Der Fluch des Khan
und Gaskraftwerke im Bau. Doch der Bezug von ausreichend Erdgas- und Öllieferungen zum Betreiben der Kraftwerke ist seit jeher schwierig gewesen, und jetzt gilt das umso mehr. Unsere staatlichen Ölfirmen haben trotz der Proteste von Seiten der vietnamesischen Regierung Explorationen im Südchinesischen Meer durchgeführt. Darüber hinaus bauen wir unsere Beziehungen mit anderen Ländern zum Zweck einer besseren Versorgung weiter aus. Das Außenministerium hat, wenn ich das Komitee daran erinnern darf, unlängst Verhandlungen mit dem Iran über die Lieferung erheblicher Mengen Heizöl erfolgreich abgeschlossen. Und wir bemühen uns weiterhin um den Aufkauf westlicher Ölfirmen, die über reichlich Reserven verfügen.«
»Minister Shinzhe hat recht.« Der grauhaarige Außenminister, der bisher wortlos dagesessen hatte, hustete. »Diese Aktivitäten beziehen sich allerdings auf die langfristige Sicherung der Energieversorgung und werden die augenblicklichen Probleme nicht lösen.«
»Ich frage noch einmal, was unternommen wird, um die Verknappung zu überwinden?« Fei brüllte jetzt regelrecht, seine Stimme erklang eine Oktave höher.
»Neben dem Iran haben wir mit einer Reihe weiterer Länder im Nahen Osten über eine Erhöhung ihrer Ausfuhren gesprochen. Natürlich müssen wir, was den Preis angeht, mit den Ländern des Westens mithalten«, sagte Shinzhe leise. »Aber durch die Schäden im Hafen von Ningbo ist der Umfang der Öllieferungen, die wir auf dem Seeweg beziehen können, stark eingeschränkt.«
»Was ist mit den Russen?«
»Die liebäugeln mit den Japanern«, versetzte der Außenminister. »Unser Vorstoß zum Bau einer gemeinsamen Pipeline von den sibirischen Ölfeldern hierher wurde von den Russen zugunsten einer Leitung zum Pazifik abgelehnt, über die Japan versorgt wird. Kurzfristig können wir lediglich die Öltransporte, die per Eisenbahn aus Russland kommen, aufstocken, aber Lieferungen in großem Umfang lassen sich auf diese Weise natürlich nicht befördern.«
»Folglich gibt es gar keine richtige Lösung«, grummelte Fei, dessen Wut noch immer nicht verflogen war. »Unser Wirtschaftswachstum wird zum Erliegen kommen, unsere Vorteile gegenüber dem Westen werden dahin sein, und wir alle können uns auf unsere landwirtschaftlichen Genossenschaften in der Provinz zurückziehen und uns über die ständigen Stromausfälle freuen.«
Wieder kehrte tiefe Stille ein, so als wagten die Männer in der Runde angesichts der Wut des Generalsekretärs kaum zu atmen.
Nur das blecherne Rattern der Klimaanlage war zu hören, das die griesgrämige Stimmung im Raum wie ein grollender Hintergrundkommentar begleitete. Dann räusperte sich Shinzhes Assistentin, eine zierliche Frau namens Yee.
»Entschuldigen Sie, Herr Generalsekretär, Minister Shinzhe«, sagte sie und nickte den beiden Männern zu. »In unserem Ministerium ist heute ein merkwürdiges Anschreiben an die Staatsführung eingegangen, in dem man uns Unterstützung bei der Überwindung der Engpässe bei der Energieversorgung anbietet. Tut mir leid, dass ich noch nicht die Gelegenheit hatte, Sie davon in Kenntnis zu setzen, Herr Minister«, sagte sie zu Shinzhe. »Ich war mir über die Bedeutung nicht gleich im Klaren.«
»Was ist das für ein Anschreiben?«, fragte Fei.
»Es handelt sich um das Angebot eines Unternehmens aus der Mongolei und betrifft die Versorgung mit hochwertigem Rohöl …«
»Aus der Mongolei?«, unterbrach Fei. »In der Mongolei gibt es kein Öl.«
»Man bietet uns eine Million Barrel pro Tag an«, fuhr Yee fort. »Lieferungsbeginn innerhalb von neunzig Tagen.«
»Das ist doch Unsinn«, rief Shinzhe und funkelte Yee an, ungehalten, weil sie ihm nicht unter vier Augen von dem Schreiben berichtet hatte.
»Vielleicht«, erwiderte Fei, der mit einem Mal neugierig und wieder etwas freundlicher wirkte. »Es wäre doch eine Überprüfung wert. Was steht sonst noch in dem Schreiben?«
»Nur die Bedingungen, die man im Gegenzug stellt«, erwiderte Yee, die plötzlich nervös wirkte. Sie stockte zunächst, als hoffte sie, das Thema wäre damit beendet, fuhr dann aber verlegen fort, als sie sah, dass aller Augen auf sie gerichtet waren.
»Die Öllieferungen werden nach dem derzeitigen Marktpreis berechnet, der auf einen Zeitraum von drei Jahren festgeschrieben wird. Ferner sollen die ausschließlichen Nutzungsrechte für die nordöstliche Pipeline zum Hafen von Qinhuangdao garantiert und darüber hinaus die unter chinesischer
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