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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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gefangen gesetzt, um den Markgrafentitel für sich zu erzwingen. Doch die Bestürzung war nicht gespielt. Irgendetwas musste ihn um die Fassung gebracht haben.
    Nachdem der künftige Fürst von Meißen gegangen war, wandte sich Heinrich zu seinem Kanzler Diether von Katzenelnbogen.
    »Ist die Mark Meißen eigentlich ein Erblehen des Hauses Wettin?«, fragte er nachdenklich, obwohl er die Antwort darauf wissen musste.
    »Das ist sie«, gab dieser Auskunft. Weil er sofort begriff, worauf diese Frage des Königs zielte, fügte er hinzu: »Aber Albrecht hat noch keinen männlichen Erben.«
    Heinrich beschloss, diese Sache im Auge zu behalten. Wenn Ludwig von Thüringen auf seiner Wallfahrt starb, fiel die Landgrafschaft zurück an die Krone. Das Pleißenland war ohnehin Königsland, und die reiche Mark Meißen würde sich vortrefflich daran angliedern lassen, falls Albrecht jung starb.
    Doch erst einmal musste er sich um Sizilien kümmern.

Sühne
    D ie Tage verstrichen zäh auf dem Meißner Burgberg, ohne dass das erhoffte Wunder eintrat und der alte Markgraf sich von seinem Krankenlager erholte.
    Marthe und Hedwig achteten sorgfältig darauf, dass nichts den Kranken aufregen konnte, und dank Marthes aufopfernder Pflege ging es Otto etwas besser. Er schien nun seine Umgebung wahrzunehmen und verzweifelt nach einem Weg zu suchen, sich mitzuteilen. Denn er konnte weder sprechen noch schreiben und hatte keine Gewalt über seinen Körper. Eine Gesichtshälfte war gelähmt und schlaff, die andere verzerrt, was den hilflosen Eindruck noch verstärkte, den der Kranke bot. Doch es ließ sich nicht länger leugnen, dass seine Tage gezählt waren.
    Nacheinander trafen seine Töchter auf dem Burgberg ein: Adela in Begleitung ihres Mannes, des böhmischen Herzogs Otaker Premysl, der sofort wieder abreiste, nachdem er seine Frau wohlbehalten auf dem Burgberg abgeliefert hatte, und Sophie mit ihrem Gemahl Ulrich von Böhmen und großem Gefolge.
    Auch Dedo von Groitzsch entschloss sich nach einigem Zögern, die für ihn beträchtlichen Anstrengungen einer Reise auf sich zu nehmen, um seinem Bruder in der Sterbestunde beizustehen – wenngleich mit schlechtem Gewissen, denn er hatte Albrecht zugeredet, seinen Vater zu entmachten. Doch schließlich war der feiste Markgraf der Ostmark der letzte noch lebende von Ottos vier jüngeren Brüdern.
    Dass Dietrich nicht kommen konnte, um sich von seinem Vater zu verabschieden, war jedem bewusst. Er war nun wahrscheinlich schon tausend Meilen von hier entfernt, und es bestand nicht einmal die Möglichkeit, ihm eine Nachricht zu schicken.
    Nun wartete jedermann auf dem Burgberg mehr oder weniger bange, ob und wie Albrecht erscheinen würde, um seinen Vater sterben zu sehen, bevor der dessen Erbe übernahm.
     
    Albrecht traf drei Tage nach seinem Oheim Dedo in Begleitung etlicher seiner Ritter ein. Auch sein schon vorzeitig ernannter Truchsess, sein Marschall und sein Mundschenk kamen mit ihm, ebenso – zu Lukas’ und Raimunds Erleichterung – ihr Freund Reinhard.
    Doch wer erwartet hatte, dass Albrecht seine Ankunft mit großem Gepränge gestalten würde, erlebte eine Überraschung.
    Ohne sich um Begrüßungszeremonien zu kümmern, stieg Ottos Erstgeborener hastig aus dem Sattel und ließ sich ungewohnt höflich bei seiner Mutter melden.
    Hedwig, von Sorgen und fehlendem Schlaf zermürbt, sammelte ihre letzte verbliebene Kraft, um sich auf ein Wortgefecht mit ihrem Sohn vorzubereiten. Hilfesuchend richtete sie den Blick auf Lukas, der sich sofort erhob und hinausging, um Albrecht bereits auf dem Hof entgegenzutreten.
    »Willkommen in Meißen«, begrüßte er ihn. »Seid Ihr gekommen, um die Regentschaft zu übernehmen?«
    »Ich bin gekommen, um mich in Frieden von meinem Vater zu verabschieden«, entgegnete Albrecht streng. Dann jedoch brach wieder etwas von seiner alten Hochfahrenheit durch.
    »Und Ihr, seid Ihr gekommen, um mir die Treue zu schwören?«
    »Wenn Euer Vater von uns gegangen ist, seid Ihr der rechtmäßige Herr der Mark Meißen«, antwortete Lukas ruhig. »Sofern Ihr dann meine Dienste wünscht, werde ich Euch den Treueeid leisten.«
    Albrecht erwiderte nichts, sondern ging hinauf in die Kammer seiner Eltern.
    »Mutter, Schwestern, Oheim!«, begrüßte er die dort beieinandersitzenden Familienmitglieder, als habe es nie Streit gegeben. »Wie geht es ihm?«
    »Der Dompropst sagt, er solle seinen Frieden mit der Welt machen«, erklärte Adela, seine älteste Schwester, die

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