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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Stauferkaisers von seinen Gesandten und Spionen genau ins Bild hatte setzen lassen.
    »Er hat sich vor diesem Feind gefürchtet, er hat sich vor Euch gefürchtet! Und als mein geschätzter Vetter auf so schicksalhafte Weise starb, ließ Saladin die Nachricht vom Tod des Kaisers von den Mauern Akkons ausrufen. Seine Leute tanzten und dankten Allah für die Rettung, unsere verfielen in tiefste Trauer. Sie warten nun auf Euch. Ihr seid ihre Hoffnung!«
    Konrad ließ sich Wein nachschenken und trank einen großen Schluck.
    »Frisch eingetroffene Schiffe bringen uns schlechte Nachrichten aus deutschen Landen«, erklärte er dann. »Der alte Welf Heinrich der Löwe ist wortbrüchig aus dem Exil zurückgekehrt und führt Krieg, um Sachsen zurückzuerobern. Der König scheiterte angesichts des einkehrenden Winters bei der Belagerung Braunschweigs, der Löwe zerstörte Bardowick und nahm Lübeck.«
    Adolf von Schauenburg und Holstein wurde fahl im Gesicht, erhob sich und kniete vor Friedrich von Schwaben nieder. »Angesichts dieser Nachricht … Erlaubt Ihr, Hoheit, dass ich unverzüglich mit meinen Männern zurückreise, um mein Land gegen den Löwen zu verteidigen?«
    »Tut das, mein Freund!«, antwortete der junge Herzog voller Düsternis in der Stimme. »Ich weiß, es ist nicht Feigheit, die Euch dazu treibt. Ihr werdet in Sachsen womöglich härter zu kämpfen haben als hier …«
    Adolf von Holstein hatte einst zu den Gefolgsleuten des Löwen gehört, sich dann jedoch mit ihm überworfen und vor zehn Jahren gemeinsam mit dem Kaiser Krieg gegen den Welfen geführt.
    »In Meißen ist Markgraf Otto in die Seligkeit eingegangen, nun herrscht sein Erstgeborener über das Land«, berichtete Konrad weiter.
    Thomas sah zu Roland, der ebenfalls blass wurde. Nun also war es eingetreten: Albrecht war Markgraf. Am liebsten wäre er aufgesprungen und hinausgestürmt.
    »Mein Bruder ist im März vom König belehnt worden. Weitere Nachrichten habe ich nicht«, sagte Dietrich leise, der genau begriff, was in den beiden jungen Männern vor sich ging. Gäbe es Krieg in der Mark Meißen, hätte einer der Reisenden davon berichtet. Doch wie es ihren Familien ergangen war, würden sie hier nie in Erfahrung bringen.
    Der Rest des Abends rauschte an Thomas vorbei. Das Einzige, woran er sich später noch erinnern konnte, war der wirklich denkwürdige letzte Satz Konrads von Montferrat. Lag es am Wein, an seiner schlechten Laune oder der naturgegebenen Unverblümtheit des Herrn von Tyros? Jedenfalls sagte er: »Ausgerechnet Akkon belagern zu wollen, war das Dümmste, was diesem unfähigen, abgesetzten König je eingefallen ist.«
     
    Der Kaiser tot. Otto tot. Das Heer löst sich auf. Die einen schleichen sich feige davon, die anderen plündern und raufen. Die Barone, denen wir zu Hilfe eilen wollen, sind mit ihrem eigenen Gezänk vollauf beschäftigt. Und diejenigen von uns, die sich ihre Ehre bewahren und an ihrem Ziel festhalten wollen, werden in einen aussichtslosen Kampf geschickt.
    War er nicht mit dem Wallfahrerheer gezogen, um eine vollkommene Gemeinschaft entschlossener Männer zu finden? Genau das Gegenteil erlebte er hier.
    Es war wohl weniger die Wunde, sondern einfach Thomas’ schwindender Lebenswille, der das Fieber wieder hochschnellen ließ.
    »Er hat sich überanstrengt«, murrte der Heiler, ließ neue Mixturen verabreichen, ordnete besonders leichte Kost an und unterwies die Diener, dass dieser barbarische Fremde, der ihre Sprache nicht verstand, keinesfalls aufstehen dürfe. Und vorerst auch keinen Besuch mehr empfangen solle. Er brauche Ruhe und viel zu trinken.
    So vergingen Tage, an die Thomas kaum eine Erinnerung hatte. Er schlief oder lag in Wachträumen versunken, manchmal glaubte er zu brennen, manchmal schrie oder stöhnte er im Schlaf, ohne davon zu wissen.
    Auch wenn er mit den Leuten nicht reden konnte, versuchte er, sich ihre Gesichter zu merken. Doch sie verschwammen im Fieberwahn. Nur an eines erinnerte er sich, aber vielleicht war es ihm auch nur im Traum erschienen. Ein Mädchengesicht, eine dunkelhaarige Dienerin oder Sklavin, schmalgliedrig und zart. Sklaven seien hier ganz billig zu bekommen, hatte ihm jemand erzählt. Zu viele, die sich nach dem Fall Jerusalems nicht hatten freikaufen können, waren in Gefangenschaft geraten.
    Mit würgender Hand griff das Fieber nach ihm, und seine Umgebung versank in altvertrauten Alpträumen.
    Die Toten … das Schlachtfeld … das Blut …
    Und Albrecht als

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