, der nur heilige Sprüche klopfte, von Gottes Liebe erzählte und vom Paradies sprach, wo man doch schon längst in der Hölle wohnte.
    Wie überall bei den Guaqueros klappte auch hier im Camp das Informationssystem. Der kleine Trupp der vier Männer war längst avisiert worden. Am Eingang der Mauer und Palisaden standen vier Greise mit Gewehren. Im Camp selbst war es so still, als sei es verlassen. Alle

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