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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Blickes mehr gewürdigt.
    Die meisten der Anwesenden überkam ein äußerst ungutes Gefühl, und sie fragten sich besorgt, ob sie wohl unbeabsichtigt den Unwillen des Herrschers erregt hatten. Manch einer sprach sicherheitshalber schnell ein stilles Gebet, jetzt bloß nicht in den Mittelpunkt des fürstlichen Zorns zu geraten.
    »Kaum zurückgekehrt vom Hoftag unseres Königs, der mich mit höchster Gnade empfing, musste ich feststellen, dass Männer, die mir Ergebenheit geschworen hatten, mich um die gewaltige Summe von dreitausend Mark Silber prellen wollten: Lukas von Freiberg und Reinhard von Reinhardsberg.«
    Für einen Moment flammte Lärm auf im Saal. Aber niemandem wäre es eingefallen, sich einzumischen. Jeder wartete ab, was nun geschehen würde, doch kein Mensch in dieser Runde rechnete damit, dass die Angeklagten ungeschoren davonkamen.
    »Ergreift sie und führt sie in Fesseln vor!«, befahl Albrecht seinen Wachen.
    Lukas erhob sich ruhig und schaffte es gerade noch, Marthe zuzuflüstern: »Bete für mich, aber weine nicht um mich!«
    Für ihn war das schon ein endgültiger Abschied.
    Er leistete keinen Widerstand, das hätte nichts genützt, sondern ließ zu, dass sein Schwager ihn an den Schultern packte, vor der hohen Tafel auf die Knie drückte und ihm die Hände auf den Rücken band, während Reinhard von dem unverkennbar triumphierenden Rutger in Fesseln gelegt und durch die Halle gestoßen wurde.
    Während der kurzen Zeit, die es dauerte, bis die beiden Ritter nach vorn geführt und vor Albrecht auf die Knie gezwungen wurden, winkte Hartmut, der alte Waffenmeister, Marthes Sohn Daniel zu sich, den er mit Bedacht ganz in seiner Nähe postiert hatte.
    »Schau mich jetzt an, als würde ich dir einen ganz normalen Befehl geben«, sagte er ungewohnt leise, und der Knappe begriff sofort und nickte mit gehorsamer, aber beherrschter Miene.
    »Du gehst jetzt ganz unauffällig, als hättest du nichts Besonderes vor, Richtung Dom, schreitest durch die Kirche, als wolltest du beten, und legst die Hand auf den Altar, um Kirchenasyl zu erbitten. Oder du begibst dich zu den Ställen, sagst, du hättest einen Auftrag von mir, und reitest nach Freiberg, um deine Schwester in Sicherheit zu bringen. Dann aber seid ihr beide auf euch allein angewiesen.«
    »Wie Ihr wünscht, Herr«, antwortete Daniel, verneigte sich und ging hinaus, ohne noch einmal einen Blick zurückzuwerfen. Nicht zu langsam, nicht zu schnell, obwohl ihm klar sein musste, dass es gleich für seinen Stiefvater um Leben oder Tod gehen würde und Albrechts Zorn auch vor dem Rest seiner Familie kaum haltmachen würde.
    Tapferer Bursche, dachte Hartmut. Kommt ganz nach dem Vater. Ich bete zu Gott, dass es ein besseres Ende mit ihm nimmt. Und
     dass er nicht auch noch Stiefvater und Mutter verliert.
    »Ihr behauptet, mein seliger Herr Vater habe Euch beauftragt, dieses Geld im Kloster zu verstecken, doch das ist eine Lüge, wie sich gezeigt hat«, eröffnete der Fürst unterdessen die Anklage.
    »Ich habe Euch nicht betrogen, Hoheit! Ich schwöre jeden Eid …«, begann Lukas, aber Albrecht schnitt ihm das Wort mit einer herrischen Geste ab.
    »Da Gott keinen Blitzstrahl auf mich niederschmetterte, als ich es vom Altar nahm, gehört dieses Silber rechtens mir!«, rief er in den Saal. »Und dass Ihr solche Mengen aus der Freiberger Münze nach Marienzelle schaffen konntet, zeigt mir, dass aus den Freiberger Gruben noch viel mehr Schätze herauszuholen sind, die mir gebühren. Betrachtet es als Zeichen meiner außerordentlichen Milde, dass ich Euch eine Gelegenheit biete, Euren Ruf wiederherzustellen. Als Entschädigung und Zeichen Eurer aufrichtigen Reue werdet Ihr mir binnen einer Woche weitere dreitausend Mark Silber aus Freiberg bringen – und wenn Ihr dafür die Truhen jedes Krämers und die Herdstellen jedes Häuers durchwühlen müsst.«
    »Wenn du diesen Tag überleben willst, sag besser kein Wort mehr«, meinte Gerald leise zu seinem vor ihm knienden Schwager. »Es sei denn, du willst dich vor ihm zu Boden werfen und um Gnade bitten.« Seine Worte waren diesmal völlig ohne Hohn.
    Doch Lukas konnte diesen ehrlich gemeinten Rat nicht befolgen. »Hoheit, eine solch gewaltige Summe werdet Ihr in einem ganzen Jahr in der Stadt nicht zusammenbringen können!«, versuchte er gegen alle Hoffnung, an Albrechts Vernunft zu mahnen.
    »Das liegt ganz bei Euch, wie ernsthaft Ihr die Sache vorantreibt«, widersprach der Markgraf erbarmungslos. »Nehmt die

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