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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Lippen, als
schickte er sich an, einen Festschmaus zu verzehren. Judy hob ein Stück Papier
vom Boden auf. »Es ist ein Brief von Weatherby. Wollen Sie ihn lesen?« Er
schüttelte heftig den Kopf. Mit seinem Kugelschreiber, der sich rasch über ein
sauberes Blatt Papier bewegte, hatte Ben bereits mit der Arbeit begonnen.
    »Er schreibt, es gebe danach
nur noch eine weitere Rolle.«
    »Gut, gut«, gab er ungeduldig
zurück, ohne aufzusehen. »Das bedeutet, daß der ganze Spuk morgen vorbei ist.«
    »Und er schreibt…« Judy hielt
mitten im Satz inne. Im nächsten Augenblick beschloß sie, Ben den restlichen
Inhalt des Briefes nicht mitzuteilen, zumindest jetzt noch nicht, weil er doch
gerade so wahnsinnig glücklich war und sich wieder dort befand, wo er sich so
verzweifelt hinsehnte.
     
     
    Simon war einer jener frommen
Asketen, die in einer religiösen Gemeinschaft am Salzmeer unweit von Jericho
leben. Er trug ein makelloses weißes Gewand und praktizierte die
bemerkenswerten Wunderheilungen, für welche die Essener bekannt sind. Ich war
sofort von ihm beeindruckt, denn obgleich seine Stimme sanft und seine Rede
maßvoll war, klangen seine Worte gewichtig, und alles, was er sagte, war von
großer Bedeutung.
    Als Miriam uns miteinander
bekanntmachte, küßte Simon mich auf die Wange und erklärte, daß es sich dabei
um ihren Gruß handelte, der bedeutete: Friede sei mit dir, Bruder. Daraufhin
wusch er mir die Füße und brach das Brot mit mir. In Jerusalem trifft man nicht
selten auf Angehörige der unterschiedlichsten religiösen Sekten, von den
extremen Nazaräern, die Samsons Beispiel folgen, bis zu den schwerttragenden
Zeloten, welche die Thora mit dem Blut von Israels Feinden nähren. Doch in den
vielen Jahren, die ich nun schon in Jerusalem lebte, war ich so mit Eleasar und
dem Studium des Gesetzes beschäftigt gewesen, daß ich nicht ein einziges Mal
Gelegenheit gefunden hatte, mich mit einem der edlen Essener zu unterhalten.
»Wir leben in Erwartung der Endzeit«, erklärte mir Simon, »die jederzeit über
uns hereinbrechen kann. Und während einige meiner Brüder im Kloster, in der
Wüste und in anderen abgeschiedenen Gemeinschaften bleiben, ziehen meine
Freunde und ich unter die Leute und verkünden die Wiederkunft.« Er fuhr fort,
mir die Philosophie seiner Sekte auseinanderzusetzen, die darin bestand, Gottes
Gesetz in seiner Reinheit zu bewahren und sich für die Wiederkehr des nächsten
Königs von Israel rituell rein zu halten. Nach Simons Ansicht und der seiner
vielen Freunde stand diese Wiederkehr kurz bevor.
    Seine Rede war klar und
vernünftig und bewies eine außergewöhnliche Kenntnis des Gesetzes und der
Propheten. »Seid Ihr ein Rabbi?« fragte ich ihn.
    »Ich bin nur einer der Armen,
der Söhne des Lichts, welche die Erde erben werden.«
    Die meisten Juden warten auf
die Zeit, da Gott seinen Stellvertreter auf die Erde herabsenden werde, um die
Vorherrschaft Israels über alle anderen Völker zu verwirklichen. Simon bildete
darin keine Ausnahme. In vielerlei Hinsicht erinnerte er mich an Eleasar, der
ein Pharisäer war und ebenfalls in Erwartung des Messias lebte. Und doch
unterschieden sich ihre Auffassungen in einem Punkt: Während Eleasar von einer
Zeit sprach, die noch kommen sollte, behauptete Simon, dem neuen König bereits
begegnet zu sein. »Wo ist er?« erkundigte ich mich. »Wie heißt er?«
    »Er ist fort und bereitet
sich vor. Sein Name ist nicht von Belang. Aber er ist von königlichem Geblüt,
der letzte aus der Linie der Hasmonäer und ein Nachfahre Davids. Ihr werdet ihn
kennenlernen, wenn er zurückkehrt.«
    Simon und ich saßen bis spät
in die Nacht zusammen, und ich verließ Miriams Haus in der Oberstadt mit
gemischten Gefühlen. Ich konnte Simons Prophezeiung kaum glauben, wonach unser
Königreich schon jetzt kommen sollte. Und doch hatte er so überzeugend
gesprochen, daß ich in den darauffolgenden Tagen an nichts anderes denken
konnte.
    Zu meiner Überraschung nahm
Eleasar Simons Überzeugungen mit größter Vorsicht auf. »Die Mönche sind gute
Menschen und halten das Gesetz rein«, sagte er. »Aber in ihrem Eifer, das
Königreich Israel wieder errichtet zu sehen, sind sie zu fanatischen Schwärmern
geworden. Sie sind voreilige Menschen, David, und irren sich in ihren
Voraussagen. Jedermann weiß, daß keiner vom Stamm der Hasmonäer übriggeblieben
ist, denn der letzte wurde vor Jahren durch die Römer hingerichtet.«
    »Kann es vielleicht einen
anderen geben, der

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