Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
Vom Netzwerk:
Stammes der Kamarakoto. Uruyén lag bereits weit hinter uns und die Zukunft direkt vor uns, tief verborgen in dem undurchdringlichen Schleier der Nacht. Was auch immer sie bringen mochte, wir waren bereit. Und ganz gleich, wohin sie uns verschlagen sollte… Ja, das war eigentlich die Frage: Wohin fuhren wir überhaupt? Was war denn unser unsichtbares Ziel?
    Natürlich hatten meine Brüder und ich nicht herausgefunden, zu welchem Ort das Symbol der Makaá uns führen sollte. Auf Mateos Hinweis hatten wir versucht, Pflanzen, Bäume, Tiere und sogar Flüsse darin zu entdecken, doch nichts hatte im Entferntesten Ähnlichkeit mit dem dunklen Zeichen. Besonders der rote, runde Fleck in der Mitte hatte uns Kopfzerbrechen bereitet. Irgendwann hatten wir aufgegeben, darüber zu brüten, es führte ja doch zu nichts. Nach Anbruch der Dämmerung war auch schon Mateo gekommen und hatte uns alle zur Eile angetrieben. Er hatte einen großen Beutel mit Proviant mitgebracht und auch Roberts kleinen, roten Rucksack nicht vergessen, in dem unser einziger Besitz lag: ein Skizzenblock, Stifte, die Reisebroschüre über Venezuela und – unser wertvollstes Stück – die Taschenlampe. Rasch hatten wir die Kapelle verlassen und uns zu dem Steg begeben. Im Eifer des Aufbruchs hatte ich vollkommen vergessen weiter über das Symbol nachzudenken, doch nun, da nichts außer dem Plätschern des Flusses und dem Gezirpe der Zikaden meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte, fiel es mir wieder ein, und mehr denn je verspürte ich das Verlangen, das Geheimnis zu lüften.
    „Mateo!“, wisperte ich.
    „Wieso flüsterst du? Wir sind längst schon außer Hörweite“, antwortete er. Die Stimmen klangen in der Dunkelheit so unheimlich, dass ich einfach nicht gewagt hatte, lauter zu sprechen. Außerdem war die Nacht so schwarz, dass ich kaum die Gesichter meiner Brüder erkennen konnte, wenn ich zurückschaute. Mateo konnte ich nur als dunklen Schatten wahrnehmen. Und vor mir lag der Fluss wie in einem dunklen Trauerkleid. Hätte ich da laut sprechen können?
    „Was ist denn, Melanie?“, hakte Mateo nach, als nichts weiter von mir kam.
    „Wohin fahren wir?“
    Ich vernahm ein seltsames Geräusch, wie ein Prusten oder Glucksen, von dem ich erst dachte, es käme aus dem Fluss, doch es war Mateo der leise in sich hineinlachte. „Ihr habt es also nicht herausgefunden?“
    „Nein“, antworteten Robert und Oliver gleichzeitig und drehten sich erwartungsvoll zu dem Indianer um.
    Mateo legte das Ruder beiseite und griff unter seinen Sitz. Er fingerte den roten Rucksack hervor und reichte ihn Robert nach vorne. „Deine Skizze ist da drin, seht sie euch noch mal an.“ Gehorsam öffnete Robert den Beutel, zog sowohl die Taschenlampe wie auch den Skizzenblock hervor.
    Eine Sekunde später leuchtete auf dem Fluss ein helles Licht auf, das langsam mit der Strömung flussabwärts glitt. Robert hielt die Lampe über das Zeichen der Makaá, während wir unsere Köpfe darüber beugten. Der Einbaum schwankte bedrohlich, als ich mich zu hektisch umdrehte, doch entgegen meinen Befürchtungen kam er sehr schnell wieder ins Gleichgewicht. Die Indianerboote waren sicherer als sie aussahen.
    „Lasst den roten Fleck einmal außen vor“, riet Mateo, der das Paddel wieder in beide Hände genommen hatte und dafür sorgte, dass unser kleines Boot nicht die Mitte des Flusses verließ. „Betrachtet nur die Konturen.“
    „Eine bestimmte Pflanze ist es nicht oder?“, fragte ich vorsichtig. Irgendwie konnte ich den roten Kreis nicht vernachlässigen, er erinnerte mich stets an eine Blüte in einem verdorrten Garten. Mateo verneinte.
    „Gibt es vielleicht einen Felsen, der so ähnlich aussieht? Einen Tafelberg?“, schlug Robert vor. Mateo wiegte den Kopf hin und her. „Nein, so kann man das schlecht sagen. Ein Tafelberg ist es nicht, und es ist auch nicht die Form eines Felsens… aber so ganz falsch ist es wiederum auch nicht. Trotzdem, versucht mal, in eine andere Richtung zu denken.“
    „Dann ist es klar“, fand Oliver. „Es ist ein Tier.“
    „Und welches?“, fragte Mateo geheimnisvoll. Nun begann die große Raterei. Sobald klar geworden war, dass Oliver auf der richtigen Spur war, fielen Tiernamen ohne Ende, doch immer wieder schüttelte Mateo den Kopf. Schließlich trieb uns die Verzweiflung so weit, Elefanten und Tiger nach Venezuela zu tragen, was natürlich völliger Mumpitz war. „Es muss schon Bezug zu unserem Land haben“, grinste der Indianer. „Die

Weitere Kostenlose Bücher