Der Fluch des Khan
USA hatten zwar gute, wenn auch noch ausbaufähige Beziehungen zueinander, aber es würde Wochen, wenn nicht Monate dauern, bis sich die Regierung einschaltete. Und bislang hatten sie gegen Borjin bestenfalls Indizien in der Hand.
Da das Leben von Theresa und Wofford unter Umständen auf dem Spiel stand, arbeitete Pitt mit Giordino und Gunn einen Plan zum Infiltrieren des Anwesens aus, dann brachen sie nach Xanadu auf. Borjin rechnete jetzt bestimmt nicht mit Besuchern, das wusste er. Wenn sie sich still und heimlich anschlichen und jede Menge Glück hatten, konnten sie Theresa und Wofford vielleicht sogar befreien und sich mit dem Belastungsmaterial gegen Borjin wieder absetzen.
Der staubverkrustete Laster fuhr über einen Hügel, dann trat Giordino auf die Bremse, als sie sich einer Abzweigung näherten. Die ebenmäßige Piste hinter dem kleinen Tor war die Zufahrt zu Borjins Domizil.
»Der Pilgerweg nach Xanadu«, stellte Giordino fest.
»Hoffentlich haben wir keinen Gegenverkehr«, sagte Pitt.
Die Dämmerung nahte, und Pitt ging davon aus, dass zu so später Stunde niemand mehr das Anwesen verließ. Nach Ulan-Bator waren es immerhin vier Stunden Fahrt. Trotzdem könnte einer von Borjins berittenen Wächtern auch außerhalb der Mauern seine Runden drehen, doch das ließ sich dann eben nicht ändern.
Giordino bog ab und folgte der einsamen Seitenstraße, die in zahlreichen Kurven und Serpentinen in die Berge führte.
Nachdem sie einen steilen Pass überwunden hatten, bremste Giordino ab, als neben der Straße der Fluss auftauchte. Gischtend toste das Wildwasser zu Tal, da kurz zuvor ein ungewöhnlich heftiger Gewitterschauer über dem Berggipfel niedergegangen war. Giordino, der tagelang nur trockenen Staub erlebt hatte, stellte erstaunt fest, dass die Straße nach den jüngsten Regenfällen ziemlich matschig war.
»Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, sind es von der Stelle aus, wo man den Fluss sehen kann, noch rund zwei Meilen bis zum Grundstück«, sagte Giordino.
»Wir müssen vor allem auf das Aquädukt achten«, bemerkte Pitt.
Giordino fuhr langsam weiter, worauf alle drei Ausschau nach dem Aquädukt und eventuell umherstreifenden Patrouillen hielten. Pitt entdeckte schließlich das aus dem Fluss ragende Rohr, das die steinerne Wasserleitung speiste. Jetzt wusste er, dass sie nicht mehr als eine halbe Meile von dem Anwesen entfernt waren.
Giordino entdeckte eine Lichtung neben der Straße und stieß mit dem Laster in ein Kieferngehölz, dann stellte er den Motor ab. Der mit Staub und Lehm verkrustete Wagen war zwischen den Bäumen schwer zu erkennen, nur ein sehr aufmerksamer Beobachter hätte ihn von der Straße aus entdecken können.
Gunn schaute nervös auf seine Uhr und stellte fest, dass es kurz vor acht war.
»Was nun?«, fragte er.
Pitt brachte eine Thermosflasche zum Vorschein und schenkte eine Runde Kaffee aus.
»Abwarten, bis es dunkel wird«, erwiderte er und trank einen Schluck des dampfenden Gebräus. »Dann schwärmen die schwarzen Männer aus.«
46
E in steter, frischer Tropenwind wehte über den Prahm, als Dirk und Dahlgren ihre Tauchanzüge abstreiften, die Müdigkeit verdrängten und sich überlegten, wie sie an Land gelangen könnten.
»Der Kahn ist zu unhandlich zum Segeln, selbst wenn wir Mast und Tuch hätten«, sagte Dahlgren.
»Was wir nicht haben«, erwiderte Dirk. »Das Wichtigste zuerst. Mal sehen, ob wir die Abdrift etwas aufhalten können.«
»Ein Seeanker?«
»Ganz meine Meinung«, sagte Dirk und ging zu einem der Kompressoren.
»Ein ziemlich teurer Anker«, stellte Dahlgren fest, während er die Reste der Vertäuleinen einsammelte.
Sie verknoteten sie zu einer zehn Meter langen Leine, schlangen das eine Ende um den Heckdalben und banden das andere am Kompressor fest, dann wuchteten sie ihn über die Reling.
Der im Wasser hängende Kompressor musste als behelfsmäßiger Treibanker genügen und sollte vor allem die durch den Wind verursachte Abdrift dämpfen.
»Damit halten wir uns auch die Haie vom Leib, sobald einer da reinbeißt«, flachste Dahlgren.
»Das ist noch das geringste Problem«, erwiderte Dirk. Er suchte den Horizont ab, hielt Ausschau nach einem anderen Schiff, das er vielleicht auf sie aufmerksam machen konnte.
Aber die See vor der Südwestspitze der Hawaii-Inseln war weit und breit einsam und verlassen.
»Sieht so aus, ob wir allein klarkommen müssen.«
Die beiden Männer suchten den Prahm nach irgendetwas Brauchbarem ab. Das
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