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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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leidet. Bis du nachgibst und bereust und den Fluch zurücknimmst!«
    Nun wandte er sich Lukas zu. »Es liegt an Euch, Euer Weib zur Besinnung zu bringen! Befehlt ihr, den Fluch aufzuheben, oder meine Männer werden sie schänden, Tag für Tag. Und Ihr werdet Qualen erleiden, die Ihr Euch nicht einmal auszumalen wagt. Wollt Ihr das? Wollt Ihr das wirklich?«
    »Ich nehme jede Strafe auf mich, wenn Ihr nur meine Frau verschont!«, brachte Lukas beinahe flehend hervor. Dabei wusste er, dass sie Marthe niemals gehen lassen würden.
    Für einen Moment hatte sie ihm das Leben bewahrt – doch um welchen Preis? Er konnte den Gedanken nicht ertragen, was ihr jetzt bevorstand.
    »Ihr wisst, was zu tun ist, wenn Ihr Gnade für sie wollt«, hielt ihm Elmar eiskalt vor.
    Lukas sah Marthe an, und sie ihn, während der Knebel sie würgte. Mit ihrem Blick bat sie um Verzeihung dafür, was er nun würde erdulden müssen …
    Lukas wollte sich in seinen Fesseln aufstemmen, aber unnachgiebige Arme drückten ihn nach unten. Als niemand von beiden antwortete, befahl Albrecht: »In das tiefste Verlies mit dem Kerl! Und holt sofort den Folterknecht. Hartmut, Ihr haftet mit Euerm Kopf dafür, dass der Gefangene nicht entkommt. Das Weib schafft ebenfalls in eines der Verliese. Ihr könnt mit ihr machen, was ihr wollt. Hauptsache, sie stirbt nicht, bevor sie den Fluch widerrufen hat. Und ich erhöhe die Belohnung auf zehn Mark Silber.«
    Die Ankündigung einer solch enormen Summe löste bei den Wachen gewaltige Aufregung aus.
    Während Lukas sich mit einem markdurchdringenden Wutschrei aufbäumte, folgten ein paar Dutzend Männer Rutger, der Marthe frohlockend vor sich herstieß.
     
    Randolfs Sohn zerrte Marthe ins Verlies, begleitet von einer ganzen Horde Männer, die bereits auf den Treppenstufen voreinander prahlten, wie sie es der Hure besorgen würden.
    Immer noch geknebelt, wurde Marthe zu Boden gestoßen, kam aber trotz der pochenden Schmerzen sofort wieder auf.
    Die Schaulustigen an der Tür machten Platz, um Elmar einzulassen, der eine Fackel trug.
    Mit halb zusammengekniffenen Augen leuchtete er ihr ins Gesicht. »Du ersparst dir viel Ärger, wenn du gleich widerrufst.«
    Er zog ihr den würgenden Handschuh aus dem Mund und musterte sie. Als er in ihrem Gesicht kein Nachgeben erkennen konnte, riss er ihr Schleier und Schapel vom Kopf, trat zwei Schritte zurück und machte eine einladende Geste zu den ungeduldigen Männern hinter sich.
    »Los, ihr könnt sie nehmen! Bringt ihr Demut vor unserem Fürsten bei. Und lasst euch nicht täuschen von ihrem Kleid – sie ist eine Hure, ich selbst hab sie wohl an die hundert Mal gehabt.«
    Marthe straffte sich und sah demjenigen in die Augen, der den ersten Schritt in ihre Richtung machte. Sie hatte nur diese eine Möglichkeit, dem Grauen zu entkommen: Sie streckte ihm die Finger der rechten Hand entgegen und machte damit ein abwehrendes Zeichen – etwas, das der Mann für einen Zauberbann hielt, denn sofort wich er einen halben Schritt zurück. So stand Marthe und hielt allein mit ihrer Geste die Meute von sich fern.
    Elmar erkannte, dass er soeben eine Niederlage erlitten hatte. Selbst er wagte es nun nicht mehr, über sie herzufallen wie vor vielen Jahren.
    Er trat näher und sah ihr drohend in die Augen.
    »Ein Mann von meinem Stand macht sich nicht die Hände dreckig an solchem Abschaum wie dir. Aber wir kriegen dich klein«, fauchte er. Dann ging er hinaus, und die Männer folgten ihm hastig.
    Marthe hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde und ein Schlüssel im Schloss klirrte. Erst da ließ sie sich zu Boden sinken und kauerte sich zusammen.
    Vor ihren Augen sah sie wieder und wieder Reinhard sterben. Sie meinte, Lukas’ Schreie zu hören, sah seinen wütenden, fassungslosen Blick, glaubte, am eigenen Leib die Schmerzen zu spüren, die er erdulden musste, und sie suchte verzweifelt nach einer Antwort, ob ihre Tochter noch lebte. Alles schien verloren.

Daniels Entscheidung
    D aniel hatte nicht einen Augenblick gezögert, ob er im Dom um Kirchenasyl nachsuchen oder sich allein durch die Nacht bis nach Freiberg durchschlagen sollte. Natürlich musste er seine Schwester warnen. Hartmuts Verhalten erfüllte ihn mit tiefer Sorge. So, wie der knurrige Waffenmeister sich gegeben hatte, rechnete er wohl jeden Augenblick damit, dass Reinhard und Lukas furchtbar bestraft würden. Daniel versuchte zwanghaft, sich
nicht
vorzustellen, was gerade in hundert Schritt Entfernung vor sich ging.

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