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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Fürst von Meißen. Dieser Gedanke brachte ihn fast um. Was war mit seiner Familie? Er konnte einfach nicht glauben, dass sie ungeschoren davonkamen. In Schreckensbildern malte er sich aus, wie Lukas geköpft wurde, seine Mutter und Clara brutalen Kerlen ausgeliefert waren, seine kleinen Brüder abgeschlachtet wurden.
    Unruhig warf er sich im Schlaf hin und her.
    Dann wieder hörte er eine freundliche Stimme, ohne die Worte verstehen zu können. Eine schmale Hand griff nach seiner, jemand legte ihm kühlende Tücher auf die Stirn. Als er nach der Raserei erwachte, sah er das zierliche, dunkelhaarige Mädchen an seinem Bett sitzen.
    Es gab sie also wirklich. Vielleicht war sie gar keine Sklavin, sondern die Tochter des Heilkundigen, denn sie war es, die ihm nun Heiltränke einflößte und seine Wunde neu verband.
    Lächelnd sah sie ihn an und sagte etwas. Auch wenn er die Worte nicht verstand, wusste er, was sie meinte: Wie erleichtert sie war, dass er das Fieber überstanden hatte.
    Danke!, sagte er und schloss müde die Augen.
    Sie war wirklich schön, und die Art, wie ihre Hände über seine Haut strichen, hatte etwas unglaublich Besänftigendes an sich, obwohl es ihn sehr verlegen machte. Er hatte ewig keine Frau mehr berührt, und in den letzten Monaten, während der Entbehrungen auf dem Marsch, schien er vergessen zu haben, wie es war, ein Mädchen zu liebkosen.
    Er glaubte auch nicht, dass er jetzt dazu in der Lage war. Er war zu krank, hatte zu viel Schlimmes erlebt, war zu sehr in
     Sorge um seine Mutter und seine Geschwister.
    Wozu sollte er sich hier noch herumquälen? Nach Akkon reiten, dort irgendeinen sinnlosen Angriff mitmachen – Guido würde sicher bald wieder einen befehlen – und dann endlich ewige Ruhe finden!
    Thomas wusste nicht, dass seine Augen erloschen waren.
    Aber das Mädchen wusste es. Sie sah und erkannte die enttäuschten Hoffnungen, die Ratlosigkeit und Entwurzelung dieses jungen Mannes, der ungewohnt höflich war – im Gegensatz zu allen anderen, die sie entweder überhaupt nicht beachteten oder grobe Scherze mit ihr trieben und sogar Handgreiflichkeiten versuchten.
    »Ihr müsst gesund werden. Nicht nur Euer Arm, sondern vor allem Euer Herz«, flüsterte sie und versuchte, mit Gesten zu zeigen, was sie meinte.
    Als er sie ratlos ansah mit diesen erloschenen Augen, da stand sie auf und blies alle Kerzen im Raum aus bis auf eine. Bedauernd sah Thomas ihr nach. Nun würde sie wohl wieder gehen, und er blieb seinen Alpträumen ausgeliefert.
    Zu seiner Überraschung und Freude kehrte sie zurück und setzte sich erneut auf seine Bettstatt. Sie sah ihn an, zwang ihn dazu, ihr in die Augen zu blicken, und er spürte, wie ein rätselhafter Sog ihn erfasste.
    Sie griff nach seiner rechten Hand und legte sie vorsichtig auf ihre Brust. Er musste schlucken und hätte am liebsten fest zugedrückt, um die warme, weiche Rundung zu umschließen und das Gefühl ganz auszukosten. Sie erkannte seine Bedenken, legte lächelnd ihre Hand über seine und ermutigte ihn, zu tun, was er wollte. Dann beugte sie sich über ihn und küsste ihn. Wie von selbst wanderte seine verletzte Hand zu ihrer anderen Brust, er streichelte und liebkoste sie, und der Schmerz schien wie weggezaubert. Längst vergessen geglaubte, verschüttete Gefühle stiegen in ihm auf und ließen alles andere bedeutungslos werden.
    Sie zog das Laken beiseite, das ihn bedeckte, und ebenso sein dünnes Gewand. Dann kniete sie sich über ihn und sorgte mit einer geschickten Bewegung dafür, dass sie sofort zueinanderfanden. Vorsichtig ließ sie sich auf ihn sinken und bewegte sich langsam auf und ab.
    Wie aus einem Traum erwachend, übernahm er es, das Tempo vorzugeben, und wurde dabei immer schneller. Er stöhnte, und als sein Höhepunkt kam, schrie er im Moment höchsten Glücks alle Qualen und Zweifel heraus. Es war für ihn wie ein Ausbruch, eine Reinigung, eine Neugeburt.
    Er spürte erst, dass ihm Tränen rannen, als sie ihre schmale Hand an seine Wange legte. Obwohl ihre Augen dunkel waren und nicht graugrün wie die seiner Mutter, erkannte er darin die gleiche Güte und das gleiche Mitgefühl.
    »Werde gesund, Fremder. Komm ins Leben zurück!«, sagte sie leise, auch wenn er sie nicht verstehen konnte, und küsste seine Stirn. Er nahm ihre Hand und presste seine Lippen auf die Innenfläche. Sie sollte nie wieder gehen.
    Dankbar und bis ins Innerste aufgewühlt, schloss Thomas die Augen. Seine Gesichtszüge zuckten, und er wusste

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