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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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nicht der Sinn nach einem Wiedersehen mit der alten Dame gestanden, die an die Macht des verdammten Fluches glaubte. Daher hatte sie beschlossen, die Gegend zu erkunden. Am Samstag hatte sie das Larnach Castle besichtigt und an einer Tour auf die Halbinsel von Otago, nach Tairora Head, teilgenommen. Weltenbummler aus aller Welt hatten eine fröhliche Stimmung verbreitet. Und dennoch, richtig aufgeheitert hatte Sophie der Ausflug nicht, obwohl sie alles gesehen hatte, was ihr Herz begehrte: Robben, Seelöwen, Gelbpinguine und selbst die riesigen Königalbatrosse.
    Sie fühlte sich unter den Touristen nicht wie unter ihresgleichen. Die reisten aus purem Vergnügen, während sie, Sophie, wegen eines traurigen Ereignisses in diesem Land weilte. Dennoch hielt sich ihre Sehnsucht nach Hamburg in Grenzen. Sie hatte diese Stadt immer geliebt, aber tiefe heimatliche Gefühle hatte sie bislang nirgends auf der Welt entwickelt. Es gab auch keine Freunde, die sie vermisste. Sie war stets eine Einzelgängerin gewesen. Die beiden Menschen, nach denen sie sich in diesem Augenblick sehnte, waren nicht weit weg: Judith und John!
    Ein paarmal noch wollte Sophie in ihrer Einsamkeit den Anwalt anrufen, aber sie zwang sich, es nicht zu tun. Sie hatte sich vorgenommen, ihn erst dann wiederzusehen, wenn ihr Familiengeheimnis nicht mehr wie eine dunkle Wolke über ihr schwebte.
    Entschlossen nahm Sophie die Aufzeichnungen zur Hand. Als sie sich auf der Veranda darin vertiefen wollte, bemerkte sie, dass Judith' Wagen vor dem Haus hielt. Sie freute sich, die Freundin wiederzusehen, und stellte fest, dass es ihr nicht unlieb war, dass sie die Lektüre nun noch ein wenig aufschieben musste. Merkwürdig, wunderte sie sich, am Anfang konnte ich nicht schnell genug zu Emmas Geschichte vordringen, um diesen Holden zu finden, und jetzt wage ich mich nur zögernd daran.
    Sophie sprang auf, lief Judith zur Begrüßung entgegen und erschrak. Die Freundin war totenbleich. Kaum war sie auf die Veranda getreten, ließ Judith' sich stöhnend in einen der Korbsessel fallen.
    »Er hat mich verfolgt!«, stammelte sie.
    »Wer?« Sophie ahnte bereits, um wen es sich handelte.
    »Ich habe seinen Jeep im Rückspiegel gesehen. Er trug eine Sonnenbrille und eine Baseballmütze, aber ich würde ihn unter Tausenden erkennen. Da bin ich auf einen Parkplatz gefahren und hab auf ihn gewartet, doch er ist nicht gekommen.«
    »Und du bist sicher, dass er es war?«
    »Natürlich, aber ich verstehe es nicht. Was treibt er bloß für ein Spiel?«
    Sophie schluckte trocken. Es fiel ihr schwer, Judith zu verschweigen, dass der Fahrer eines schwarzen Jeeps ihr Emmas Geschichte vor die Tür gelegt hatte. Ein Fahrer, auf den Judiths Beschreibung von Tom nur allzu gut passte.
    Schon ihretwegen muss ich schnellstens weiterlesen, dachte Sophie entschieden. »Judith, es wird sich schon alles aufklären. Es wird bestimmt wieder gut«, sagte sie in tröstendem Ton.
    »Ach, du hast recht. Es hilft ja auch nichts, sich den Kopf zu zerbrechen. Komm, lass uns in St Clair was essen gehen! Bei John um die Ecke gibt es einen guten -« Judith hielt erschrocken inne.
    »Im Prinzip kein Problem«, erwiderte Sophie lächelnd. »Zwischen uns ist alles klar, aber bevor ich mich auf etwas einlasse, was mir zu Herzen geht, muss ich erst mal diese Erbschaftssache hinter mich bringen.«
    »Ich verstehe.« Judith lächelte.
    »Weißt du was? Ich würde lieber hierbleiben und nur ein Brot essen, damit ich weiterlesen kann, denn wenn ich Emmas Geschichte durchhabe, bin ich bestimmt schlauer -« Erschrocken hielt Sophie inne. Oh nein, jetzt hatte sie sich auch noch verplappert!
    »Emmas Geschichte? Ich denke, die ist weg?« Judith blickte sie mit dem prüfenden Blick einer Anwältin an.
    »Ja, natürlich, ich meinte nur, wenn ich sie hätte, dann wäre ich schlauer ...«
    Ob diese ungeschickte Schwindelei funktioniert? Sophie war sich nicht sicher. Hastig sprang sie vom Sessel auf, gab Judith einen Kuss auf die Wange und flüchtete in ihr Zimmer.
    Als Erstes langte sie unter das Bett, holte Emmas Geschichte hervor und legte sie auf dem Nachttisch ab. Sie hatte nicht wirklich das Bedürfnis, der Geschichte vorzugreifen, aber Judith zuliebe würde sie diese Lektüre gleich anschließen. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass sie es noch an diesem Sonntag schaffen würde. Es war erst vier.

 
Tomahawk, im Oktober 1917
 
    »Bill John!«, rief Kate lauthals gegen den Wind, doch von ihrem Sohn keine Spur! Kein

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