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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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wurde.
    An diesem Abend löste sie
eine Schlaftablette in etwas warmem Wein auf und verhalf ihm damit zum ersten
erholsamen Schlaf seit vielen Tagen. Nachdem er in seinem Bett fest
eingeschlafen war und mit friedlichem Gesicht und ruhig atmend dalag, machte
sie sich mit einem Kopfkissen und einer Decke ein Lager auf der Couch zurecht
und lag noch lange wach, bevor sie ebenfalls einschlief.
    Am nächsten Morgen, nach
einer traumlosen Nacht, schien es Ben schon wesentlich besser zu gehen. Er
duschte, rasierte sich und zog frische Kleider an. Obgleich er nach außen hin
fröhlich schien, bemerkte Judy darunter die Anzeichen der Unruhe – ruckartige
Handbewegungen, rasche, flüchtige Blicke, ein gezwungenes, nervöses Lachen. Sie
wußte, daß Ben begierig war, die nächste Rolle zu bekommen, und sie war sich
auch darüber im klaren, daß seine Unruhe mit jedem Tag zunehmen würde.
    Sie spürte es auch. Eine
weitere Rolle… ja sogar drei weitere Schriftrollen! So wären diese drei Rollen
diejenigen, welche die unbeschriebenen sechzehn Jahre ausfüllen würden. Sie
würden von der Entwicklung der Messias-Bewegung berichten und die schändliche
Tat enthüllen, die David begangen hatte und für die er sterben sollte. Auch
Judy sehnte die Ankunft der Rolle herbei und hoffte verzweifelt, daß alles
vorüber wäre, bevor Ben den letzten Rest seines gesunden Menschenverstandes
einbüßte.
    Am Sonntag gelang es ihr, ihn
abzulenken, indem sie ihn in Diskussionen verwickelte und noch einmal seine
bisherigen Übersetzungen mit ihm durchging. Stundenlang saß er da und starrte
auf die aramäische Schrift auf dem Papyrus, und Judy wußte, daß er zweitausend
Jahre von ihr entfernt weilte und gerade einen ruhigen Tag im Leben von David
Ben Jona verlebte. Sie unternahm nicht einmal den Versuch, ihn aus dieser Welt
zu reißen, denn er schien mit sich selbst im reinen und vollkommen zufrieden.
Sie kam zu dem Schluß, daß es im Augenblick besser war, ihn Davids friedvollen
Tag in Ruhe genießen zu lassen, als ihn in die stürmische Gegenwart
zurückzuholen. Denn wenn er wieder er selbst war und in dieser Wirklichkeit
lebte, war er nervös und hörte nicht auf, hin und her zu laufen. Und wenn er
wieder in seine Kindheit zurückglitt und die Schreckensszenen mit seiner
verrückten Mutter durchlebte, weinte er und rief Verwünschungen auf Jiddisch
und warf sich hin und her.
    So ließ ihn Judy in seiner
Traumwelt und hoffte, daß er dort bleiben möge, bis die nächste Rolle eintraf.
    Am Montag kam ein Brief von
Weatherby. Bevor er eintraf, war Ben fünf Stunden lang in der Gegenwart
geblieben, ohne auch nur einmal in eine andere Zeit abzugleiten. Er konnte klar
denken und war vollkommen Herr seiner selbst. Abgesehen von seiner großen
Unruhe, war er beinahe normal. Judy mußte ihn davon abhalten, über den
Postboten herzufallen, als dieser auftauchte. Und dann mußte sie ihm über eine
gewaltige Enttäuschung hinweghelfen, als er statt der erwarteten Rolle nur
einen Brief von Weatherby bekam. Er blieb lange genug in der Gegenwart, daß
Judy den Brief lesen und für Ben kurz zusammenfassen konnte.
    »Er schildert, wie sie die
letzten drei Tonkrüge gefunden haben«, erklärte sie. »Nachdem sie sich bereits
mit dem Gedanken abgefunden hatten, daß es wohl keine weiteren Rollen mehr
gebe, ist, wie es scheint, der Boden des Hauses eingestürzt, und darunter kam
so etwas wie ein alter Regenwasserspeicher oder Lagerraum zum Vorschein. Darin
befanden sich drei weitere Tongefäße. Weatherby meint, daß dem alten David in
seinem ursprünglichen Versteck wohl der Platz knapp geworden war, so daß er den
Rest hier untergebracht hatte. Auf alle Fälle, sagt Weatherby, haben sie
seitdem den ganzen Bereich gründlich durchsucht und seien auf nichts anderes
mehr gestoßen. Er ist sich sicher, daß diese nun wirklich die letzten Rollen
sind.«
    »Teilt er uns auch mit, in
welchem Zustand sie sind und wann er sie abgeschickt hat?«
    »Nein, aber er schreibt, daß
er ungeduldig auf eine Nachricht von dir wartet.«
    »Ha! Das ist wie ein Schlag
ins Gesicht!« Ben machte auf dem Absatz kehrt, und in diesem Augenblick ergriff
David jäh Besitz von ihm. Wieder fiel jener gleichgültige, starre Blick wie ein
Vorhang über Bens Gesichts. Und er wandte sich ohne ein weiteres Wort von ihr
ab, glitt leise ins Schlafzimmer und ließ sich aufs Bett fallen. Da er nun für
eine Weile nicht ansprechbar sein würde, beschloß Judy, die Zeit sinnvoll zu
nutzen. Sie

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