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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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passierte, wäre es später wohl niemals zu
meiner niederträchtigen Tat gekommen.
    Eine weitere
Wende in meinem Leben sollte eintreten, die mich meinem unvermeidlichen
Schicksal immer näher brachte. Und ich denke, mein Sohn, daß ich vielleicht
jetzt nicht in Erwartung meiner letzten Stunde hier in Magdala sitzen würde,
wenn diese eine Sache hätte abgewendet werden können.
    Doch dazu bestand keine
Möglichkeit, denn wir besitzen als einfache Menschen nicht die Fähigkeit, in
die Zukunft zu sehen. Und so konnte ich nicht ahnen, daß an einem bestimmten
Sommerabend, als ich auf meinem Anwesen unter den Olivenbäumen saß, mein
Schicksal auf immer besiegelt werden sollte. Denn an diesem Abend stellte Saul mir
Sara vor.
     
     
    Um Mitternacht wurden sie mit
der Rolle fertig, wobei Judy mitlas, während Ben seine Übersetzung
niederschrieb. Sie hatte einen Stuhl herangezogen und saß neben ihm, begierig
über das Heft gebeugt. Als er die letzte Zeile geschrieben hatte, ließ Ben den
Kugelschreiber sinken und faßte sich ans Handgelenk, da ihm plötzlich bewußt
wurde, daß er einen Schreibkrampf hatte.
    Nach einer Weile wandten Ben
und Judy sich einander zu und schauten sich an, während ihre Gesichter von dem
grellen Licht der Schreibtischlampe angestrahlt wurden. Zum ersten Mal hatten
die beiden einen Abend zusammen im alten Jerusalem verbracht, und durch diese
Erfahrung fühlte sich Ben ihr näher als je zuvor. »Ich hatte recht«, flüsterte
er schließlich. »David war ein gebildeter und wohlhabender Mann. Das wußte ich
von Anfang an. Er wird seinen Reichtum mehren, da bin ich mir ganz sicher. In
der nächsten Rolle wird er uns von immer größeren Gewinnen berichten…« Ben
lehnte sich bequem im Sessel zurück und versuchte, seine stechenden
Rückenschmerzen nicht zu beachten. »Haben Sie nicht etwas gesagt… ein Brief von
Weatherby? Etwas darüber, daß die nächste Rolle die letzte sei?«
    Judy antwortete nicht. Der
Augenblick war zu schön, zu zerbrechlich, um gerade jetzt mit schlechten Nachrichten
aufzuwarten. »Dann wird es also die letzte sein. David wird uns verraten, was
er Abscheuliches getan hat, und damit wird diese Geschichte hier beendet sein.
Dann wird er mich endlich in Frieden lassen.« Während Ben sprach, fühlte Judy,
wie sich ihr der Magen zusammenzog. Eine schreckliche Vorahnung beschlich sie
und vertrieb die Hochstimmung, in der sie sich bei ihrem Besuch im alten
Jerusalem befunden hatte. Sie spürte plötzlich, daß diese Sache nicht gut enden
würde.
    »Ich mache uns einen Kaffee«,
sagte sie schließlich. »Ich glaube, wir sollten auch etwas essen.«
    »Ich bin nicht hungrig«,
entgegnete Ben mit monotoner Stimme. »Sie werden immer magerer.«
    »Tatsächlich?« Sie standen
langsam auf, blieben dann aber einen Moment über dem letzten Foto stehen. Es
fiel ihnen schwer, sich von Jerusalem loszureißen, von den Juden, die einander
liebten, von dem Friedenskuß und von heiteren Sommerabenden. »Und Sie waren
sowieso schon ziemlich dünn«, fügte Judy hinzu. Dann nahm sie seine Hand.
»Kommen Sie mit.« Judy führte Ben ins Wohnzimmer und ging dann in die Küche.
Doch plötzlich, als sie vor der Spüle stand, konnte sie sich nicht mehr
bewegen. Im Geiste sah sie Davids hübsches Gesicht und die reizende Rebekka vor
sich. Es war fast so, als ob sie sie kannte. Sie malte sich aus, wie die
»Armen« sich in Miriams Haus versammelten, wie sie miteinander den essenischen
Wein und das Brot teilten und sich gegenseitig in der Hoffnung auf künftige
bessere tage bestärkten. Als sie bemerkte, daß Ben hinter ihr im Türrahmen stand,
drehte sich Judy zu ihm um. Sie blickten sich in die Augen. Dann meinte Ben
ruhig: »David war ein Christ, nicht wahr?«
    »Das nehme ich an.« Er wandte
sich jäh ab und ging ins Wohnzimmer zurück. »Was ist denn so Schlimmes daran?«
fragte Judy, die ihm nachgefolgt war. »Warum können Sie sich nicht einfach mit
der Möglichkeit abfinden, daß…«
    »Oh, daran liegt es nicht,
Judy. Es geht mir dabei um etwas anderes, über das ich mit Ihnen noch nicht
gesprochen habe.« Ben stockte nach diesen Worten. In der Wohnung war es dunkel
und kalt, aber keiner von beiden rührte sich, um die Heizung aufzudrehen oder
Licht anzumachen. »Was könnte es sonst sein?« fragte sie leise.
    »Es gab Hunderte von
sonderbaren Kulten zu jener Zeit«, erwiderte Ben.
    »Aber keinem von ihnen hätte
sich ein frommer Jude wie David angeschlossen. Was ist mit dem Führer, der von
den

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