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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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könnte dich erkennen. Solange er hier ist, solltest du besser ganz verschwinden.«
    Jeder von den jungen Leuten wusste, worauf Johann anspielte. Vor knapp zehn Jahren hatte Albrecht den jungen Christian grundlos auspeitschen lassen. Als Marthe ihm zu Hilfe kam, befahl er aus Rache unter falscher Anklage, ihm die Hand abzuschlagen. Nur durch eine blitzschnelle Ablenkung von Peter – er hatte ein quiekendes Ferkel über den Burghof gejagt, auf den Richtklotz zu – konnte Christian damals mit heilen Gliedern entkommen.
    »Ich denke nicht daran, mich zu verstecken wie ein Dieb oder Mörder«, sagte Christian schroff. »Ich habe nichts verbrochen.«
    »Außer, das erste in Christiansdorf geborene Kind zu sein und auch noch den Namen des Dorfgründers zu tragen, zu dessen Ehren«, erinnerte ihn Guntram, der zweitälteste der Schmiedesöhne.
    Peter grinste. »Ein ziemlich übles Verbrechen in Elmars Augen, schätze ich.«
    »Du bist ein Symbol – und du trägst Christians Namen. Das musst du dem selbsternannten Markgrafen nicht noch unter die Nase reiben. Also bleib vorerst in Deckung!«, sagte Johann scharf. »Das bist du auch deinem kleinen Sohn schuldig.«
    »Und meiner Schwester«, ergänzte Peter. »Sonst hätte ich nicht zugelassen, dass du sie heiratest.«
    »Und wie hättest du das verhindern wollen?«, fragte Christian herausfordernd. »Hättest du sie mir aus dem Brautbett gestohlen, Meisterdieb?«
    Peter verdrehte die Augen. »Warum habe ich das eigentlich nicht?«
    »Hört auf damit! Jetzt ist keine Zeit, um Possen zu reißen«, wies Johann sie streng zurecht. Er stand auf, um kurz aus der Luke nach draußen zu sehen.
    »Also – ihr haltet euch zurück! Und Christian lässt sich vorerst nicht auf der Burg blicken. Marthe wird dem Stallmeister Nachricht schicken, dass du krank bist.«
    »Ich übernehme seinen Dienst«, erbot sich Peter. »Ich will lieber auf der Burg sein, wenn es losgeht.« Missmutig verzog er das Gesicht. »Wir sind hier ein Dutzend junger Kerle, zu allem entschlossen; die Hälfte von uns hat sich in der Kindheit als Beutelschneider durchschlagen müssen. Es passt mir überhaupt nicht, dass wir gar nichts tun sollen!«
    »Peter hat recht. Wir sollten etwas unternehmen!«, sagte Guntram ungeduldig.
    »Und was? Erinnere dich, nach wem
du
benannt bist: nach dem ersten Mann, der in Christiansdorf gehängt wurde, zu Unrecht und auf Befehl Randolfs!«, wies der junge Christian ihn zurecht. »Wir müssen Lukas vertrauen. Er weiß, was er tut, und wird die Leute hier nicht im Stich lassen. Er will nur unnötiges Blutvergießen vermeiden. Also halten wir uns zurück und stehen bereit, bis er uns braucht.«
    Johann unterbrach ihn mit erhobenem Arm und wies mit dem Kopf zur Luke. Nun hörten sie es auch von draußen: Hornsignale und gebieterische Rufe: »Macht Platz für den Markgrafen von Meißen!«
    Peter und Christian tauschten einen Blick, dann sagte Peter: »Es geht los.«

Albrechts Ankunft
    O ttos Erstgeborener befahl, Schritt zu reiten, nachdem sie das Stadttor passiert hatten. Die kurze Strecke bis zur Freiberger Burg wollte er langsam zurücklegen – weniger, um genau zu beobachten, sondern damit die Hufe der Pferde ihm nicht den Unrat von den regenüberfluteten Gassen auf seinen prachtvollen Bliaut spritzten.
    Bewusst hatte er die Stadt nicht durch das Meißner Tor betreten, sondern den kleinen Umweg nach Süden zum Erlwinschen Tor in Kauf genommen. Das ersparte ihm den Weg vorbei an den stinkenden Gerberhäusern, doch sein Hauptgrund war ein anderer: Von dort aus ritt man geradewegs auf die Burg zu.
    Sein Schutzgeleit umfasste mehr als fünfzig Reiter, voran sein neu ernannter Marschall mit dem schwarz-gelben Löwenbanner, gefolgt von einem Dutzend Ritter seiner Leibwache.
    Albrecht glaubte zu spüren, wie sie heimlich aus den Fachwerkhäusern mit dem überstehenden oberen Stockwerk beobachtet wurden, die links und rechts den Weg säumten. In den schlammübersäten Gassen ließen sich nur wenige Menschen blicken; Neugierige, die sich tief vor ihm verneigten und dem prachtvollen Reitertrupp nachgafften. Ein paar Krüppel streckten bittend die Hände aus und bekamen auf Elmars Anweisung Hälflinge zugeworfen, Kinder starrten sie mit offenem Mund an, ein Halbwüchsiger rief ihnen etwas zu und erhielt dafür von einem Älteren eine Kopfnuss, ein paar Hühner stoben laut gackernd auseinander.
    Im Burglehen, das sich an die Erlwinsche Gasse anschloss, waren die Häuser größer und

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