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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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betreten hatten, von vielen Toten und großen Verlusten an Pferden.
    In einem jedoch war sich Lukas nach wie vor sicher: Wenn den beiden jungen Männern etwas zugestoßen wäre, die er auf diese gefährliche Reise geschickt hatte, würde Marthe das spüren. Also wollte er sie nicht mit Gerüchten beunruhigen.
    Sie machte sich ohnehin schon zu viele Sorgen: um Ottos Gesundheit, um ihren kleinen Sohn, den sie in Freiberg hatte lassen müssen und vermisste, und um Clara, deren Schwangerschaft nun ein ganzes Stück fortgeschritten sein musste.
    Es ist schon ein merkwürdiger Gedanke, einen Enkel zu bekommen, dachte Lukas. Auch wenn Clara nur seine Stieftochter war, stand sie ihm so nah wie eine leibliche Tochter – vielleicht deshalb, weil er sie von ihren ersten Lebenstagen an hatte aufwachsen sehen.
    Manchmal ertappte er sich bei der Überlegung, ob und vor allem
wie
er sich angesichts des zu erwartenden Nachwuchses etwas großväterliche Würde zulegen sollte. Doch das führte stets nur dazu, dass er über sich selbst lachen musste. Wenn sein Enkel ein Junge würde, dann könnte er ihm das Reiten und den Umgang mit den Waffen beibringen, sobald er sich auf seinen Füßen halten konnte. Und wenn es ein Mädchen wird … nun, dann würde es sicher aussehen wie eine winzige Ausgabe von Clara und Marthe, und sein Herz würde ihm bei dem Anblick aufgehen.
    Doch vorerst genossen er und Marthe auf dieser Reise das Zusammensein mit Christians jüngstem Sohn Daniel.
    Wenn sie nicht unterwegs waren, hatten die Knappen unter Hartmuts gnadenloser Anleitung mit den Waffen zu üben, und Lukas ließ sich natürlich die Gelegenheit nicht entgehen, zu prüfen, wie sich Daniel inzwischen machte, der mit seinen vierzehn Jahren immer noch zu den jüngsten Knappen zählte.
    »Überlasst mir meinen Stiefsohn für ein paar zusätzliche Lektionen«, bat er Hartmut während einer Rast, weil er selbst langsam das Gefühl hatte, einzurosten, wenn er sich bei diesem nasskalten Wetter nicht etwas Bewegung verschaffte.
    Daniel wurde blass bei diesen Worten. Nach einem schon fast verzweifelten Blick zu seinem Freund Johannes folgte er seinem Stiefvater mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern, nachdem Hartmut zugestimmt hatte.
    »Was ist los?«, fragte Lukas aufmunternd, dem die niedergeschlagene Miene seines Ziehsohnes nicht entging.
    »Ihr seid also nicht zufrieden mit mir«, murmelte Daniel. »Dabei gebe ich wirklich mein Bestes. Als Thomas noch da war, haben er und Roland heimlich mit mir geübt …«
    »Das erwarte ich von dir, dass du dein Bestes gibst. Schließlich hast du einen großen Namen zu verteidigen – den deines Vaters. Und ich selbst möchte auch nicht beschämt werden.«
    Lukas grinste und beugte sich zu dem Jungen vor, der in letzter Zeit ziemlich in die Höhe geschossen und mittlerweile nur noch einen halben Kopf kleiner war als er. »Ich bin da ein bisschen eitel, weißt du? Obwohl Eitelkeit eine Sünde ist und mir Pater Hilbert für dieses Eingeständnis sicher eine Woche Fasten auferlegen wird.«
    Zaghaft erwiderte Daniel das Grinsen.
    Dann wurde Lukas ernst. »Ich will, dass du überlebst, Junge, versteht du? Dafür musst du besser sein als die anderen, besser als jeder deiner Gegner. Und von denen wirst du vermutlich einmal mehr haben, als uns allen lieb sein kann.«
    Daniel nickte. Das hatte er längst begriffen.
    Sie sattelten ihre Pferde und ritten gemeinsam ein Stück fort – etwas, wofür Daniel sehr dankbar war. Wenn ihm der Stiefvater schon sein mangelndes Können im Schwertkampf vorführte, dann wenigstens nicht vor aller Augen.
    Lukas beobachtete zufrieden, wie sicher der Junge im Sattel saß, und gab ihm eine halbe Meile abseits des Lagers das Zeichen, zu halten und abzusitzen.
    Daniel sprang aus dem Sattel, band sein Pferd an und zog das Übungsschwert aus der Halterung. Doch statt in Kampf- oder Verteidigungsposition zu gehen, hielt er die Waffe gesenkt.
    »Darf ich Euch etwas fragen?«
    »Nur zu!«, ermutigte Lukas ihn.
    »Es steht nun also unverrückbar fest, dass Albrecht der nächste Herrscher über die Mark Meißen wird, nicht wahr? Was werdet Ihr tun? Werdet Ihr ihm den Treueeid schwören? Oder werden wir alle die Mark verlassen?«
    Lukas hatte das sichere Gefühl, dass Daniel diese Frage schon ausführlich mit seinem älteren Bruder Thomas besprochen hatte, bevor jener fliehen musste.
    Er bedeutete seinem Stiefsohn, sich neben ihn auf einen umgestürzten Baumstamm zu setzen. Diese Unterredung

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