Der Fluch der Totenleserin totenleserin4
»Vielleicht … vielleicht hat er auch aus William einen Wurm herausgeholt. Glaubt Ihr, der König hat die gleiche Narbe wie Joanna?«
»Ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich nicht.«
»Euer Vater könnte Einfluss auf den König haben, er könnte für Joanna ein Wort einlegen.«
Adelia reagierte gereizt. »Warum muss jemand für sie ein Wort einlegen? William hat Glück, er bekommt eine liebe junge Braut statt einer toten.«
Aber Blanche glaubte ein Rettungsboot für den sicheren Schiffbruch entdeckt zu haben, der Joannas Ehe in ihren Augen zweifellos ereilen würde. Innerhalb von Minuten bekniete sie den Admiral, in Salerno anzulegen, um Doktor Gershom an Bord zu holen.
Obwohl er keine weiteren Verzögerungen wollte, willigte der Ire am Ende ein, hauptsächlich, weil er sich Adelias Freude darüber vorstellte, ihre Eltern so bald schon wiederzusehen.
Aber es sollte nicht sein. Als die »St. Patrick« die Punta Campanella umrundete, blies sie ein typischer Mittelmeersturm nach Westen, und als er sie aus seinen Fängen entließ, war das Schiff nördlich von Sizilien und lief direkt in den Hafen von Cefalù ein.
Und dort bat Prinzessin Joanna ihre Freundin Adelia, erst nach der Hochzeit ihre Rückreise nach England anzutreten. »Versprecht es mir, versprecht es mir!«
»Ich verspreche es.«
Im dunklen Frachtraum der »Nostre Dame« findet ein Austausch zwischen Scarry und dem Sekretär von Herzog Richard statt, der ihm einen Beutel Gold für ein grobes Kreuz gibt.
Aber der Herzog ist nicht erfreut, wie er es sein sollte, sondern lässt Scarry zu sich rufen. »Es heißt, er ist krank.«
»Nein, Mylord. Es ist nur so, dass ich das Fahren auf dem Meer nicht so gut vertrage. Sonst geht es mir bestens.« Und tatsächlich fühlt sich Scarry schon wieder besser, obwohl er, wenn er allein ist, hin und wieder noch seinen Kopf abschraubt, um ihn zu erleichtern.
»Es heißt, er führt Selbstgespräche.«
»Ich rede nicht mit mir, Mylord, ich bete zu meinem Gott.«
Denn Scarry betet wahrhaftig zum Satan. Und zu Wolf, den er ständig beruhigen muss: »Sie wird in Sizilien sein. Dorthin ist sie befohlen, und dort wird sie sterben.«
Manchmal glaubt Wolf ihm, manchmal nicht, und dann zieht ihr Streit Aufmerksamkeit auf sich.
»Es ist gut, mit dem Allmächtigen zu sprechen«, sagt der Herzog, »aber achte er auf sich, er ist völlig verdreckt! Ich habe keine Verwendung für verirrte Geister.«
Scarry, der Momente herrlicher Klarheit hat, begreift in diesem Augenblick, dass Richard den Dienst vergessen hat, den er, Scarry, ihm erwiesen hat. Scarry ist verzichtbar geworden, der Herzog glaubt, dass das Schwert durch ein Wunder zu ihm gelangt ist: als hätte Gott die Wolken zerteilt und es ihm in die Hände gelegt, damit er es für Sein allmächtiges Ziel einsetzt.
»Mit wem spricht dieser Bastard?«, will Wolf wissen, als der Herzog davongeht.
»Mit dem falschen Gott«, sagt Scarry.
Kapitel dreizehn
Adelia, Mansur, Ulf und Boggart mit ihrem Baby auf dem Arm standen in der Menge an der Straße zum Tor von Palermo, um Joanna in die Hauptstadt ihres neuen Königreichs einziehen zu sehen, wo sie ihr Bräutigam empfangen würde, umgeben von den Nobilitäten des Landes und dem Klerus in pfauenblauen Gewändern.
Die Prinzessin wurde von Richard begleitet, dessen Größe sie noch kleiner erscheinen ließ, als sie tatsächlich war. Ulf hielt nach Excalibur Ausschau, aber das Schwert in Richards juwelenbesetzter Scheide war keinesfalls das von König Artus.
Ausnahmsweise einmal richteten sich alle Augen auf die Prinzessin und nicht auf ihren Bruder. Die Hofdamen hatten sie in mit Perlen besetztes Gold gekleidet, ein Diadem umfasste ihr langes, helles Haar, und sie hielt den Kopf aufrecht auf dem kleinen Hals und lächelte.
Als Joanna an ihr vorbeikam, hätte Adelia weinen können. So tapfer und so winzig. Wie Ulf mit Tränen in den Augen sagte: »Diese Dreckskerle behandeln sie besser gut.«
Es sah ganz so aus, als würden sie es tun. Die Menschen standen zwölf Reihen tief die Straße entlang, riefen ihrer neuen Königin mit lauten Jubelrufen vermischte Segenswünsche zu und streuten Lorbeerblätter vor die vergoldeten Hufe ihrer anmutigen Schimmel.
Voran liefen die Trompeter, silberglänzend, mit Wappen auf Brust und Rücken. Hinter ihr ritten Petronilla und Beatrix, hübsch und ein einziges Lachen, dann Blanche, ebenfalls hübsch, aber erschöpft, der Bischof von Winchester und seine Geistlichen.
Dann kam
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