Der Fluch des Andvari (German Edition)
Ich wusste, dass ich mich auf Sie verlassen kann. Wenn Sie Unterstützung oder Material brauchen, wenden Sie sich vertrauensvoll an meine Mitarbeiter.“
„Sie können sich auf uns verlassen, Herr Steinhagen.“
Zufrieden ging er in den Stollen zurück. Ein Leibwächter blieb bei den beiden Ingenieuren. Er würde die Männer nicht mehr aus den Augen lassen. Verschwiegenheit war das Gebot der Stunde. Und sollten sie nicht kooperieren oder ihn hintergehen wollen, wäre ihr Leben verwirkt.
Im Verlagshaus versuchte Hannah, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Sie prüfte die eingesandten Exposés und Manuskripte. Kein einziges Mal dachte sie dabei an Röwer. Nur der Regen, der nicht aufzuhören schien, bereitete ihr Sorgen. Ihre Tochter würde in jedem Fall zum Reiterhof fahren. Dafür liebte Julia ihr Pferd viel zu sehr.
Hannahs Gedanken schweiften zu der Mordserie. Wann wollte sie ernsthaft mit ihren Recherchen beginnen? Ansatzpunkte gab es viele. Doch irgendwie fand sie nicht die nötige Zeit. Oder wollte sie sich gar nicht näher damit beschäftigten? Die Realität schien grausamer, als sie sich Hannah in ihren schlimmsten Träumen vorstellen konnte.
Gedankenverloren stand sie auf und ging zur Kaffeeküche hinüber. Wo am sinnvollsten anfangen? Von Röwer wusste sie, dass alles mit der Entdeckung von Professor Neumann begonnen hatte. 99 Jahre waren seitdem vergangen. Zu jener Zeit war die Gruft der Salierkönige errichtet worden. Ob der Professor dabei geheime Gänge unter dem Dom gefunden hatte? Was war weiter mit ihm geschehen? Wann und wo war er gestorben?
Sie schenkte sich einen Kaffee ein.
Sicherlich war Neumann nicht alleine gewesen. Er musste einen Assistenten gehabt haben. Vielleicht gab es Aufzeichnungen, die im Archiv der Universität lagerten, wo der Professor gelehrt hatte. Ob Brünhild darin erwähnt wurde? Hannah musste ihre Kontakte nutzen. Ob sie auch ihren Vater um Hilfe bitten sollte? Doch ihn durfte sie damit nicht behelligen, seine Verstrickung mit Steinhagen könnte zur Gefahr werden.
Vorsichtig nippte Hannah an der heißen Flüssigkeit.
Konnte das denn wirklich wahr sein, was Röwer erzählt hatte? Eine Tote war wiedererweckt worden. Zugegeben, Brünhild war göttlichen Ursprungs, doch derartige Sachverhalte verwies die Wissenschaft stets ins Reich der Fabeln. Es gab keine Untote, Hannah war noch keinem Wesen aus der Schattenwelt begegnet, weder Zauberern noch Hexen.
„Bist du immer noch sauer auf mich?“, riss eine Stimme sie aus den Gedanken.
Erschrocken fuhr Hannah herum. „Bea.“
„Oh, entschuldige, Hanni. Das nächste Fettnäpfchen.“ Trübsal zeichnete ihr Gesicht. „Es tut mir wirklich Leid wegen gestern Abend.“
„Nein, ich habe mich wie eine Idiotin benommen und mir etwas vorgemacht.“
Diese Worte entsprachen ihrer festen Überzeugung. Sie war noch nicht reif für eine neue Beziehung. Das war ihr in den vergangenen Stunden klar geworden.
„Oh, Hanni“, äußerte Beate mitfühlend und öffnete ihre Arme.
Hannah nahm die Geste an, drängte sich an ihre Freundin. Beide Frauen streichelten sich sanft. Ein Gefühl der Geborgenheit erfasste Hannah dabei, sie spürte Beates Wärme und Herzlichkeit. Der Missklang von gestern war vergeben.
So standen sie einige Sekunden, bis sich Hannah schließlich von ihr löste. „Es ist schön, dass es dich gibt, Bea“, flüsterte sie.
„Ja. Du weißt, ich bin immer für dich da.“
Hannah fuhr ihrer Freundin dankbar über den Oberarm. Ein liebliches Glitzern lag in Beates Augen. Sie war in der Tat eine verführerische Frau mit ihrem mädchenhaften Gesicht, dem leichten Schmollmund und den langen Haaren. Und erneut überkam Hannah diese eigenartige Erregung, das Gespür von Lust. Irgendetwas schlummerte tief in ihr, wagte sich aber nicht an die Oberfläche.
Beate streichelte ihr zärtlich über die Wange, strich ihr mit dem Daumen über die Lippen. „Vertraue deinen Gefühlen“, hauchte sie.
Hannah zuckte unwillkürlich zusammen. Solch eine liebevolle Berührung hatte sie lange nicht mehr erfahren. Es verwirrte sie zusehends. Verlegen sah sie ihre Freundin an und wollte etwas sagen, unterließ es aber. Beates Nähe hatte sie in einer eigentümlichen Weise berührt, und es war nicht das erste Mal gewesen. Sehnte sich Hannah nach Frauen?
Hastig griff sie nach ihrer Kaffeetasse und trank einen Schluck.
„Ich wollte dir heute eigentlich meinen Entwurf für das Buch zeigen“, fuhr Beate liebevoll fort.
„Den Entwurf
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