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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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Einiges!“, lachte ich. „Ich hatte mich schon die ganze Zeit gewundert, warum du so toll Deutsch sprechen kannst!“
    „Mein Mitbewohner in Caracas ist Deutscher. Er hat mir sehr geholfen, die Sprache zu lernen.“
    „Und was machst du nach der Uni?“, wollte Robert wissen.
    Ein flüchtiges Lächeln stahl sich auf Mateos Lippen und sein Blick schien träumerisch in weite Ferne gerückt zu sein. „Wenn ich fertig bin“, seufzte er, „dann gründe ich meine eigene Reiseagentur für Expeditionen der besonderen Art. Das ist mein Traum: In kleinen Gruppen die Faszinationen meines Landes zu entdecken und die Augen der Besucher für die überwältigende Schönheit der Natur zu öffnen bis sie erkennen, dass sie nicht fremd sind, dass ein Teil von ihnen schon immer hier gewesen ist. Ihr seid also eine gute Übung für mich, das müsst ihr doch wirklich zugeben!“
    Oliver setzte ein feierliches Gesicht auf und versprach Mateo hoch und heilig, er würde sein Bestes tun, um ihn auf seine Prüfung vorzubereiten. Außerdem habe er bereits das Gefühl der Fremdheit verloren. So wie wir alle. Ohne dass wir es gemerkt hatten, war Venezuela uns vertraut geworden und tief in unserem Inneren bewahrten wir das kleine, aufregende Gefühl, bereits tiefer in die Geheimnisse des Landes geblickt zu haben als irgendjemand vor uns. Nachdem die Schlaglöcher immer seltener und die Straßen zunehmend glatter und besser geworden waren, zog Robert seinen Skizzenblock aus dem roten Rucksack und fing an, mit dem kleinen Kohlestift die Landschaft, das grüne, wellige Meer, aufs Papier zu bannen. Oliver beschäftigte sich mit einem dicken, grünen Käfer, den er in einer Ecke der Ladefläche gefunden hatte, und ließ ihn mit einem beseelten Gesichtsausdruck über seine Handrücken krabbeln. Die Widerhaken an den kleinen Füßchen kitzelten ihn so sehr, dass er manchmal vor Vergnügen laut aufquietschte. Mateo saß mir mit geschlossenen Augen gegenüber, den Beutel mit unserer Verpflegung neben sich, und obwohl ich wusste, dass er nicht schlief, überlegte ich eine ganze Weile, ob ich noch einmal ein Gespräch anfangen sollte. Ich entschied mich, es zu versuchen.
    „Was passiert jetzt eigentlich mit deinem Einbaum?“, fragte ich wie beiläufig. Mateo blinzelte kurz unter einem Augenlid hervor und schloss es dann wieder. „Tony hat John eine Nachricht hinterlassen. Er wird ihn mit den anderen Booten ins Bootshaus bringen und jemanden aus Uruyén benachrichtigen. Entweder kommt jemand aus dem Dorf oder er bleibt in Canaima, bis ich ihn selbst hole.“
    Ein paar Sekunden verstrichen und ich knibbelte nervös an meinen Fingerkuppen: „Prüft eigentlich jemand die Bücher, in die die Namen der Besucher eingetragen werden?“
    Mateo schob die Unterlippe vor und zog die Brauen zusammen. „Wie meinst du das?“, fragte er und öffnete die Augen.
    „Nun ja“, druckste ich herum. „Du hast doch erwähnt, dass man jederzeit feststellen kann, wer wann den Park betreten hat, und ob er wieder herausgekommen ist…“
    „So ist es“, wunderte sich Mateo noch immer und blickte mich fragend an.
    „Ich weiß, ich weiß, bei An- und Abreise werden Kreuzchen hinter die Namen gemacht. Doch wird das auch wirklich kontrolliert? Was ist, wenn ein Kreuzchen fehlt? Zum Beispiel das Abreisezeichen…“
    Mateo runzelte die Stirn und rieb sich nachdenklich das Kinn. „Ich denke mal, Leute wie Tony kontrollieren die Bücher hin und wieder. Und wenn jemand nicht aus dem Park herausgekommen ist, so fällt das auf!“
    „Und wenn nicht?“ Ich hatte mich in meinem Eifer mit weit aufgerissenen Augen nach vorne gelehnt und Mateo dadurch etwas irritiert.
    „Geht es um etwas Bestimmtes, Melanie?“, fragte er leise.
    „Es interessiert mich einfach“, murmelte ich und wich seinem Blick aus.
    „Nun ja, wenn jemand sich nicht abgemeldet hat, so wird ein Suchtrupp losgeschickt, meistens sind die Vermissten nur Leute, die das letzte Boot über die Lagune verpasst haben, und die sind rasch gefunden. Ich kann mir nicht denken, dass es einmal einen Fall gegeben hat, wo man die Leute nicht gefunden hätte. Wenn du magst, dann kann ich Tony fragen. Wenn es mal passiert ist, dann wird er es wissen.“ Damit drehte er sich zum Fahrerhäuschen, klopfte an die Scheibe, und rief Tony etwas auf Spanisch zu. Unser Fahrer warf einen kurzen Blick über die Schulter nach hinten, wobei er das Lenkrad mitriss und den Wagen für einen kurzen Moment ins Schleudern brachte. „Mist“,

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