Der Fluch der Hebamme
Thomas erschüttert.
Ich
wollte diesen Kampf …
Schweigend ritten sie zurück und übergaben die Gefangenen sofort dem Grafen von Weißenfels, der wie alle im Rat der Sechzig richterliche Befugnisse hatte.
Dietrich sah auf den toten Knappen, ließ sich berichten, was geschehen war, und fragte die Gefangenen, ob sich der Vorfall so zugetragen hatte.
Als niemand widersprach, befahl er mit erstarrter Miene: »Hängt sie auf!«
Es fanden sich genug Freiwillige im Weißenfelser Lager, die bereit waren, diesen Befehl auszuführen. Die Verurteilten hatten ihre Leute angegriffen und einen von ihnen getötet. Auch wenn anfangs viel über ihn gespottet worden war, hatte sich Philipp in den letzten Wochen durch seinen verbissenen Fleiß Achtung erworben.
Dietrich wies Roland einen neuen Knappen zu, ebenfalls einen ganz jungen. Roland sträubte sich dagegen. »Ich habe auf meinen ersten Knappen nicht aufpassen können, wie es meine Aufgabe war. Ihr könnt mir nicht noch einmal jemanden anvertrauen!«, redete er mit düsterer Miene auf Dietrich ein. Doch der ließ nicht mit sich handeln.
Im königlichen Feldlager vor Braunschweig
R einhard brauchte mit seinen beiden Begleitern Kuno und Bertram in scharfem Ritt eine Woche, bis er das königliche Heer erreichte und dort Albrecht von Wettin und dessen Mitstreiter fand.
Die Belagerung Braunschweigs stand – das war nicht zu übersehen – unmittelbar vor dem Abbruch. Während das königliche Heer nichts gegen die wehrhafte Stadt ausrichten konnte, hatten der Löwe und seine Söhne nach Bardowick auch Lübeck eingenommen.
Allerdings zerstörten sie das welfentreue Lübeck nicht, sondern hielten dort triumphalen Einzug. Solche Nachrichten und das eiskalte Wetter sorgten unter den Belagerern für denkbar schlechte Stimmung.
Winzige Schneeflocken wirbelten herab, als Reinhard sich den Weg zwischen den Zelten bahnte. Der Boden war schlammig, und an den Pfützen hatten sich bereits Eisränder gebildet, die unter seinen Schritten knirschend zersplitterten.
Er wies Kuno und Bertram an, in einigem Abstand zu warten und aus der Ferne zu beobachten, was geschah. Falls Albrecht ihm nicht traute und ihn hinrichten ließ, mussten sie sich sofort nach Freiberg durchschlagen und die anderen warnen.
Dann trat er zu dem Zelt, in dem Albrecht sich aufhalten sollte. Die Wachen kannten ihn und begrüßten ihn ehrfürchtig, ebenso ein paar Knappen, die bei ihnen standen und vor Kälte mit den Zähnen klapperten.
Im vorderen Teil der Unterkunft waren Elmar und Giselbert mit schweren Umhängen über den Schultern neben einem Kohlebecken in ein Schachspiel vertieft, während Gerald etwas abseits saß und mit dem Becher in der Hand vor sich hin starrte.
Elmar begrüßte ihn als Erster – mit prüfendem Blick.
»Ich nehme an, du bringst wichtige Neuigkeiten? Die, auf die wir warten?«
»Ja und nein«, antwortete Reinhard. »Der alte Markgraf liegt im Sterben. Und er will seinen Sohn sehen.«
»Tatsächlich?
Das
will er?«, fragte Elmar mit hochgezogenen Augenbrauen. »Es muss in der Tat schlecht um ihn stehen bei solchem Sinneswandel.«
Er bewegte eine seiner Figuren und sagte »Schachmatt!« zu Giselbert.
Der Feiste starrte verwundert auf das Spielbrett, runzelte die Stirn und begriff erst nach einigem Überlegen, wieso er das Spiel verloren hatte. »Es ist wirklich aussichtslos, gegen dich anzutreten. Ich weiß nicht, warum ich es immer wieder versuche«, meinte er mürrisch und stand ebenso wie die anderen beiden auf, um Reinhard zu begrüßen.
»Alter Freund, bring uns etwas Abwechslung in dieses Elend!«, ächzte er. »Es war ein wirklich schlechter Einfall, bei solchem Wetter auf Kriegszug gehen zu wollen. Noch dazu gegen eine wehrhafte Stadt wie Braunschweig!«
Trotz des Kohlebeckens war es so kalt im Zelt, dass sein Atem beim Sprechen kleine Wolken bildete.
»Du musst noch etwas warten«, sagte Elmar zu dem Neuankömmling und wies mit dem Kopf auf den hinteren Teil des Zeltes, der durch einen Leinenvorhang abgetrennt war. »Gerald ist meilenweit geritten, um ein paar ansehnliche Huren für die beiden jungen Markgrafen aufzutreiben. Aber sie sollten bald fertig sein.«
Also war vermutlich der Graf von Groitzsch bei Albrecht. Und den Geräuschen nach zu urteilen, schienen beide mit den Huren sehr beschäftigt. Reinhard hörte Fleisch aufeinanderklatschen, Frauen stöhnen und seufzen, und eine helle Stimme jubelte: »Was für eine stattliche Lanze!«
Dann erklang von
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