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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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schwarz-gelben meißnischen Löwenbanner in der Hand.
    Ihm folgte eine so große Schar auf den Platz, dass den meisten der Zuschauer der Atem stockte: nach Vorhut und Leibwache Fürst und Fürstin und ihr Gefolge, dazu die Mitstreiter am Buhurt, um die hundert Berittene, allesamt in Kettenpanzern und voll bewaffnet. In vorderster Reihe ritten die Herren der Nachbardörfer, die ebenfalls gekommen waren: Berthold, Konrad, Tuto und Heinrich.
    Albrecht und sein Gefolge lenkten ihre Pferde in die Mitte der Westfront des Marktes.
    »Kniet nieder vor dem Herrscher der Mark Meißen, Albrecht von Wettin, und seiner Gemahlin Sophia von Böhmen!«, rief der Truchsess mit donnernder Stimme über den Platz, und die Freiberger gehorchten. Ihnen war dabei mehr Glück beschieden als der Burgbesatzung am Vortag. An diesem warmen Frühlingstag hatte die Sonne längst alle Pfützen getrocknet.
    Zufrieden sah Ottos Sohn auf die knienden Stadtbewohner herab. Endlich gab er Elmar ein Zeichen, und dieser erlaubte den Zuschauern mit einem gebrüllten Befehl, sich zu erheben.
    Die hohen Gäste ließen sich aus den Sätteln helfen und nahmen auf den Bänken unter dem Baldachin Platz.
    Die fünf Dutzend voll gerüsteter Ritter, die das Turnier austragen würden, reihten sich zu Pferde vor der kleinen Tribüne auf und senkten die Lanzen zum Gruß. Dann formierten sie sich in mehreren Linien hintereinander an der Südseite des Platzes.
    »Ich steh doch nicht hier schon den halben Tag, nur um ein paar fette Pferdeärsche zu sehen!«, maulte dort lautstark die wortgewaltige Krämerin.
    »Was sollen wir da erst sagen?«, rief ein Mann mit einem waidblauen Kittel voller Späne und deutete auf ihr ausladendes Hinterteil, womit er die Umstehenden zum Lachen brachte.
    Der Ritter auf dem unruhig tänzelnden Pferd vor ihnen warf einen drohenden Blick auf die lachende Menge, doch es war eher das stampfende und schnaubende Tier als der Bewaffnete, das die Zuschauer dazu brachte, noch ein paar Schritte zurückzuweichen.
     
    In Hörweite der Krämerin, aber näher an der Einmündung zur Kesselmachergasse, stand eine Gruppe etwas abseits von den anderen: der Schmied Jonas mit seiner Frau Emma, die wie alle ihre Kinder rotblond war, ihre Söhne Johann und Guntram sowie der junge Stallknecht Christian. Er hatte sein blondes Haar mit einer Bundhaube bedeckt und hoffte ansonsten darauf, in der Menge nicht aufzufallen. Seine Frau Anna, Peters Schwester, lehnte an ihm. Seinen vierjährigen Sohn, der ebenfalls Christian hieß, hatte er sich auf die Schultern gesetzt. Peter war mit ihnen gekommen, inzwischen aber wieder im Gewühl verschwunden.
    Bald gesellte sich noch der Bergschmied Karl zu ihnen, gefolgt von seiner Schwester Johanna, Marthes Stieftochter.
    »Stehen dein Mann und Bertram Herrn Lukas nachher beim Tjost bei?«, fragte Christian.
    Johanna bejahte.
    »Gut«, sagte Christian erleichtert. Lukas’ Knappe war nicht vom Gut seiner Eltern zurückgekehrt, aber auf Kuno und Bertram war Verlass.
    »Clara sieht nicht gerade glücklich aus«, murmelte Guntram und wies nach vorn, wo im Gefolge Albrechts auch die Jungvermählten saßen. Er hätte sich das Herz aus dem Leib gerissen, um Clara Unglück zu ersparen. Es tat ihm weh, sich auszumalen, dass sie nun ihr Leben mit diesem Schurken Reinhard zubringen musste. Wie konnte Lukas das zulassen?
    Christians Antwort ging im Lärm unter, denn auf ein Signal galoppierten plötzlich alle Ritter los. Hufe wirbelten Erdklumpen auf, die Tauben, die auf den Dächern der umliegenden Häuser saßen, stoben flatternd davon, ein paar kleine Kinder fingen ängstlich an zu kreischen.
    Als die Reiterschar geradewegs auf die Menschen an der Nordseite zupreschte, rannten die dort Wartenden schreiend auseinander. Einige sprangen sogar über die Zäune, mit denen die am Markt liegenden Grundstücke der wohlhabenden Händler und Handwerker umgeben waren. Doch bevor es zum Zusammenstoß kam, schwenkten die Reiter ab und trabten in ihrer respekteinflößenden Formation dreimal um den Platz.
    Ein weiteres Signal, und die Ritter teilten sich im Bogen in zwei Gruppen auf, die sich gegenüber aufstellten.
    Anfeuernde oder erschrockene Schreie erklangen aus der Zuschauermenge, als die Trupps beim nächsten Hornstoß aufeinander zugaloppierten. Aber unmittelbar vor dem erwarteten Aufprall rissen die Kämpfer ihre Lanzen hoch und ritten aneinander vorbei.
    Erneut wichen die Menschen zurück, als sie die Bewaffneten zu Pferde auf sich

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