Der Fluch der Maorifrau
Emma.
Kate hatte sich schnell gefasst. Sie wandte sich nun direkt an Harry und fragte in scharfem Ton: »Und Sie konnten meine Enkelin nicht von dieser Dummheit abbringen, hinter meinem Rücken zu heiraten?« Ihre Blicke durchbohrten den frisch gebackenen Ehemann ihrer Enkelin förmlich.
Harry aber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Ich gestehe, dass es meine Idee war. Ich hatte Sorge, Sie mit Ihrer krankhaften Eifersucht würden versuchen, Emma ihre große Liebe auszureden«, erklärte er kühl.
»Nein, aber so kannst du das doch nicht sagen!«, protestierte Emma schwach und suchte den stets alles verzeihenden Blick ihrer Großmutter, aber deren Gesicht war zur Maske erstarrt.
»Willst du die Wahrheit leugnen, liebste Emma? Sieh sie dir an! Deine Großmutter hätte doch alles darangesetzt, damit du mich nicht heiratest.« Mit diesen Worten legte er besitzergreifend einen Arm um seine Frau.
»Eines kann man Ihnen nicht absprechen: Menschenkenntnis!«, pflichtete Kate ihm bissig bei und fügte in kaltem Ton hinzu: »Aber auch ich verfüge über ein gewisses Maß an Menschenkenntnis, und ich kann mir nicht helfen, aber Sie, junger Mann, scheinen nichts Gutes im Schilde zu führen.«
Harrys Augen verengten sich zu Schlitzen.
Emma erschrak ganz fürchterlich. Wo sie sich Harmonie erträumt hatte, war ein offener Krieg ausgebrochen.
»Ach ja, Sie glauben, dass ich es auf das Vermögen Ihrer Enkelin abgesehen habe, aber warum ändern Sie das Testament dann nicht? Enterben Sie sie! Dann haben Sie den Beweis, dass ich Ihre bezaubernde Enkeltochter liebe und mir Ihr, entschuldigen Sie die drastische Ausdrucksweise, verdammtes Geld völlig gleichgültig ist.«
»Oh, danke für den guten Rat, mein Herr. Sie werden lachen. Ich spiele tatsächlich mit dem Gedanken. Oder mögen Sie mir vielleicht erklären, warum es an der Universität London keinen Literaturprofessor mit dem Namen Holden gibt und auch niemals gegeben hat?«
»Aber selbstverständlich, gnädige Frau. Weil ich ein uneheliches Kind bin und meine Mutter starb, bevor meine Eltern heiraten konnten.« Er lächelte süffisant.
Kate schnappte nach Luft, während Emma fassungslos zwischen ihnen hin- und herblickte.
»Den Namen Ihres Herrn Vaters wollen Sie mir sicherlich nicht verraten, oder?«, konterte Kate bissig.
»Warum nicht?«, gab er zurück. »Mein Vater hieß Walter ...« Er unterbrach sich, und Emma konnte mit ansehen, wie ihre Großmutter binnen Sekunden völlig in sich zusammenfiel.
»Walter Miller!«, setzte er genüsslich hinzu. »Sie werden ihn in alten Vorlesungsverzeichnissen finden, denn er ist bereits verstorben.«
»Mir ist nicht gut!«, brachte Kate mit letzter Kraft hervor und ließ sich von ihrer Enkelin widerstandslos in ihr Schlafzimmer begleiten.
Emma half ihrer Großmutter, sich auszuziehen und hinzulegen. Sie hatte gemischte Gefühle. Einerseits ein schlechtes Gewissen, andererseits fragte sie sich, warum Kate Harry hinterherspioniert hatte.
»Bitte verzeih mir!«, sagte Emma bedauernd. »Ich wollte dir nicht wehtun!«
»Das weiß ich doch, mein Kleines«, murmelte Kate erschöpft. »Er hat recht. Ich hätte es dir mit aller Macht auszureden versucht. Als er eben den Namen Walter sagte, da wusste ich, an wen er mich die ganze Zeit erinnert. An meinem Stiefsohn! Es steht mir nicht zu, dir vorzuschreiben, wen du heiraten darfst, auch wenn ich es zugeben muss, dass er nicht der Mann ist, den ich mir für dich gewünscht hätte. Trotzdem hoffe ich nur das eine: dass er dich glücklich macht, meine kleine Emma!«
»Danke, Großmutter, vielen Dank!« Emma umarmt sie heftig.
»So, und nun geht! Aber bitte bring mir vorher noch ein Glas Wasser. Ich muss meine Tabletten nehmen.«
»Was für Tabletten?«, fragte Emma beunruhigt.
»Mein Herz, das will manchmal nicht so, wie ich es will. Ganz harmlos, aber du könntest mir noch eine Liebe tun. Sag ihm bitte, dass ich das Testament ändern werde. Dass ich mit dem Löwenanteil eine Stiftung zu gründen gedenke. Zur Förderung junger Künstler. Wenn er dich daraufhin nicht verlässt, bin ich meine letzten Zweifel los. Wenn er geht, dann weißt du, ich hatte recht. Versprich mir, dass du ihm nicht sagst, dass es nur eine Bewährungsprobe ist. Bitte!«
Emma blickte ihre Großmutter mit feuchten Augen an. »Ich verspreche es! Dann ist der böse Verdacht endlich aus der Welt. Und weißt du was? Das mit der Stiftung ist wirklich keine schlechte Idee!«
»Ach, mein Kind, die Hauptsache
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