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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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versprochen, dich nicht zu stören. Deshalb mache ich mich jetzt
einfach davon. Ben?«
    »Vielleicht komme ich heute
abend vorbei…«
    »Natürlich.« Sie küßte ihn
auf die Wange und ging.
    Ben verschwendete keine Zeit
damit, das Durcheinander auf seinem Schreibtisch zu beseitigen und alles für
die nächste Rolle vorzubereiten. Er fühlte sich so energiegeladen, daß er es in
seiner Wohnung nicht mehr aushielt und sofort zur Universität fuhr. Dort
erklärte er Professor Cox die Umstände seiner Krankheit, die zum zweimaligen
Ausfall des Unterrichts in Manuskriptdeutung geführt hatten. Er versicherte
ihm, daß es nicht noch einmal vorkommen würde.
    Schließlich ging Ben in sein
Büro, erledigte ein paar dringende Schreibarbeiten und eilte dann über den
Campus zu dem Platz, wo er sein Auto geparkt hatte. Vor dem Gebäude der
Studentenvereinigung stieß er mit Judy Golden zusammen. »Hallo, Dr. Messer«,
begrüßte sie ihn mit einem Lächeln. »Hallo.« Nur aus Höflichkeit blieb er
stehen, obwohl er eigentlich schnell nach Hause wollte. »Unterricht heute?«
    »Nein. Ich bin gekommen, um
in der Bibliothek ein paar Nachforschungen anzustellen.« Sie hielt ein Buch
hoch, damit er den Titel lesen konnte.
    »Koptische Auslegung«, las er, »klingt aufregend.«
    »Nicht wirklich. An kalten
Abenden ziehe ich es eigentlich vor, mich mit einem Krimi in mein Zimmer zu
verkriechen…« Sie zuckte die Achseln.
    »Na, hoffentlich hilft es
Ihnen bei dem, was Sie wissen wollen.« Er versuchte, unauffällig seinen Weg
fortzusetzen. »Ich habe heute morgen in Ihrer Manuskriptstunde vorbeigeschaut,
aber sie war ausgefallen.«
    »Ja…«
    »Ich dachte, Sie hätten
vielleicht diesen Kodex mitgebracht…« Judy zögerte erwartungsvoll. »Aber ich
vermute, es ist doch nicht so.«
    »Nein, das habe ich völlig
vergessen.« Die Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Ich versuche,
morgen daran zu denken. Ich habe in letzter Zeit viel um die Ohren…«
    »Oh, natürlich.« Sie schien
plötzlich verlegen zu sein. Sie preßte ihre Bücher noch fester an ihre Brust
und meinte mit einem kurzen Lachen: »Ich will ja nicht aufdringlich sein.« Das
bist du aber, verdammt noch mal, dachte er bei sich. »Es besteht für mich keine
dringende Notwendigkeit, ihn sofort zu sehen. Es ist einfach nur… na ja, für
mich ist es eben wahnsinnig aufregend… der bloße Gedanke, ein koptisches
Manuskript zu sehen, das noch nicht übersetzt worden ist… ich meine, das noch
nicht in irgendeinem Buch erschienen ist. Es kommt mir vor, als ob ich in ein
besonderes Geheimnis eingeweiht würde. Das muß sich für Sie total überdreht
anhören.«
    Er versuchte, ihr Lächeln zu
erwidern. Einen Augenblick lang fühlte er sich ein wenig an seine eigenen
College-Tage erinnert und daran, wie sehr ihn damals die Fragmente alter
Schriftrollen in Aufregung versetzt hatten. Seine Freunde – Biologie- und
Mathestudenten – hatten ihn als total vergeistigten Intellektuellen bezeichnet.
»Ich werde nie daran denken, es mitzubringen«, gestand er ihr schließlich, »wenn
ich mich schon nicht einmal daran erinnern kann, daß ich morgens Unterricht
habe.«
    »Was?«
    »Sollte nur ein Scherz
gewesen sein. Ich mache Ihnen einen Vorschlag.« Er zog einen kleinen
Spiralblock aus der Tasche, notierte seine Adresse und gab Judy den Zettel.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, irgendwann einmal bei mir vorbeizuschauen, um
ihn abzuholen? Dann würde ich Ihnen den Kodex und meine bisherige Übersetzung
mitgeben, und Sie könnten beides eine Woche lang behalten. Hätten Sie etwas
dagegen?«
    »Ob ich etwas dagegen hätte?«
    Ben konnte sich in ihre Lage
einfühlen. Hätte er etwas dagegen, noch eine Schriftrolle aus Magdala zu
bekommen? »Ich meine, in meiner Wohnung vorbeizuschauen. Wenn es Ihnen etwas
ausmacht, muß ich eben versuchen, mich daran zu erinnern, den Kodex mit an die
Uni zu bringen.«
    »Nein, das ist schon in
Ordnung. Wann wäre es Ihnen recht?«
    »Ich bin abends meistens zu
Hause.«
    »Also dann, vielen Dank.«
    »Keine Ursache. Auf
Wiedersehen.«
    Ben war froh, daß er sie
endlich losgeworden war und seinen Heimweg fortsetzen konnte. Judy Golden war
eine Schwärmerin, die er zur Zeit nur schwer ertragen konnte. Vielleicht lag es
daran, daß da zwei überschwengliche Menschen zusammenprallten, die voller
Energie waren. Um für so etwas empfänglich zu sein, mußte man neutral sein, und
das war er im Augenblick wirklich nicht.
    Der Briefkasten war

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