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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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sein.« Sie wandte sich von ihm ab und rang verzweifelt die
Hände. »Und was wird aus mir?«
    »Aus dir? Nun ja, ich werde
dich natürlich mitnehmen.« Judy fuhr herum. Bens blaue Augen waren hell und
durchdringend. Seine Züge entspannten sich, und auf seinem Gesicht zeigte sich
ein unbefangenes Lächeln. Er sah aus wie ein Mann, der ein Picknick auf dem
Land organisiert. »Mich… mitnehmen…?«
    »Aber sicher. Das wäre Davids
Wunsch, und es ist auch ganz bestimmt der meine.« Ben griff nach ihrer Hand,
drückte sie zart und sagte sanft. »Du hast doch nicht geglaubt, ich würde ohne
dich gehen, oder?«
    Völlig
unbeherrscht schossen ihr Tränen in die Augen. Sie war nun schon eine ganze
Weile in Ben verliebt, und es trieb sie zur Verzweiflung, zu sehen, was mit ihm
geschehen war. Sie beschloß, ihm ab sofort nicht mehr von der Seite zu weichen.
Sie würde in seine Wohnung ziehen und diese Sache bis zum Ende mit ihm
durchstehen. Und wenn es kein Ende gäbe…
    Genau in
diesem Moment klopfte es an die Tür, und Ben sprang auf, um zu öffnen. Sie
konnte die Person auf der anderen Seite nicht sehen, aber sie hörte eine
Stimme: »Ein Telegramm aus Übersee für Dr. Messer. Normalerweise geben wir den
Eingang eines Telegramms telefonisch durch, aber Ihr Telefon ist defekt. Wußten
Sie das?«
    »Ja, ja, danke.« Ben
quittierte für das Telegramm, gab dem Boten ein Trinkgeld und schloß langsam
die Tür. »Es ist von Weatherby«, verkündete er.
    »Wahrscheinlich hat er
versucht dich anzurufen, und es klappte nicht. Ich wette, er will wissen, warum
du ihm keine Übersetzungen geschickt hast.«
    »Ja, du hast recht.« Ohne es
zu öffnen, warf Ben das Telegramm auf das Couchtischchen. Dann nahm er Judys
leere Tasse. »Soll ich dir nachschenken?«
    »Ja bitte. Tu diesmal viel
Sahne hinein.«
    Als Ben in der Küche
verschwand, schaute Judy auf den zerknitterten braunen Umschlag auf dem
Couchtischchen. Und eine frostige Vorahnung überkam sie. Nein, dachte sie
traurig. Mit diesem Telegramm hat es mehr auf sich, als wir denken. Sonst hätte
Weatherby wohl nur einen gewöhnlichen Brief geschickt.
    Mit großer Besorgnis nahm sie
den Umschlag und schlitzte ihn auf. Als sie die kürze Nachricht darinnen las,
blieb ihr fast das Herz stehen. »O Gott!« flüsterte sie und begann zu zittern.
Wieder einmal befand sie sich in einer verzwickten Lage. Sie wußte nicht, wie
sie Ben die Neuigkeit beibringen sollte. Oder ob sie ihm überhaupt etwas
davon sagen sollte. Aber auf der anderen Seite würde er ohnehin bald
dahinterkommen, und es war besser für ihn, es von ihr zu erfahren.
    Müde erhob sich Judy von der
Couch. Sie war sich ihrer Gefühle in diesem Augenblick nicht sicher. Sie wußte
nicht, ob sie über die Nachricht glücklich, traurig oder ärgerlich war. In
gewisser Hinsicht war sie alles auf einmal.
    Ben kam pfeifend ins
Wohnzimmer, und als er Judys Miene sah, blieb er unvermittelt stehen. »Was ist
los?«
    »Es ist wegen Weatherby«,
antwortete sie mit fester Stimme. »O Ben…«
    Rasch stellte er die Tassen
auf dem Couchtischchen ab und griff nach dem Telegramm.
    Judy sagte: »Ich weiß nicht,
ob ich schreien oder lachen oder weinen soll, Ben. Dr. Weatherby hat drei
weitere Schriftrollen gefunden.«

 
    Kapitel Fünfzehn
     
     
     
    Die Tage, die bis zum
Eintreffen von Nummer elf vergingen, waren für Ben und Judy eine schier
unerträgliche Zeit. Judy hatte eine halbe Stunde gebraucht, um nach Hause zu
hetzen, ein paar Dinge zusammenzupacken, Bruno der Obhut eines Nachbarn
anzuvertrauen und wieder zurückzueilen. Hatte die Nachricht vom Ende der Rollen
Ben fast zusammenbrechen lassen, so brachte ihn die Neuigkeit von drei weiteren
Rollen nun völlig aus dem Gleichgewicht. Sie erlebte mit, wie er beständig
zwischen drei Zeitebenen hin- und hersprang. Für einen Augenblick war er in der
Gegenwart ganz normal und gesprächig; im nächsten Moment befand er sich wieder
als armer, gequälter Junge in Brooklyn, und gleich darauf genoß er als David
Ben Jona unter einem Olivenbaum eine Mahlzeit aus getrocknetem Fisch und Käse.
Dann kam er wieder in die Gegenwart zurück und konnte sich nicht mehr erinnern,
was in den letzten Minuten geschehen war. »Ich habe keine Kontrolle darüber!«
schrie er an diesem Abend verzweifelt. »Ich kann es nicht bekämpfen. Wenn David
von mir Besitz ergreift, läßt er mich das sehen, was er will!«
    Und wenn Ben in diesen
Zustand geriet, nahm Judy ihn in die Arme und wiegte ihn, bis er ruhig

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