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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Dass die Dame kurz davor stand, im Sattel ein Kind zu gebären, konnte kein Uneingeweihter wissen; der Umhang verbarg den Zustand ihres Körpers.
    »Ganz Christians Tochter«, meinte Kuno anerkennend angesichts von Claras Entschlossenheit.
    »Anna und Peter wissen Bescheid«, ergänzte Bertram. »Sie sind darauf vorbereitet, dass wahrscheinlich bald ein ganzer Trupp ins Haus stürzt und nach Euch sucht.«
    »Was könnten sie schon dagegen tun?«, fragte Daniel mit einem Anflug von Hoffnungslosigkeit.
    »Erstaunte Gesichter ziehen und die Ahnungslosen spielen«, antwortete Kuno und brachte sogar ein Grinsen zustande. »Glaubt mir, die wissen sich schon zu helfen. Hauptsache, Ihr und der kleine Konrad seid in Sicherheit. Und vor allem Clara.«
    »Gut«, sagte Daniel, nur um überhaupt etwas zu sagen. Er war der Jüngste in dieser Gruppe, noch längst kein Ritter, aber alle erwarteten wohl, dass er jetzt entschied, wie es weiterging. »Zur Täuschung verlassen wir die Stadt durch das Meißner Tor, aber dann nehmen wir den Weg Richtung Westen. Wir sollten versuchen, uns zu Raimund durchzuschlagen«, verkündete er.
    Niemand erhob Einwände.
     
    Sie kamen nur langsam vorwärts, doch nach einiger Zeit hatten sie Stadt, Gruben und freies Gelände hinter sich gelassen und ritten auf einen Wald zu.
    »Wir müssen halten, sonst fällt Clara gleich aus dem Sattel«, rief Johanna von hinten, die ihre Schutzbefohlene nicht aus den Augen gelassen hatte. Besorgt sah Daniel auf seine Schwester, die schweißüberströmt zusammengesackt war. Ratlos drehte er sich zu Kuno um. Der stieg sofort aus dem Sattel, warf seinem Freund Bertram die Zügel zu und setzte sich hinter Clara, um sie zu halten und zu stützen.
    »Nur noch das kleine Stück, bis in den Wald«, sprach er ihr Mut zu. »Schafft Ihr das? Dort können wir uns verstecken. Oder wollt Ihr, dass wir Zuflucht im nächsten Dorf suchen?«
    Der Ort konnte keine zwei Meilen mehr entfernt sein.
    »Nein, in den Wald«, stöhnte Clara. »Im Dorf … Sie würden uns verraten.«
    Es war ein offenes Geheimnis, dass die Herren der meisten Ortschaften um Freiberg Christian und seinen Anhängern nicht gutgesinnt waren.
    Mit Mühe erreichten sie den Wald und schafften es so tief hinein, dass sie weder zu sehen noch zu hören waren. Während Kuno immer noch Clara stützte, humpelte Bertram voraus, um einen geeigneten Lagerplatz zu suchen – eine kleine Lichtung mit bemoostem Boden und einem Bächlein in der Nähe, wie Johanna gefordert hatte.
    »Das Fruchtwasser ist schon abgegangen?«, fragte Johanna zur Bestätigung dessen, was sie beobachtet zu haben glaubte. Clara nickte nur und ließ sich von ihr auf den Boden helfen. »Die Wehen kommen jetzt schnell hintereinander«, flüsterte sie.
    Inzwischen war die Sonne fast untergegangen, und durch die Zweige drang kaum noch Licht.
    »Ich musste noch nie ein Kind bei völliger Finsternis entbinden«, murmelte Johanna verzweifelt. »Wenigstens einen Kienspan oder eine Kerze müsst Ihr mir erlauben. Es wird sich schon niemand bei Nacht in den Wald wagen.«
    Abgesehen von denen, die nachts hier ihr Unwesen treiben, dachte Daniel beklommen. Raubzeug, Gesetzlose und wer weiß was für Ungeheuer.
    »Es ist fast Vollmond. Das muss reichen, solange kein Notfall eintrifft. Sonst locken wir nur das Ungeziefer heran.«
    Dass Kuno und Bertram zustimmend nickten, machte ihm Mut. Es war schwierig, mit fünfzehn Jahren Entscheidungen zu treffen, von denen so viel abhing.
    Zu seiner Erleichterung übernahm Johanna es nun, Anweisungen zu erteilen. »Also dann: Ihr Männer dreht euch mit dem Rücken zu uns und haltet Wache«, meinte sie ungewohnt forsch. »Der Blutgeruch könnte Füchse anlocken.«
    Oder Wölfe, dachte Daniel. Vorsichtshalber zog er das Schwert aus der Scheide, das wirklich ausgezeichnet in der Hand lag. Reinhard war ein wohlhabender Mann, der sich auch als Zweitschwert eine hervorragende Waffe leisten konnte. Ob er noch am Leben war? Angesichts der Vorstellung, womöglich das Schwert eines Toten zu halten, schauderte ihn. Er hatte seinen Vater sterben sehen und war in tiefer Sorge, dass nun auch Lukas und Reinhard auf Albrechts Befehl tot sein könnten.
    Doch nach kurzem Abwägen ließ er die Klinge wieder in die Scheide gleiten und griff nach Pfeil und Jagdbogen. Die zusammengerollte Sehne hatte er schon vor dem Aufbruch eingehängt. Am wahrscheinlichsten schien ihm, dass sich ein paar Raubtiere an sie heranwagten. Die würden normalerweise

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