Der Fluch des Denver Kristoff
die plötzliche Kälte beinahe den Atem.
Brendan öffnete die Augen – und wünschte sich dringend seine selbst gebastelte Taucherbrille herbei. Das Salzwasser brannte wie Feuer in den Augen. Als sich der milchige Wirbel feiner Luftblasen um ihn herum aufgelöst hatte, sah er neben sich Eleanor, die heftig mit den Füßen tretend in Richtung Wasseroberfläche schwimmen wollte. Er erwischte sie gerade noch am Fußgelenk, schüttelte den Kopf und deutete auf die Unterseite der Villa Kristoff.
Ein Großteil der luftgefüllten Fässer, die dem Haus Auftrieb geben sollten, war immer noch an der Unterseite festgezurrt. In den wenigen Lücken, wo die Fässer zerbrochen waren, schaukelten ein paar Taue wie träge Seeschlangen in der Strömung. Aus undichten Nahtstellen der Holzfässer quollen kleine Luftblasen und stiegen an langen Ketten an die Wasseroberfläche. Eleanor nickte, sie hatte sofort verstanden. Mit ein paar kräftigen Zügen tauchten die beiden unter Wasser darauf zu.
Das Ganze lief so unglaublich schnell ab, dass Cordelia in Eleanors Zimmer plötzlich ganz allein Auge in Auge dem schielenden Piraten gegenüberstand, der drohend das Entermesser gezogen hatte und auf sie zukam. Doch mit seinen kurzen Beinen hatte er keine Chance, sie einzuholen. Mit drei Schritten war Cordelia am Fenster und stürzte sich mit einem eleganten Kopfsprung in die Fluten.
Als sie wieder hochkam, hielt sie verzweifelt Ausschau nach ihren Geschwistern. »Nell! Bren!« Doch die einzige Antwort kam von den Piraten der Muräne, die prompt das Feuer eröffneten. Im letzten Moment tauchte Cordelia ab und rechnete jede Sekunde damit, doch noch erwischt zu werden.
Glücklicherweise wurden die Kugeln durch die Trägheit des Wassers ausgebremst und verfehlten Cordelia um nur wenige Zentimeter. Am anderen Ende einer langen Kette flirrender Luftbläschen erkannte sie die verschwommenen Umrisse ihrer Geschwister. Für einen schrecklichen Moment hielt sie die beiden für tot. Dann erkannte sie blinzelnd, dass sie sich bewegten und ihre Gesichter über die Wirbel aus Luftblasen hielten, die aus den undichten Stellen der Fässer entwichen.
Cordelia schwamm zu ihnen und versuchte, einen aufsteigenden Luftstrom mit dem Mund aufzufangen. Ihre Lungen brannten bereits. Doch sie bekam einen ganzen Mundvoll Seewasser ab, hustete und würgte. Mit stummen Gesten zeigte Brendan ihr, wie sie ihre Lippen auf das Holz pressen und den Sauerstoff einsaugen konnte, ohne dabei Wasser zu schlucken. Beim ersten Einatmen war sie so erleichtert, dass sie die Luft beinahe verschluckt hätte. Sie gab ihren Geschwistern mit dem Daumen nach oben ein Zeichen, Alles klar!, dann zog sie fragend die Augenbrauen hoch: Was jetzt?
Brendan wies auf eine Bruchstelle unter dem Haus, blähte die Wangen auf, als wolle er tief einatmen, presste den Mund auf ein Fass und füllte seine Lungen mit Sauerstoff. Mit den Fingern zählte er ab – drei, zwei, eins – und schwamm los. Cordelia und Eleanor machten es ihm nach und folgten ihm.
Durch das Loch an der Unterseite des Hauses gelangten sie in einen Kellerraum mit nackten dunklen Wänden, den sie noch nicht kannten. Sie hielten auf einen Streifen Licht zu, der über ihnen durchs Wasser schimmerte. Sobald sie festen Boden unter sich spürten, tauchten sie auf und zogen sich aus dem Wasser. Die Welt der Geräusche hatte sie wieder. Im Halbdunkel erkannten sie, wo sie gelandet waren.
»Der Geheimgang!« Cordelia zeigte auf die Fackeln über ihnen an den Wänden.
»War das jetzt ein genialer Plan oder nicht?«, brüstete sich Brendan. »Ich finde, dafür habe ich mir eine Belohnung verdient!«
»Woher wusstest du, wie wir unter Wasser Luft kriegen können?«, fragte Eleanor.
»Das habe ich aus Sonic, diesem alten Computerspiel mit dem Igel Sonic. Da gibt es doch diese Szene, als … Hallo? Hört ihr mir überhaupt zu? Ach, vergesst es einfach!«
»Brendan! Sieh nur! Das Wasser steigt unaufhörlich!«, warnte Cordelia.
Tatsächlich stand der Gang mittlerweile fast einen halben Meter unter Wasser und durch das Loch im Unterbau des Hauses, durch das sie eben geschwommen waren, strömte immer mehr hinein. In der einen Wand entdeckte Brendan ein weiteres Einschussloch, ungefähr auf Höhe des Wasserspiegels.
»Die zweite Kanonenkugel!«, sagte Brendan. »Sie hat sich durch die Wand in der Küche gebohrt und ist hier reingeknallt. Das Haus wird noch viel schneller sinken, als wir dachten!«
Man konnte tatsächlich zusehen, wie der
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