Der Fluch des Khan
Knie und stöhnte vor Schmerz. Der andere Wächter trat sofort zu ihm, um ihm zu helfen, sah dann aber, dass er nicht schwer verletzt war, und richtete sich auf, um sich auf Giordino zu stürzen. Doch der hatte sich mittlerweile wieder hinter die Säule verzogen. Der Posten ging einen Schritt in seine Richtung, hielt dann jedoch inne, als er hinter sich Schritte hörte. Er drehte sich um und sah gerade noch den Griff von Pitts 45er, der ihn knapp unter dem Helm traf.
Als er zusammensackte, schob ihm Pitt die Hände unter die Achseln und fing ihn auf, bevor er zu Boden schlug. Giordino huschte hinter der Säule hervor und näherte sich, als Pitt den Bewusstlosen zu einem Gebüsch ziehen wollte. Pitt bemerkte plötzlich, wie Giordinos Augen auffunkelten, dann schrie er:
»Runter!«
Pitt duckte sich, als Giordino zwei Schritte vortrat und dann genau auf ihn zusprang. Giordino streckte die Arme aus, flog über Pitt hinweg und auf den ersten Posten zu, der jetzt hinter Pitt stand. Der Verletzte hatte sich von dem Schlag mit dem Franzosen erholt, rappelte sich gerade wieder auf und hatte ein kurzes Messer gezückt, das er Pitt gerade in den Rücken stoßen wollte.
Giordino riss mitten in der Luft den linken Arm herum, schlug das Messer zur Seite und landete mit voller Wucht auf dem Wächter. Gemeinsam gingen sie zu Boden, worauf Giordino seinem Gegner das Knie in die Brust rammte. Der Mann krümmte sich unter dem unerträglichen Druck auf seine gebrochenen Rippen und schnappte nach Luft. Dann traf ihn Giordinos rechte Faust an der Schläfe, erstickte seinen Schrei und schlug ihn bewusstlos, bevor er einen weiteren Laut hervorbrachte.
»Das war ziemlich knapp«, japste Giordino.
»Danke für den Einsatz«, sagte Pitt. Er stand auf und erkundete das Gelände. Auf dem Grundstück und im Haus war alles ruhig. Offenbar hatten die Wachen keinen Alarm ausgelöst.
»Schaffen wir die Typen aus der Sicht«, flüsterte Pitt und schleppte sein Opfer zwischen die Büsche. Giordino packte seinen Mann am Kragen und tat es ihm gleich.
»Hoffentlich ist nicht zu früh Schichtwechsel«, grummelte er.
Als Pitt seinen Wachmann im Gebüsch abgeladen hatte, wandte er sich mit funkelnden Augen an Giordino.
»Ich glaube, der kommt früher, als du denkst«, sagte er und zwinkerte ihm verschmitzt zu.
54
T heresa sah, wie die kleinen Flammen die zerfetzten Seiten erfassten und allmählich höher und heller aufloderten. Nun griff das Feuer auf die aufgeschlagenen Bücher über. Als klar war, dass es nicht mehr verlöschte, lief sie rasch zur Tür des Arbeitszimmers und schnappte sich unterwegs den Stapel Berichte, die Wofford zuvor schon hatte mitgehen lassen wollen. In ihnen befanden sich eine Reihe von Wachters präzisen seismischen Darstellungen sowie die Karten mit den Verwerfungslinien und den beunruhigenden roten Markierungen, darunter auch die vor Alaska. Nach einem letzten Blick auf das gelb lodernde Feuer, das im hinteren Teil des Raumes emporzüngelte, wandte sich Theresa um und stürmte den Korridor entlang.
Sie war nervös, rannte so schnell sie konnte, ohne zu laut aufzutreten oder Gefahr zu laufen, dass sie hinfiel. Trotzdem meinte sie jeden ihrer Schritte widerhallen zu hören und spürte, wie ihr jetzt, da sie ihre Flucht in die Tat umsetzen wollten, das Adrenalin ins Blut schoss. Der Plan war simpel. Sie versuchten sich im Flur neben dem Foyer zu verstecken, bis die Posten am Eingang auf das Feuer aufmerksam wurden, dann wollten sie sich im anschließenden Tohuwabohu hinausstehlen, ein Fahrzeug beschaffen und das Tor durchbrechen. Jetzt, da das Feuer gelegt war, wurde sie zuversichtlicher und glaubte sogar ein bisschen daran, dass ihr zugegebenermaßen etwas dürftiger Fluchtplan gelingen könnte.
Sie lief langsamer, als sie sich dem Foyer näherte und hielt nach Wofford Ausschau. Er stand neben einer hohen, kannelierten Säule, dem Versteck, in dem sie ihn zurückgelassen hatte. Er warf ihr einen erschrockenen Blick zu, als er sie sah. Theresa wiederum lächelte und bedeutete ihm mit einem kurzen Nicken, dass alles geklappt hatte. Wofford, der normalerweise stets zu einem Scherz aufgelegt war, stand wie versteinert da, mit verkniffener Miene.
Dann trat Tatiana aus seinem Schatten. Sie hatte eine kleine automatische Pistole auf seinen Rücken gerichtet. Mit giftigem Lächeln zischte sie Theresa an. »Ein herrlicher Abend für einen Spaziergang, nicht?«
Theresa keuchte erschrocken auf, dann lief es ihr eiskalt über
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